Diesel:Die Hardware-Nachrüstung kommt zu spät

Auspuff

Ein Test des ADAC hat gezeigt, dass Hardware-Nachrüstungen für Diesel funktionieren können - allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.

(Foto: dpa)

Autos mit Euro-5-Diesel werden mit zusätzlichen Katalysatoren sauberer. Das zeigt ein Praxistest des ADAC. Bis solche Systeme serienreif sind, könnte sich das Problem aber weitgehend erledigt haben.

Kommentar von Joachim Becker

Können schmutzige Diesel sauber werden? Ein Feldversuch des ADAC zeigt: Nachgerüstete SCR-Katalysatoren arbeiten auch nach 50 000 Kilometern zuverlässig. Mit den Einbauten für mehrere Tausend Euro erreichten drei Testfahrzeuge den Stickoxid-(NOx)-Grenzwert von 270 Milligramm pro Kilometer (mg/km). Dieses Limit war im vergangenen Herbst als Nachrüst-Ziel im Bundesimmissionsschutzgesetz genannt worden. Trotz der NOx-Minderungsraten von 50 bis 70 Prozent bleiben aber viele Fragen offen. Denn die Systeme funktionieren dann am besten, wenn auch die Motoren am wenigsten NOx ausstoßen: bei gemütlicher Raumtemperatur.

Anders sah es bei der deutschen Durchschnittstemperatur aus: Bei zehn Grad Celsius erwiesen sich die Selbstzünder weiterhin als Dreckschleudern: Trotz des aktiven SCR-Katalysators lagen die Emissionen bei mindestens 400 mg/km. Noch schlimmer wurde es im Winterbetrieb bei weniger als fünf Grad. Dann stieß beispielsweise der VW T5 Multivan 1900 mg/km aus, im SCR-Betrieb waren es 1200 mg/km. Das Limit von 180 mg/km für Euro-5-Dieselmodelle wurde zunächst also um mehr als das Zehnfache überschritten. Kein Wunder, dass auch die nachgerüstete Abgaswäsche keine reine Luft erzeugen konnte.

Neue Gesetze sollen Fahrverbote für Diesel vielerorts verhindern

Probleme bereitete auch der deutliche Mehrverbrauch der getesteten Prototypen. Laut Richtlinie darf der Kraftstoffkonsum um maximal sechs Prozent steigen, sonst erlischt die Typgenehmigung. Mit Werten zwischen sieben und 13 Prozent lagen alle drei Fahrzeuge teils deutlich über dem Limit. Im Alltagstest wurden auch einige konstruktive Schwächen der Prototypen aufgedeckt: Mechanische Defekte, temporäre Systemausfälle und eine zeitweilig überlastete Stromversorgung. Fazit des Verkehrsclubs: Die Mängel "erfordern auf dem Weg zur Serienreife weitere Entwicklungsarbeit der Nachrüstunternehmen." Im Klartext heißt das: Machbar sind solche Systeme schon, aber sie sind noch nicht ausgereift. Zumal nur drei Fahrzeuge getestet wurden und die Adaption in andere Modelle weitere Schwächen zeigen kann.

Zu einer Serienentwicklung gehören in der Regel umfangreiche Absicherungsfahrten unter allen Umweltbedingungen. Je nach Größe der Testflotte nehmen sie meist mehrere Monate in Anspruch. Das Versprechen der Nachrüster, erste Systeme bis Mitte des Jahres fertigzustellen, ist also kaum zu halten. Die Systeme kommen zu spät, zumal der Bundestag gerade neue Dieselgesetze beschlossen hat: Fahrverbote sollen "in der Regel" unverhältnismäßig sein, wenn die Belastung mit Stickoxiden im Jahresmittel 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreitet. Diese Aufweichung des EU-Grenzwerts von 40 Mikrogramm macht großflächige Fahrverbote für Dieselstinker äußerst unwahrscheinlich.

Die meisten Kommunen werden nun mit Luftreinhalteplänen und zahlreichen Detailmaßnahmen versuchen, das Jahresmittel von 50 Mikrogramm zu erreichen. Zudem schreitet die Erneuerung der Fahrzeugflotte voran. Berücksichtigt man dann noch die angekündigten lockeren Kontrollen, dann wird die Hardware-Nachrüstung bei älteren Dieselmodellen für die meisten Fahrzeughalter uninteressant.

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Probleme bereitet vor allem der Stickoxid-Ausstoß der Autos. Der ist zum Teil so hoch, dass selbst die speziellen Katalysatoren nicht mehr hinterherkommen.

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