Differenzen zwischen Seehofer und Herrmann:CSU streitet um Pkw-Maut

Dobrindt verteidigt Maut-Pläne

2016 soll die Pkw-Maut kommen, doch schon jetzt sorgt sie für Streit - sogar innerhalb der CSU.

(Foto: dpa)

Dobrindts Maut-Pläne sorgen erneut für Diskussionen. Wolfgang Schäuble äußert sich kritisch, die CSU-Größen streiten öffentlich über eventuelle Ausnahmeregelungen. CDU, SPD und Grüne reagieren spöttisch.

  • Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zweifelt, ob der Zoll die Pkw-Maut bewältigen könnte und stellt Dobrindts Konzept in Frage.
  • Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordert Ausnahmen in grenznahen Gebieten.
  • Alexander Dobrindt und Horst Seehofer (beide CSU) weisen den Vorstoß zurück.
  • CDU, SPD und Grüne äußern erneut Kritik an den Mautplänen und reagieren zum Teil mit Spott.

Schäuble stellt Dobrindts Maut-Pläne in Frage

Alexander Dobrindts Pläne zur Einführung einer Pkw-Maut ab 2016 rufen weiterhin Zweifel hervor. Nun hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Konzept in Frage gestellt. Schäuble befürchtet in einem Interview mit der Rheinischen Post hohe Belastungen für den Zoll, der dann "rund 50 Millionen Kraftfahrzeugsteuerbescheide neu erstellen müsste". Der Zoll habe "ohnehin schon viele neue Aufgaben übernommen, seit neuestem auch die Mindestlohnkontrolle", sagte er der Zeitung. Es müsse zudem geprüft werden, ob sich das Erstellen neuer KfZ-Bescheide rasch umsetzen ließe.

Seit Juli ist der Zoll für die Kfz-Steuer zuständig, doch bereits jetzt fehlt Personal, um die Steuerbelange für die in Deutschland etwa 44 Millionen zugelassenen Autos abzuwickeln. So warten noch immer viele Fahrzeughalter auf ihre Kfz-Steuer-Bescheide, da der Zoll diese nicht rechtzeitig bearbeiten konnte. Mit der Pkw-Maut käme noch mehr Arbeit auf die Behörde zu, denn sie soll sicherstellen, dass deutsche Autofahrer nach der Zahlung ihrer Vignette über die Kfz-Steuer um den gleichen Betrag entlastet werden.Schäuble wies zudem darauf hin, dass es nach wie vor umstritten sei, ob die Maut-Pläne EU-rechtlich zulässig sind, denn die EU-Kommission müsse dem Konzept noch zustimmen.

Herrmann fordert Maut-Ausnahmen in Grenzregionen

Dobrindt sieht sich zudem mit einem Vorschlag aus den eigenen Reihen konfrontiert. Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) forderte in der Welt am Sonntag, für grenznahe Landkreise Ausnahmen von der Maut zuzulassen. "Alle Landkreise entlang der Grenzen, in Bayern also nach Österreich, Tschechien und der Schweiz, könnten von der Mautregelung ausgenommen werden", schlug der CSU-Politiker vor. "Damit bliebe der kleine Grenzverkehr unbeeinträchtigt. Die Maut wäre dann erst ab dem nächsten Landkreis fällig." In den Regionen entlang der Grenze fürchtet man durch die Pkw-Maut wirtschaftlichen Schaden für Handel und Tourismus.

Dobrindt und Seehofer kritisieren Herrmann

Der Verkehrsminister wies diesen Vorstoß zurück. Wer nahe der Grenze wohne, fahre nach Deutschland, um Verwandte zu besuchen, Ferien zu machen oder städtetouristisch unterwegs zu sein, erklärte Dobrindt am Samstag in Berlin. Allein durch solche Fahrten rechne sich der Kauf einer Jahresvignette. "Ich bin der Überzeugung, dass der kleine Grenzverkehr dadurch nicht beeinträchtigt wird", erklärte der Minister.

Auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) rüffelte seinen Innenminister. Es sei nicht notwendig, dass jemand in Interviews "seinen Senf dazugibt", während Dobrindt seinen Gesetzentwurf ausarbeite, sagte Seehofer am Samstag nach einer Klausur des bayerischen Kabinetts am Tegernsee. Solche "Zwischenrufe" seien "nicht hilfreich". Seehofer stellte klar, Herrmann habe seine geäußerte Idee in keiner Weise abgesprochen. Der CSU-Chef betonte: "Die Linie der CSU und ihres Vorsitzenden ist ebenso klar wie die Linie der Kanzlerin - und ich könnte mir vorstellen, dass das maßgeblich ist."

Der Konter von Herrmann ließ nicht lange auf sich warten: "Ich habe vorgeschlagen zu prüfen, ob die Grenzlandkreise von der Mautregelung ausgenommen werden können - nicht mehr und nicht weniger", erklärte Herrmann am Samstag nach Angaben eines Ministeriumssprechers. Zweifel am Konzept von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) könnten daraus nicht abgeleitet werden. "Im Gegenteil", sagte Herrmann, "in der EU war und ist es in vielerlei Hinsicht üblich, Sonderregeln für kleine Grenzverkehre festzulegen und für die Grenzbewohner eine Reihe von Erleichterungen zuzulassen. Das sollten wir einfach einmal prüfen."

Spott von CDU, SPD und Grünen

Grüne, CDU und SPD reagierten auf die innerhalb der CSU stattfindende Debatte mit Spott: Herrmanns Forderungen vergrößerten das Chaos, erklärte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter in Berlin. "Jetzt demontiert also schon ein Spitzen-CSUler den Dobrindt-Maut-Murks." Finanzstaatssekretär Michael Meister (CDU) twitterte: "Das ist ja trollig. Erst fordert die CSU eine Maut für Ausländer. Dann wird die Ausnahme für bayerische Grenzregionen verlangt."

Auch der bayerische SPD-Chef Florian Pronold lehnte die Maut-Pläne erneut ab. Neben den negativen Auswirkungen auf Tourismus und Gastronomie in Grenzgebieten sei zu befürchten, dass als Reaktion weitere europäische Länder eine solche Abgabe ebenfalls auf allen Straßen einführten, sagte er der Mittelbayerischen Zeitung. Horst Seehofer werde dann demnächst "28 Pickerl auf der Windschutzscheibe haben", sagte er mit Blick auf den CSU-Chef, der die Pkw-Maut für Ausländer besonders lautstark gefordert hatte.

Die Eckpunkte der Maut

Die Einführung einer Pkw-Maut für ausländische Autofahrer gehörte zu den zentralen Forderungen der CSU im Wahlkampf. Dobrindt steht nun vor der schwierigen Aufgabe, dieses Vorhaben umzusetzen. Der Verkehrsminister hatte kürzlich erste Eckpunkte vorgestellt: Demnach soll für alle Fahrten auf öffentlichen Straßen in Deutschland eine Pkw-Maut über ein Vignettensystem erhoben werden. Deutsche Autofahrer sollen im Gegenzug bei der Kraftfahrzeugsteuer entlastet werden. Es ist aber umstritten, ob dies EU-rechtlich zulässig ist.

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