Die Zukunft von Mercedes:Wo stottert der Benz?

Mercedes muss das Ruder herumreißen - und die beste Werbung sind bekanntlich gute Produkte. Ein Überblick über Stärken und Schwächen des aktuellen Modellprogramms.

Stefan Grundhoff

Die wichtigsten Modelle in der Daimler-Palette sind jünger denn je. Kernmodell ist und bleibt die Mercedes E-Klasse - und die kam gerade erst frisch auf den Markt. Nach der Limousine wurden Coupé und Kombiversion nachgezogen, das neue Cabrio startet im Frühjahr. Nur: Die Kunden der E-Klasse sind zwar treu, aber nicht die jüngsten. In Sachen Komfort und Sicherheitsausstattung setzt die E-Klasse Maßstäbe, doch bei den Motoren hinken die Stuttgarter nach wie vor hinterher. Neue Vierzylindertriebwerke für Diesel und Benziner täuschen nicht darüber hinweg, dass gerade bei den Sechszylindern nach wie vor einiges im Argen liegt. Für den so wichtigen chinesischen Markt bringt Mercedes auch eine Langversion der E-Klasse heraus. Spät zwar, aber das sichert immerhin Marktanteile im Land des Booms.

Die Zukunft von Mercedes: Mercedes SLS: endlich wieder ein paar Punkt fürs Image geholt

Mercedes SLS: endlich wieder ein paar Punkt fürs Image geholt

(Foto: Foto: oh)

Nicht neu, aber frisch herausgeputzt hat sich zum Sommer die Mercedes S-Klasse. Viel getan hat sich leider nur unter dem Blech. Vom Image her ist sie das Aushängeschild der Schwaben, sogar der Primus einer ganzen Klasse - auch wenn der noch junge BMW 7er und der im Februar neu auf den Markt kommende Audi A8 die S-Klasse in vielen Bereichen hinter sich lassen. Vom betagten Spardiesel S 350 CDI über den neuen Hybriden S 400 Hybrid bis zu den Topmodellen S 65 AMG und S 600 - alles ist möglich. Das neue Modell mit neuem Styling kommt aber wohl frühestens 2012.

Die Mercedes C-Klasse ist immer noch eines der besten Autos in der Mittelklasse. Doch in Sachen Motor und Antrieb brachte die C-Klasse zum Marktstart kaum Neues. Sie ist weniger dynamisch als der 3er BMW und weniger chic als der Audi A4. Hier hätte man in Sachen Interieuranmutung und Motorisierung einfach mehr erwartet. Die betagten Coupé- und Cabrioversion mit dem CLK-Label hat man unlängst eine Klasse höher beim neuen E-Modell angesiedelt. Die C-Klasse der nächsten Generation muss einfach mutiger werden, auch das T-Modell ist zu langweilig. Ob's hilft, dass die Produktion der Generation zum Teil in die USA verlegt wird?

Licht und Schatten hinterlassen die Einstiegsmodelle A- und B-Klasse. Während die Mercedes B-Klasse mit ihrem guten Platzangebot im Fond und einer großen Variabilität auf vielen Märkten erfolgreich unterwegs ist, steht die A-Klasse nach wie vor im Abseits. Geläutert von der schlechten ersten Generation ist sie im Sachen Design und Verarbeitung besser als zuvor, spricht jedoch kaum Aufsteiger an, bei Mercedes einzusteigen. Die Konkurrenz setzt mit Modellen wie dem Audi A3 / A3 Sportback auf schmuck und stylig, andere wie der 1er BMW proklamieren Sportlichkeit und Effizienz. Die breite Masse fährt schlicht und einfach VW Golf, Opel Astra oder Ford Focus. Hier muss bei der neuen A-Klasse-Generation einfach etwas passieren. Gegen Bestseller wie den Mini oder den neuen Audi A1 hat man noch kein Mittel parat.

Wenigstens bei den SUV gut aufgestellt

Gut aufgestellt ist Mercedes bei den beliebten SUV. Der kantige GLK kam spät, erfreut sich als Verfolger von BMW X3, Audi Q5 und VW Tiguan jedoch einer großen Beliebtheit auf den meisten Märkten. Auch die M-Klasse läuft weltweit relativ erfolgreich, obwohl sie ein paar Kilogramm zu viel auf den Rippen hat. Der Nachfolger immerhin ist in Sicht: Er kommt 2011.

