Düsseldorf: Schiffsmesse boot 2010:Den Kurs geändert

Lesezeit: 5 min

Mit kleineren und vor allem bezahlbaren Yachten suchen die Werften jüngere Kunden: die Premieren der boot 2010.

Klaus Bartels

"Es ist unser Ziel, trotz der sehr schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die für die boot typische Markenvielfalt zu erhalten" - was bei Werner Matthias Dornscheidt, dem Chef der Düsseldorfer Messe, kurz vor der Eröffnung der boot 2010 am vergangenen Sonnabend zunächst wie Pfeifen im dunklen Wald klang, ist geschafft. Denn schon ein erster Rundgang zeigt, dass es gelungen ist, die boot als eine der weltweit wichtigsten Messen für die Bootsbranche zu erhalten: 1568 Aussteller aus 55 Ländern zeigen bis zum kommenden Wochenende in 17 Hallen 1700 Boote und Yachten sowie die ganze Bandbreite des Wassersports.

Schnelles Vergnügen: Die Performance 1407 Cracking Ice bringt es mit 1896 PS auf 63 Knoten. (Foto: Foto: oh)

Wie groß die durch die Krise verursachten Verluste für die Wassersportwirtschaft waren, zeigen Zahlen des Bundesverbands Wassersportwirtschaft. Laut Geschäftsführer Jürgen Tracht sind die Umsätze der Yacht- und Bootsbauer von acht auf drei Milliarden Euro eingebrochen. Nun hofft man darauf, dass die Talsohle durchschritten ist und ist sich einig mit dem Deutschen Boots- und Schiffbauerverband, der von wieder steigenden Auftragseingängen berichtet.

Dass die Wirtschaftskrise das Angebot verändert hat, zeigt sich beim Bummel durch die Hallen. Natürlich gibt es noch immer Superyachten wie die mehr als zehn Millionen Euro teure Motoryacht Elegance 122 RPH oder die knapp 19 Meter lange Segelyacht Solaris One 60 für rund zwei Millionen Euro. Entscheidend aber ist: Die Zahl der kleineren, bezahlbaren Boote ist gewachsen. Der Einstieg in den Wassersport soll leichter gemacht werden - für die Werften eine wesentliche Aufgabe für die Zukunft. Denn das Durchschnittsalter des deutschen Yachteigners liegt bei 57 Jahren; was allgemein fehlt, ist die jüngere Kundschaft.

Die sucht beispielsweise Dehler mit der neuen Varianta 18, einem 5,75 Meter langen Kielboot, das mit 24 Quadratmeter Segelfläche viel Spaß verspricht; das 710 Kilo schwere Kajütboot mit drei Kojen ist zudem einfach zu trailern. Die Varianta kostet wenigstens 10.000 Euro. Auffällig bei den neuen Kleinen ist auch die Deltania 20.5 aus Polen: Das 6,25 Meter lange Kajütsegelboot mit 20 Quadratmeter Segel kostet selbst in der Regattaversion nur knapp 13.000 Euro.

Düsseldorf: Schiffsmesse boot 2010
:Den Kurs geändert

Mit kleineren und vor allem bezahlbaren Yachten suchen die Werften jüngere Kunden: die Premieren der boot 2010 in Düsseldorf.

Beim Gang durch die Segelyachthallen 16 und 17 fällt auch auf, dass vor allem kleinere Werften ihr Heil in der Nische suchen. Dazu gehört Corsair Marine mit dem schnellen Trimaran Corsair Dash 750 - das gut 800 Kilo schwere Boot mit Schlafplätzen und Pantry im Hauptrumpf holt den Speed aus 40 Quadratmeter Segelfläche am Wind; auf Vorwindkursen kann noch ein 58 Quadratmeter großer Gennaker gesetzt werden.

Superyachten
:Das Leben der anderen

Barhocker mit Walpenisleder, Hubschrauberlandeplätze, Kinosäle, chinesische Tempel-Türen und private U-Boote: aus der Welt der Superyachten.

Aber auch über dieses Schiff hinaus zeigt sich in Düsseldorf, dass der Trend zum sportlichen Segeln anhält. Zum Beispiel durch die Weltpremiere namens Dayracer 29 - eine 8,84 Meter lange Yacht der schleswig-holsteinischen db-Yachtbau, die mit einer Verdrängung von nur 2,7 Tonnen und einer Segelfläche von 47,5 Quadratmeter ihrem Namen wohl Ehre machen wird. Unter Deck bietet die kleine Rennyacht sogar einen Salon und Übernachtungsmöglichkeiten. In die Kategorie der Schnellsegler passt auch die neue 10,36 Meter lange Enigma Racer mit einer Verdrängung von 2,3 Tonnen und rund 60 Quadratmeter Segelfläche. Eine Nummer größer und für schnelle Reisen sowie für Hochseeregatten ausgelegt, ist die 11,50 Meter lange Pacer 376 aus Südafrika, die kompromisslos in die internationale Regattaausgleichsformel IRC konstruiert wurde.

Auf ihre Kosten kommen auf der boot allerdings auch alle Fahrtensegler, die es gemütlicher angehen lassen wollen. Zum Beispiel mit der neuen Sirius 35 DS, einer 10,50 Meter langen Decksalonyacht mit einer Verdrängung von 7,4 Tonnen und 51 Quadratmeter Segelfläche. Eine Alternative dazu kann die neue, elf Meter lange Nordship 360 DS aus Dänemark sein, deren Decksalon ebenfalls gemütlichen Rundumblick verspricht. Der Vergleich lohnt sich.

