Diesel und Abgase:Was Diesel-Fahrer wissen müssen

DEU Deutschland Stuttgart 02 02 2017 Feinstaubalarm in Stuttgart An der Autobahn A8 wird darauf

Feinstaubalarm an der A8 kurz vor Stuttgart. Ab 2018 heißt das: Ältere Dieselfahrzeuge müssen draußen bleiben.

(Foto: imago/Arnulf Hettrich)

Fahrverbote drohen, der Ruf des Diesels leidet. Doch sind die Motoren wirklich so dreckig? Sind Benziner eine sauberere Alternative? Antworten auf diese und weitere Fragen.

Von Thomas Harloff

Frühling, endlich! Das dürfte vor allem die Stuttgarter freuen. Denn damit geht die Zeit der Feinstaubalarme zu Ende. Mehrere Wochen lang sollten die Bürger vorrangig öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad nutzen. Doch zu wenige Pendler aus der Stadt und dem Umland ließen das Auto tatsächlich stehen. Freiwilligkeit funktioniert also nur begrenzt, deshalb zeigt sich kaum ein positiver Effekt. Weder hinsichtlich Feinstaub noch bei den giftigen Stickoxiden, deren Haupterzeuger in Ballungsgebieten der Straßenverkehr ist.

Stuttgart lässt deshalb die nächste Eskalationsstufe folgen: zeitweise Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge. Wahrscheinlich folgen bald andere Städte: München wurde kürzlich juristisch verpflichtet, sauberere Luft sicherzustellen und ein solches Verbot vorzubereiten. Ähnlich ist die Lage in Düsseldorf. Doch in Wahrheit hat ganz Deutschland ein Stickoxid-Problem. Laut Umweltbundesamt überschreiten im Schnitt 57 Prozent der verkehrsnahen Messstationen den Jahresgrenzwert. Interessengruppen wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der BUND verklagen deshalb Städte im gesamten Land. Der BUND will sogar einen Verkaufsstopp für Diesel-Autos mit zu hohem Stickoxid-Ausstoß erzwingen.

Vom kommenden Jahr an gelten in der Stuttgarter Innenstadt, die wegen ihrer Talkessellage besonders anfällig ist für eine hohe Feinstaubkonzentration, Fahrverbote für bestimmte Dieselautos. Allerdings nur an Tagen, an denen Feinstaubalarm herrscht. Rechtliche Grundlage dafür ist ein Gerichtsurteil von 2016, ähnlich wie inzwischen in Düsseldorf und München. Eine solche rechtliche Basis - beispielsweise für eine blaue Plakette, die alte Diesel nicht erhalten, was sie für bestimmte Innenstadtbereiche disqualifizieren würde - fehlt auf Bundesebene aber noch. Diese könnte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Herbst schaffen. Allerdings ist der Ausgang des dort laufenden Verfahrens ungewiss. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich mehrfach gegen eine solche Plakette ausgesprochen.

Welche Autos wären betroffen?

Die Stuttgarter Regelung betrifft alle Dieselautos, die nicht die aktuell gültige Euro-6b-Abgasnorm erfüllen. Die wurde im September 2015 für alle Neuwagen eingeführt, seitdem muss jedes in der EU verkaufte Auto deren Grenzwerte einhalten. Das heißt aber auch: Theoretisch kann ein im August 2015 zugelassenes Modell noch einen Euro-5-Diesel haben - in diesem Fall dürfte ein nicht einmal drei Jahre altes Auto ab 2018 an Feinstaubalarm-Tagen nicht mehr in die Stuttgarter Innenstadt fahren.

Kann ich einen modernen Diesel kaufen und damit in die Innenstädte fahren?

Nach jetzigem Stand: ja. Mit einem Euro-6b-Diesel dürfte man noch eine Weile auf der sicheren Seite sein. Solange die erwähnten juristischen Probleme nicht geklärt sind, gilt sowieso bis auf Weiteres die aktuelle Plaketten-Regelung: Mit dem grünen Aufkleber kommt man in jede City - außer eben Stuttgart.

Dennoch ist es fraglich, wie lange Fahrer moderner Diesel Ruhe haben werden. Die klagefreudigen Umweltverbände dürften solange die Gerichte bemühen, bis jede deutsche Stadt die EU-Grenzwerte einhält. DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch hat schon verlauten lassen, dass er kämpfen werde, bis gar keine Dieselfahrzeuge mehr in die Innenstädte fahren dürfen. Er begründet das damit, dass auch moderne Autos die Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand erreichen, nicht aber auf der Straße - und das bald sogar geschützt vom Gesetz.

Wenn von 2019 an die "Real driving emissions", also die wirklichen Emissionen während der Fahrt, erhoben werden, dürfen diese das 2,1-fache der Prüfstands-Grenzwerte betragen. Offiziell, um Messtoleranzen zu berücksichtigen. In Bezug auf Stickoxide heißt das: Ein Auto darf im Labor nur 80 Mikrogramm pro Kilometer emittieren, auf der Straße aber 168 - und zwar ganz legal. 2021 darf es immer noch das 1,5-fache sein. Es besteht also die Möglichkeit, dass die Fahrverbote in der geplanten Form nicht viel bringen. Sollte sich das bewahrheiten, dürften sich viele Kommunen die Frage stellen, ob sie sogar alle Diesel aussperren.

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