Jüngst stellte Mercedes den eleganten Allradler in der Hybridversion vor. Doch in Europa sieht man für die teure Sparversion gegenüber den beliebten Dieseln keine Chance. Aber: Erst keinen Hybriden haben und dann den mit BMW, GM und Chrysler entwickelten ML Hybrid nicht auf dem Heimatmarkt zu bringen, ist für Image und Außenwirkung gleichermaßen fatal. Ein kleines SUV wie ein Mercedes BLK fehlt jedoch im Segment. Schließlich ist der neue BMW X1 bereits verfügbar, auch der Audi Q3 kommt 2001 aus den Startlöchern.

Über jeden Zweifel erhaben sie die größeren Geländewagen Mercedes G- und GL-Klasse. Die traditionsreiche G-Klasse aus Graz feiert in diesem Sommer ihren 30. Geburtstag und läuft nach wie vor überaus erfolgreich. Die einen lieben das G-Modell als Lifestyle-Vehikel, andere gehen ins harte Gelände oder lassen ihn gepanzert durch Krisengebiete fahren. Allerdings sind produzierten Stückzahlen äußerst überschaubar.

Die vom ML abgeleitete GL-Klasse wurde speziell für den US-Markt kreiert, um den großen SUV der amerikanischen und asiatischen Konkurrenz Paroli zu bieten. Jetzt kommt eine dünne Modellpflege, doch der GL hat durchaus Fans genug, um gegen Range Rover, Toyota Land Cruiser und Co. bestehen zu können.

Zudem gibt es bei Mercedes zwei interessante Nebendarsteller. Die Mercedes R-Klasse ist als Mischung als Luxuslimousine und Pseudo-Van ein wahrer Flop - dennoch wird sie im Frühling 2010 optisch und technisch aufgefrischt. Ähnlich sieht es bei der Edel-E-Klasse namens CLS aus: Sie hatte sich als schmucker Ableger der alten E-Klasse zu einem erfolgreichen Nischenprodukt entwickelt. Im Herbst 2010 wird auch hier ein Nachfolger kommen - ein Schönling wie der erste.

Smart Fortwo: erfolgreich, aber

Der Smart Fortwo ist mittlerweile ebenfalls auf die Beine gekommen. Nachdem lange Zeit überlegt worden war, die verlustreiche Marke zu veräußern, ist die zweite Fortwo-Generation alles andere als erfolglos. Sogar auf Massenmärkten wie den USA, China oder Japan kann man mittlerweile Smart Fortwo fahren. Der kleine Krabbler hat eigentlich nur ein Problem: Er ist zu teuer. Für den gleichen Preis könnten man sich auch komfortablere Konkurrenten kaufen. Zudem hält sich die finanzielle Wertschöpfung von Mercedes im Rahmen, da man kaum Gleichteile mit anderen Modellen nutzen kann. Mittelfristig ist ein Modell als offene und geschlossene Version jedoch zu wenig.

Im Gespräch sind ein Allradler mit dem Arbeitstitel Smart ForAll und ein Viersitzer als Mischung aus Smart Fortwo und Mitsubishi MIEV. Kooperationspartner könnte Renault sein. Gespräche zwischen Renault und Mercedes laufen seit Monaten. Neben kleinen Modellen geht es auch um Plattformen, Getriebe und kleinvolumige Triebwerke.

Auch Mercedes SL und SLK entzweien die Fans. Der SL ist weltweit der erfolgreichste Nobelroadster mit Fans zwischen Kapstadt, München und Los Angeles - und das seit Jahrzehnten. So langsam müsste jedoch ein neues Modell kommen. Der SLK hat das Image eines Friseurinnen-SL, zumindest für echte Sportwagenfans, von denen viele sich den Roadster sportlicher wünschen würden - als polarisierenden Konkurrenten von Porsche Boxster und BMW Z4. Doch bis zum neuen SLK werden noch mindestens zwei Jahre vergehen.

Dafür hat Mercedes mit seinem Supersportwagen SLS einen echten Superstar am Mercedes-Himmel - mit Flügeltüren und 571 PS. Der sportlichste Benz aller Zeiten - und schön ist er auch noch.

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