Süddeutsche Zeitung

Dortmund hat höchste Autodichte Deutschlands:Gegen den Trend

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Carsharing statt Garagenwagen und Busfahren statt Parkplatzsuche: Der Trend in urbanen Zentren geht weg vom eigenen Auto. Nicht in Dortmund. Von allen deutschen Großstädten sind dort laut einer aktuellen Studie die meisten Autos pro Kopf zugelassen. Ein Erklärungsversuch.

Björn Finke

In der vergangenen Bundesligasaison holte ein Fußballverein aus der Gegend immerhin die Meisterschaft und den Pokal. Wenn es nicht gerade um Borussia Dortmund geht, kommen aus dem Ruhrgebiet allerdings oft eher schlechte Nachrichten. Die Kommunen haben wenig Geld, dafür haben die Straßen viele Schlaglöcher. Umso erfreuter dürften die Menschen aus dem Ruhrgebiet nun sein, dass es die größte Stadt der Region, Dortmund, in dieser Woche auch mal jenseits des Fußballplatzes an die Spitze geschafft hat: Der Autoforscher Ferdinand Dudenhöffer hat eine Studie veröffentlicht, derzufolge Dortmund die Großstadt mit der höchsten Autodichte in Deutschland ist. Auf 1000 Bürger kommen 410 Fahrzeuge - das ist hierzulande Rekord. Die Nachbarstadt Essen folgt mit 403 Autos pro 1000 Einwohnern.

Das Ergebnis überrascht, schließlich ist ein Auto teuer. Im vergleichsweise armen Ruhrgebiet werden sich mehr Menschen einen Wagen nicht leisten können als in reichen Metropolen wie München. Trotzdem erreicht die Stadt an der Isar nur eine Dichte von 350 Fahrzeugen. Und dann stellt sich noch die Frage, wozu die Bürger im Ruhrgebiet ein Auto überhaupt brauchen. Die Gegend ist dicht besiedelt, die Entfernung zwischen den Städten nicht groß, das Netz an Straßenbahnen und Bussen engmaschig. Und die ewigen Staus auf dem angeblichen Ruhrschnellweg, der A40, und die Schlaglöcher in den Städten machen das Kutschieren ohnehin nicht gerade zum Vergnügen.

Wozu also brauchen die Dortmunder und Essener die ganzen Autos? Für Spritztouren am Wochenende ins touristisch oft unterschätzte Münsterland? Die Studie von Fachmann Dudenhöffer legt eine andere Erklärung nahe: Demzufolge ist der Verzicht aufs eigene Auto ein gesellschaftlicher Trend, der von hippen Großstädtern in Berlin, Hamburg oder München gesetzt wird. Die Bürger dort nutzen lieber Bus und Bahn, fahren Fahrrad und machen Car-Sharing; der Benz in der Garage hat als Statussymbol ausgedient. Bewohner kleinerer Städte und die Landbevölkerung hinken hier hinterher. Folgt man dieser Logik, müssten Dortmund und Essen bloß zu hipperen und angesagteren Städten werden, dann würde die Autodichte von alleine sinken. Also alles ganz einfach. Wie in der vergangenen Saison bei Borussia Dortmund.

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Quelle:
SZ vom 26.07.2012
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