Was bereits am ersten Wochenende gerne und vom Publikum in lebhafter Diskussion genutzt wurde, ist die Möglichkeit des direkten Vergleichs ähnlicher Yachten - in Zeiten des Internets zweifelsfrei eine der Stärken der Düsseldorfer boot. Und so wurde auch zwischen den beiden auffälligsten Weltpremieren des deutschen Bootsbaus, der Bavaria Cruiser 45 und der Dehler 45, hin und her gependelt. Bavaria bietet seine 13,60 Meter lange Cruiser 45 mit 107 Quadratmeter Segelfläche für 173.145 Euro an; gezeichnet wurde die schnelle Fahrtenyacht von Farr Design. Die neue Dehler 45 mit einer Länge von 13,70 Meter und einer Segelfläche von 102 Quadratmeter wird als schneller und hochwertiger Performance Cruiser angepriesen und ist von 238.000 Euro an zu haben.

Wie Bavaria und Dehler präsentieren fast alle europäischen Serienwerften einen großen Teil ihres aktuellen Yachtangebots auf der boot. Viele Werften stellen wie Jeanneau, Bénéteau und Alliaura mit der nagelneuen Jeanneau 57, der Bénéteau Oceanis 50 und der Feeling 44 Premieren auf die Bootsmesse, die alle Weiterentwicklungen vorheriger Yachten sind, ohne dass sich die Verbesserungen übermäßig im Preis bemerkbar machen. Die Bootswirtschaft in der Krise hat also positive Auswirkungen für potentielle Käufer. Es war noch nie so günstig, eine neue Segelyacht zu kaufen.

Interboot 2009
:Warten auf Rückenwind

Zu den Trends der Interboot in Friedrichshafen gehören die Zehn-Meter-Yachten. Allerdings regiert bei den Werften eher das Prinzip Hoffnung.

Dass selbst 20 Meter lange Motoryachten vergleichsweise winzig wirken können, verblüfft die staunenden Messegäste in der Halle 6 - hier sind die Superyachten zu Hause. Platzhirsch und größtes Schiff der Ausstellung ist die 37,19 Meter lange und knapp acht Meter breite Elegance 122 RPH von Drettmann. Und ob es die 20,60 Meter lange Exploreryacht Bandido 66, die 20,73 Meter lange Elegance 68 oder die gut 19 Meter lange Sanlorenzo 62 ist - neben der imposanten Flybridgeyacht mit fünf Luxuskabinen für Eigner und Gäste führen die anderen Großen der boot eher ein Schattendasein. Deshalb verwundert es beim weiteren Rundgang durch die insgesamt vier Motorboothallen nicht, dass die meisten der gezeigten Boote höchstens als Tender für die Elegance 122 taugen würden.

Wie bei den Segelbooten gilt auch im Motorbootsegment, dass die Zahl der kleineren Boote steigt. Exemplarisch für diese neue Generation der Motorboote, die mit Außenbordmotoren zügig in Gleitfahrten kommen, ist die 6,47 Meter lange Jeanneau Cap Camarat mit zwei Schlafplätzen vor dem Steuerstand im Bug; die Cap Camarat kostet rund 17.000 Euro. Mit 8,54 Meter ist die neue Bénéteau Monte Carlo 27 open mehrere Nummern größer und mit 83.200 Euro auch deutlich teurer. Trotzdem: Auch dieses Motorboot als typischer Vertreter der Acht-Meter-Klasse mit Einbaumaschine, vier Schlafplätzen und Salon zieht das Publikum an. Zurück zu kleineren Ausmaßen kehrt interessanterweise auch die für sehr viel größere Stahlverdränger bekannte niederländische Edelwerft Linssen: Sie feiert mit der 8,20 Meter langen Grand Sturdy 25.9 Sedan eine Weltpremiere. Der vollschlank wirkende Rumpf bietet trotz seiner Kürze reichlich Raum unter Deck für eine Vorschiffskabine mit Doppelbett, abgetrennte Bereiche für den Dusch- und den Toilettenraum und einen Salon mit Pantry.

Wer sich die Mühe macht, die langen Bootsreihen in den Motorboothallen abzuwandern, dem fallen die vielen Retroklassiker auf, mit denen Werften die Kundschaft begeistern wollen. Beispiele dafür sind der 8,50 Meter lange Admirals Classic Tender aus Holland mit tiefen V-Spant und einem 80-kW-Dieselmotor ebenso wie die 7,17 Meter lange Frauscher 717 GT, ein Gentleman-Runner im Stil der vierziger Jahre; die Motorleistung für dieses Boot liegt je nach Wunsch des Käufers zwischen 184 und 309 kW. Und dass auch deutsche Bootsbauer wirklich Schönes aufs Wasser legen können, zeigt die neue 6,25 Meter lange Scalar-Speedster der Werft Henningsen & Steckmest mit Mittelcockpit für den Steuermann und Gästecockpit im Heck.

Nur auf schnelle Gleitfahrten ist die futuristisch anmutende Dymax Power 5.45 ausgelegt. Das 430 Kilogramm schwere Fünf-Meter-Boot wird von einem Jetantrieb auf Tempo gebracht. Die Werft Felleryachting aus Witten stellt dieses Boot auch als Dymax Voltage mit einem elektrisch betriebenen Jetantrieb vor; versprochen werden mit diesem CO2-neutralen Motor Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h.

boot 2010: Messegelände Düsseldorf; bis 31. Januar täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet; Erwachsene: 15 Euro: wochentags ab 15 Uhr 9 Euro; Schüler, Studenten, Auszubildende, Rentner, Schwerbehinderte 10 Euro; Kinder bis 6 Jahre frei; www.boot.de

© SZ vom 25.1.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: