E-Autos im Alltag:Elektrische Erfahrungen

Toyota Prius Plug-in-Hybrid und BMW i3

Toyota Prius Plug-in-Hybrid und BMW i3: Beide mussten beweisen, dass der Alltag weitgehend elektrisch absolviert werden kann.

(Foto: Daniel Hofer)

Die Vorbehalte gegen Elektroautos sind groß. Der Alltagstest des BMW i3 und Toyota Prius Plug-in-Hybrid zeigt, dass es auch ohne Sprit geht. Allerdings müssen die Voraussetzungen stimmen, sonst überlagert Reichweitenangst den Fahrspaß.

Von Thomas Harloff

Autofahrer, die möglichst unabhängig von Erdölreserven und Spritpreis sein möchten, haben längst die Qual der Wahl. Ob Hybridautos mit Verbrennungs- und Elektromotor, Plug-in-Hybride, deren Batterie sich an der Steckdose aufladen lässt, oder reine Elektroautos: Der E-Motor im Auto ist auf dem Vormarsch. Bleibt die Frage, welches Konzept sich am besten mit den eigenen Mobilitätsansprüchen vereinbaren lässt. Und ob sich die theoretische Alltagstauglichkeit der fortschrittlichen Antriebe in der Realität bestätigt. Ladesäulen sind bekanntermaßen rar gesät und nicht jede Garage hat einen Stromanschluss.

In diesem Vergleich muss sich der BMW i3 gegen den Toyota Prius Plug-in-Hybrid behaupten. Der BMW ist ein konsequent als solches entwickeltes Elektroauto, das mindestens 34 950 Euro kostet. Der Toyota will das genaue Gegenteil sein, nämlich der perfekte Kompromiss, der die Vorteile der Elektromobilität bietet, aber die konzeptbedingten Nachteile mit einem Benzinmotor kaschiert. Kostenpunkt: mindestens 36 550 Euro. Eine Woche mussten die Vergleichskandidaten einen Alltagstest bestehen.

Rein elektrisch für 25 Kilometer

In einerTiefgarage im Münchner Osten wartet der brav an der Steckdose hängende Japaner. Die Batterie ist vollgeladen, was laut Toyota für eine rein elektrische Reichweite von 25 Kilometern reicht. Die jeweils 9,6 Kilometer lange Tour nach Hause und am nächsten Tag wieder zurück ins Büro sollte der Prius also ohne Verbrennungsmotor bewältigen können.

Toyota Prius Plug-in-Hybrid

Der Toyota Prius Plug-in-Hybrid fährt sich eher behäbig. Richtig eingesetzt, erreicht er aber hervorragende Verbrauchswerte

(Foto: Daniel Hofer)

Das muss er auch, denn daheim kann nicht geladen werden. Es existiert zwar eine Schnellladesäule direkt vor der Haustür, die aktuell sogar kostenlos genutzt werden kann, aber der Testwagen will per simplem Schuko-Stecker an einer Haushaltssteckdose Strom tanken. So muss der Prius also mit halb geladener Batterie die Nacht verbringen.

Gemütliche Landpartie

Der Akku hält weitgehend durch, nur selten - und wenn, dann nur für wenige Sekunden - schaltet sich der 1,8-Liter-Vierzylinder-Benziner dazu. Am Samstag wartet die größere Herausforderung. Das Wetter ist schön, eine 120 Kilometer lange Fahrt ins Grüne steht an. Die anfangs vollen Batterien sind leergesaugt, als es auf die Landstraße geht. Der E-Motor hat von jetzt an Sendepause, der Verbrenner muss es richten. Widerwillig und mit lautem Getöse versuchen die 99 PS, den 1450 Kilogramm schweren Prius nach vorne zu schieben.

Der Benzinmotor soll nicht nur für Vortrieb sorgen, sondern auch die Batterie laden. Letzteren Job scheint er ernster zu nehmen als Ersteren. Während es beim Tritt auf das Gaspedal nur zäh voran geht, lädt der Akku in Windeseile und ist voll, als der Prius wieder die Stadtgrenzen erreicht. Ein Tankstopp später zeigt sich, wie gut der Kompromiss des Plug-in-Hybriden funktioniert. Der Durchschnittsverbrauch während der gemütlichen, aber gewiss nicht langsamen Landpartie lag bei 2,5 Litern Super auf 100 Kilometer. Da kann selbst der sparsamste Diesel nicht mithalten.

Nachladen an der Haushaltssteckdose

BMW i3 (hinten) und Toyota Prius Plug-in-Hybrid beim Ladevorgang.

Beide Autos können an Schnellladesäulen mit Strom versorgt werden. Die Testwagen ließen sich jedoch nur an der Haushaltssteckdose laden.

(Foto: Daniel Hofer)

Nun muss der BMW i3 beweisen, dass er das tägliche Leben erleichtern kann. Der erste Eindruck stimmt, statt in einer eng geschnittenen Plastiklandschaft nehmen die Passagiere in einem luftigen Interieur Platz. Wie in einem Van beobachten die Insassen das Geschehen aus einer erhöhten Position, große Glasflächen schaffen ein entspanntes Raumgefühl. Fondpassagiere müssen sich allerdings - sofern sie dem Kindesalter entwachsen sind - mit wenig Beinfreiheit begnügen. Im Prius reist es sich in der zweiten Reihe deutlich angenehmer. Auch beim Kofferraumvolumen ist der Japaner im Vorteil. Kein Wunder, er ist fast einen halben Meter länger.

