Dobrindt und die Pkw-Maut:Der Verkehrsminister hat sich verfahren

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Wie komm ich nur wieder aus der Sache raus? Verkehrsminister Alexander Dobrindt auf der Automesse in Leipzig.

(Foto: Jens Schlueter/Getty Images)

Finstere Woche für Alexander Dobrindt: Teile der CDU revoltieren, Parteichef Seehofer fällt ihm in den Rücken und die Länder sagen nein. Der Verkehrsminister steht mit seinen Plänen zur Pkw-Maut inzwischen ziemlich alleine da.

Von Michael Bauchmüller und Susanne Höll, Berlin/Frankfurt

Wenn es überhaupt je eine Hoffnung gab, dass ein Wandertrip mit dem Brüsseler Verkehrskommissar die Dobrindtsche Maut würde retten können, dann ist auch die jetzt hin. Diesen Freitag und Samstag hatte sich Alexander Dobrindt (CSU) mit Siim Kallas im Schloss Elmau einquartiert, vor Alpenpanorama wollte der Bundesverkehrsminister dem widerspenstigen Kommissar seine Mautpläne erläutern. Doch pünktlich zur Anreise durfte Kallas wenig Schmeichelhaftes lesen.

"Fingerzeige" dürfe die EU-Kommission geben, alles andere aber entscheide der Bund. Horst Seehofer hat das gesagt, Dobrindts Parteichef. Bei dem darf dieser sich also jetzt auch bedanken - am Ende einer Woche voller Rückschläge.

Sorgen um Tourismus, Einzelhandel und Handwerk

Zu Beginn der Woche melden sich die CDU-Chefs aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, Armin Laschet und Thomas Strobl, sie lehnen eine Maut in grenznahen Gebieten ab - aus Sorge um Tourismus, Einzelhandel und Handwerk an den Grenzen. Es ist ein Problem, das Dobrindt bis dahin immer abgetan hat. Noch am Montag lässt er auf eine Anfrage der Grünen erklären, er plane keine Ausnahmen für grenznahe Regionen - "da keine negativen Effekte erwartet werden".

Am Dienstag fordert der CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer ein Machtwort der Kanzlerin, doch stattdessen lehnen schon einen Tag später die nordrhein-westfälischen CDU-Abgeordneten eine Maut auf allen deutschen Straßen, wie sie Dobrindt vorschwebt, ab. Einstimmig. Und am Ende dieser Woche, Dobrindt selbst hat sich jeden Kommentars enthalten, lenkt der Parteichef ein und signalisiert Entgegenkommen. Seither steht Alexander Dobrindt ziemlich alleine da mit seinem Mautplan.

Selbst der Koalitionspartner gibt nun seine Zurückhaltung auf. Ursprünglich hatte Parteichef Sigmar Gabriel den Sozialdemokraten völlige Zurückhaltung verordnet - und das schon ziemlich früh. Als bei einer SPD-Regionalkonferenz zum Koalitionsvertrag mit der Union im hessischen Hofheim Ende November ein erregter Parteifreund von ihm wissen wollte, wie man denn mit diesem Unfug in der Regierung umgehen wolle, entgegnete Gabriel mit einem Lächeln: "Das Problem mit der Pkw-Maut lassen wir mal da, wo es hingehört." Er selbst hält es bis heute so.

Bundesländer könnten unangenehm werden

Doch seit der offenen Kritik aus der CDU kommen auch SPD-geführte Länder aus der Deckung. Zeitgleich melden sich am Freitag fast alle SPD-Ministerpräsidenten aus Flächenländern zu Wort: Stephan Weil aus Niedersachsen ebenso wie Dietmar Woidke aus Brandenburg, Hannelore Kraft aus Nordrhein-Westfalen genauso wie Erwin Sellering aus Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holsteins Landeschef Torsten Albig. Alle argumentieren mit den Risiken für grenznahe Regionen.

Alpenwanderung hin, Alpenwanderung her

So könnten die Länder für die Maut noch unangenehmer werden als die EU-Kommission. Und selbst wenn sich die Sozialdemokraten in den Ländern am Ende in einen wie immer gearteten Kompromiss fügen sollten, blieben immer noch ihre grünen Koalitionspartner. Die aber haben in vielen Ländern schon angekündigt, sie würden der Maut nicht zustimmen - und damit ihre rot-grünen Landesregierungen zur Enthaltung im Bundesrat zwingen.

Offen ist nun nur noch, ob das Gesetz die Zustimmung der Länderkammer braucht. Dies hänge "von der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung der Infrastrukturabgabe" ab, beschied das Ministerium am Freitag eine Anfrage der Linksfraktion.

Die aber wird vor Oktober kaum kommen. Wo sich hingegen Landesregierungen still verhalten - etwa in Rheinland-Pfalz Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) - da liegt es nicht nur an der selbstverordneter Zurückhaltung. Sondern daran, dass die Leute in Mainz kaum Zweifel haben, dass Dobrindt mit seinen Plänen scheitern dürfte, weil die EU-Kommission nicht mitspielt, Alpenwanderung hin oder her. Deutlich ernsthafter wird in Mainz über ein anderes Problem nachgedacht: Wenn Dobrindts Maut-Pläne platzen, woher kommen dann die Milliarden für den dringend nötigen Straßen- und Brückenbau?

Sigmar Gabriel hat dafür diese Woche seine ganz eigene Offensive gestartet. Eine Kommission aus Bankern, Versicherern und Wissenschaftlern soll nach Wegen suchen, wie sich mehr privates Kapital für die Verkehrsinfrastruktur einsammeln lässt. Dobrindt, dessen Haus seit Langem an solchen Konzepten bastelt, wusste von dem neuen Zirkel nichts.

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