Dodge Nitro:Rock around the Block

Lesezeit: 3 min

Sie wollen auffallen? Bitte sehr: Der Dodge Nitro ist vieles, nur eines sicher nicht - zu übersehen.

Günther Fischer

Saft und Kraft Zäh wie Kaugummi. So fühlt es sich an. Wie heißer, klebender, schmatzender Asphalt im Sommer, der die Reifen nicht rollen lassen will. Das Ding kommt einfach nicht in die Gänge - wo verpuffen bloß die angegebenen 170 PS? Oder sollte das für den etwas mehr als 1,8 Tonnen schweren Wagen doch zu wenig sein? Weit gefehlt: Die Öle in ihren diversen Behältnissen sind noch nicht auf Betriebstemperatur - was diese gewisse Schwerfälligkeit zur Folge hat. Irgendwie nicht ganz zeitgemäß. Immerhin weist netterweise das Bedienhandbuch darauf hin - nur hatten wir da schon eine gehörige Portion Irritation hinter uns. Vielleicht auch deswegen, weil der Name "Nitro" doch eine etwas explosivere Kraftentfaltung erwarten ließ.

Man könnte diesen Anblick mit Fug und Recht als "Geh-mir-aus-dem-Weg-Design" bezeichnen. (Foto: Foto: Dodge)

Dabei war die Vorfreude groß: erhabene Sitzposition, der Blick schweift über eine zur Hochebene modellierte Motorhaube oder fällt aufs Straßenbild, auf das wir überlegen hinunterschauen. Was unter der Haube rumort, ist allerdings deutlich zu vernehmen - der Diesel vom italienischen Zulieferer VM rumort so grob wie annodazumal. Dass er mit Common-Rail-Technik arbeitet, ist kaum zu glauben. Und dass es im Alltag nicht gelingt, den Verbrauch unter 14 Liter zu drücken, ist ebenfalls nicht mehr zeitgemäß.

Stuss & Genuss Den Nitro beschwingt um die Kurven zu wuchten, ist nicht ganz einfach: Die Lenkung ist dafür ein wenig zu ungenau, das Auto zu schwer, das Fahrwerk unterdämpft. Vielleicht hätten wir das auch nicht tun sollen - gelassenes Cruisen passt angesichts des gemütlichen Temperaments (in 11,5 Sekunden ist er auf Tempo 100 - aber eben nur im warmen Zustand) ohnehin wesentlich besser zum Charakter des Nitro. Immerhin: ESP ist serienmäßig an Bord.

Wir kennen sie eigentlich schon: die wüsten Plastiklandschaften vieler amerikanischer Auto-Innenräume. Mal mehr, mal weniger inspiriert gestaltet. Der Nitro glänzt mit dick eingeprägtem Logo in den Seitenverkleidungen der Türen und mit groben Nähten. Das ist Geschmackssache, passt aber auch zum dominanten Außenauftritt des Nitro.

Ansonsten ist die Bedienung klar strukturiert, es gibt keinerlei Rätsel. Auch positiv: Wer jemals mit Keks-bröselndem Nachwuchs unterwegs war, wird sich über die herrlich abwaschbaren Oberflächen und Gummiboden-Matten freuen. Nur eines stört wirklich: Wer das Einlagefach der Mittelkonsole herausnehmen möchte, läuft stets Gefahr, sich in die Finger zu schneiden. Sooo viel Scharfkantigkeit - bei allem Bemühen um Charakter - muss dann doch nicht sein.

Dodge Nitro
:Auffall-Mittel

Noch ist er selten zu sehen, noch fällt man mit ihm auf: Der Dodge Nitro bringt Köpfe zum Drehen.

Family & Friends Groß und mächtig - so steht der Nitro zumindest da. Mit 4,58 Metern Länge viel Platz versprechend. Wenn nur nicht schon beim Einsteigen das Gefühl da wäre, sich ducken zu müssen. Zwischen hoch gebaut und hoch aufbauend gibt es eben doch einen Unterschied. Weswegen die Seitenfenster dieses mächtigen USA-SUVs auch eher Sehschlitzen gleichen - im Verhältnis zum Rest sozusagen. Wer mehr als 1,80 Meter misst, stößt mit seiner Haarpracht jedenfalls öfter mal an die Decke.

Auch in der zweiten Reihe herrschen keine üppigen Platzverhältnisse. Immerhin lässt sich die Rückbank mit einem Griff umlegen - was den mit 389 Liter nicht gerade üppigen Laderaum dann auf 1994 Liter vergrößert. Ab der SXT-Ausstattung ist zudem ein ausziehbarer Ladeboden mit dabei, der sich "Load 'n GO" nennt und mithilft, die sehr hohe Ladekante zu überwinden.

Wunsch & Wirklichkeit Kantige Karosserie, kurze Überhänge, Starrachse hinten, ausreichend Bodenfreiheit: Das klingt eigentlich nach Geländewagen. Aber einen Allradantrieb gibt es nur optional (1500 Euro Aufpreis) - und dann auch nur einen altmodischen: zuschaltbar, mit starrer Verbindung zwischen den Achsen. Das heißt: nur in wenigen Situationen einsetzbar. Eine Untersetzungsgetriebe fehlt ganz. Ein vollwertiger, variabler 4WD wäre die ehrlichere Lösung gewesen: Das würde nämlich wesentlich besser zum cruisigen Charakter des Autos passen.

Gut ... ... dass er sich nicht so langweilig ins Straßenbild fügt wie andere SUVs. Aber ... Die bollernde Rustikalität ist doch ein bisschen überbetont. Also ... Der Nitro zeigt Charakter, gibt sich als Kerl aus echtem Schrot und Korn. Fast ein wenig wie der Marlboro-Mann früher. Und damit auch ein bisschen aus der Zeit gefallen.

Dodge Nitro 2.8 CRD: 130 kW (170 PS); max. Drehmoment: 460 Nm bei 2000 U/min; 0-100 km/h: 10,5 s; Vmax: 182 km/h; CO2: 250 g/km; Testverbrauch: 14,9 l; Grundpreis: 27.390 Euro (2.8 CRD SE)

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