Eine Spazierfahrt wie mit dem Toyota wäre im BMW nur mit großem Zittern möglich. Der Hersteller verspricht im Alltagsverkehr eine Reichweite von 130 bis 160 Kilometern. Der Bordcomputer gibt beim Starten des Motors 99 Kilometer an. Die könnten geradeso reichen, denn der i3 muss laut Routenplan knapp 90 Kilometer ohne "Nachladen" absolvieren. Die bereits erwähnte Schnellladesäule vor der eigenen Haustür ist wieder keine Option. Der Münchner hat zwar ein entsprechendes Ladekabel an Bord, allerdings hat BMW diese Funktion beim Testwagen nicht freigeschaltet. Nichts geht ohne den bekannten Schuko-Stecker, und der funktioniert natürlich nur in der Tiefgarage des Arbeitgebers.

Erster Anflug von Reichweitenangst

Die Heimfahrt funktioniert problemlos, nach Abstellen des Elektroautos liegt die verbleibende Reichweite laut Bordcomputer sogar höher als erwartet. Als es am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe Richtung Flughafen gehen soll, lässt sich erstmals jenes Gefühl spüren, dass als "Reichweitenangst" bekannt ist. Über Nacht sind auf wundersame Weise acht Kilometer der Restreichweite verschwunden, aus 94 Kilometern sind 86 geworden.

Das Elektroauto BMW i3

Der BMW i3 sieht eigenartig aus, bietet aber Fahrspaß, der weit über den ökologischen Ansatz hinausgeht

(Foto: Daniel Hofer)

Das nächste Problem: Die 35 Kilometer zum Münchner Airport führen fast ausschließlich über die Autobahn. Doch der i3 weiß scheinbar von alleine, dass hohe Tempi Gift für den Ladestand der Batterie sind und hat deshalb andere Pläne. Schon an der ersten Abfahrt geht es runter von der A9. Sein Navigationssystem hält es für effizienter, große Teile der Strecke auf städtischen Ausfall- sowie Landstraßen zurückzulegen. In diesem Fall ist das dank leerer Straßen kein Problem, der Zeitverlust hält sich zwischen fünf und sechs Uhr morgens in Grenzen.

Wo sind die Steckdosen?

Die verbliebene Reichweite liegt bei der Ankunft am Parkhaus bei 68 Kilometern. Nach Recherchen im Internet müsste sie keine Sorgen bereiten, schließlich soll es hier Steckdosen geben, an denen sich der i3 laden lässt. Diese sind aber trotz mehrerer Schleifen durch die Garage nirgends zu finden, und langsam drängt die Zeit. Eine Stunde vor Abflug parkt der BMW, ohne Strom zu tanken.

Als die Dienstreise am Abend beendet ist, folgt das gleiche Spiel wie am Morgen. Restreichweite 62 Kilometer, obwohl das Auto keinen Zentimeter bewegt worden ist. Um das Optimum aus der Batterie herauszukitzeln, ohne im Lkw-Tempo über die Autobahn schleichen zu müssen, ist der i3 fortan im "Eco Pro"-Modus unterwegs. Dieser ist zwischen den beiden anderen Fahrprogrammen "Comfort" und "Eco Pro+" angesiedelt und dürfte für diese Tour den optimalen Kompromiss darstellen. Direkt nach Tastendruck erhöht sich die Reichweite auf 82 km.

Die Vorteile der Rush Hour

Dass davon am Ende der Fahrt noch 54 Kilometer übrig sind, ist einer Eigenart des BMW i3 zu verdanken: Bei 100 km/h gibt es eine Schwelle, die nur übertreten wird, wenn der Fahrer bewusst noch einmal Vollgas gibt. Tut er dies nicht, wirkt dies wie ein Tempomat. Der Stromer rollt lässig der heimischen Wohnung entgegen und freut sich gemeinsam mit dem Piloten über den dichten Stadtverkehr. Denn hier lädt er durch Rekuperation beim Bremsen die Batterien und sorgt so dafür, dass die Fahrt zur Arbeit am nächsten Morgen entspannt ablaufen kann.

Fazit

Welches Auto die Nase vorn hat, hängt von den persönlichen Mobilitätsbedürfnissen ab. Zum i3 greifen diejenigen, die mittellange Strecken pendeln müssen und für mehr als 120 Kilometer lange Touren auf ein anderes Fortbewegungsmittel zurückgreifen können. Mit seinem agilen Wesen bietet er zudem Fahrspaß, der weit über den ökologischen Ansatz hinausgeht. Anders der behäbige Prius Plug-in-Hybrid, der jedoch ein extrem breites Einsatzspektrum abdeckt. Er eignet sich perfekt für Menschen, die vorwiegend kurze Strecken zurücklegen, aber auch spontan auf Tour gehen möchten. Aber letztlich beweisen beide: Obwohl es einen großen Nachholbedarf bei der Infrastruktur gibt, lässt sich der automobile Alltag schon heute zu weiten Teilen elektrisch bewältigen.

Schade nur, dass Elektroautos für den Massenmarkt bisher noch nicht reif sind. Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage halten deutsche Autokäufer die Stromer für zu teuer und würden sich einen staatlichen Zuschuss wünschen. Das Ergebnis einer anderen Studie kommt zu dem gleichen Ergebnis und besagt zudem, dass deren Reichweite bei mindestens 350 Kilometern liegen müsse. Auch im Falle dieser Testkandidaten müssen sich Elektroautofahrer ihr reines Umweltgewissen teuer erkaufen, wie ein markeninterner Kostenvergleich mit sparsamen Dieselmodellen zeigt: Ein BMW 120d ist 5550 Euro günstiger als der i3, der Toyota Auris mit 124 PS starkem Dieselmotor kostet gar 13 000 Euro weniger als der Prius.

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