Aber Konsequenzen? Umweltverbände fordern seit langem Verkaufsverbote für Autos, die den Grenzwert brechen. "Immer noch kommen täglich 3500 neue Euro-6-Diesel-Pkw auf die Straße, die erhebliche Gesundheits- und Umweltprobleme verursachen und die Luft in den Städten auf Jahre verschmutzen", sagt Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim BUND. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) müsse dringend Verkaufsverbote für neue Euro-6-Pkw verhängen, die den Grenzwert "nicht auch auf der Straße einhalten".
Doch die Hersteller kommen bislang straflos davon. Denn laut Gesetz reicht es bislang, wenn die Diesel die EU-Vorgaben ausschließlich bei Labortests erfüllen - also unter teils geschönten Bedingungen.
Das Verkehrsministerium will strengere Regeln verhindern
Statt auf härtere Gesetze zu drängen, müht sich das Verkehrsministerium nun auch noch, strengere europäische Standards in Brüssel zu verhindern. Eine Überwachung der nationalen Prüfbehörden? Davon will das Ministerium wenig wissen - und stößt damit auch auf Widerstand aus dem Umweltministerium. "Ich werde keiner Positionierung zustimmen, die nicht die Einhaltung von Umweltvorgaben sicherstellt", sagte Hendricks am Dienstag.
Doch längst wittert die Opposition Kungeleien zwischen Regierung und Industrie. "Wir erleben einen Deal zwischen der Bundesregierung und den Abzockern bei den Autokonzernen. Das kann nicht so weitergehen", warnte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Auch Verbraucherschützer sind auf den Barrikaden: Der Bund wolle offenbar die Autoindustrie vor Sanktionen schützen, nicht aber die Verbraucher vor Schaden, kritisierte Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Einzig die Autoindustrie lobte die deutsche Intervention in Brüssel. Die Bundesregierung habe die "Pflicht, übermäßige Bürokratie und europäischen Zentralismus zu verhindern", sagt VDA-Präsident Matthias Wissmann. Deutschland sei schließlich nicht alleine: "Auch viele andere Regierungen von EU-Mitgliedsstaaten wenden sich an dieser Stelle gegen europäischen Zentralismus."
Andere plagen sich derweil mit den Folgen. In Leipzig trat am Dienstag das Präsidium des Städtetags zusammen, Hauptthema: hohe Stickoxid-Konzentrationen. Nach diversen Gerichtsurteilen sei zu befürchten, "dass einzelne Städte in absehbarer Zeit begrenzte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhängen müssen", sagte Städtetags-Präsidentin Eva Lohse. Der Bund müsse rasch eine "blaue Plakette" einführen. Mit ihr ließen sich so schmutzige Diesel-Fahrzeuge aus den Umweltzonen aussperren. An einem allerdings ändern auch neue Plaketten nichts: Grundlage dafür sind jene Normen, die bisher trickreich unterlaufen werden.