Pkw-Maut in Deutschland:Her mit der Maut!

Und wieder wird die Sau durchs Dorf getrieben: die Pkw-Maut für deutsche Autobahnen, die nun in Ramsauers Verkehrsministerium erneut als Thema aufgetaucht ist. Statt nur zu planen und zu rechnen, sollten es die Politiker ausnahmsweise mal ernst meinen. Eine Maut könnte mehr als nur ein notwendiges Übel sein.

Günther Fischer

Es muss ihn gewurmt haben, den Peter Ramsauer (CSU) im Verkehrministerium. Erst der Super-GAU in Japan, dann der Krieg in Libyen, dazwischen auch noch die wichtigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Wo bleibe denn ich da?, mag er sich gefragt haben.

Ramsauer laesst Varianten fuer Pkw-Maut durchrechnen

Autos fahren unter den Messgeräten zur Erfassung der Lkw-Maut durch: Dieses System könnte man für die Pkw-Maut adaptieren.

(Foto: dapd)

Da fiel sein Blick auf einen auffälligen Aktenordner, der schon leicht Staub ansetzte. Die Beschriftung auf dem Rücken: Pkw-Maut. Das ist's doch, mag er sich gedacht haben, das hab ich doch schon einmal versucht - und mit Hilfe der treuen Bild-Zeitung war das Ding, mal wieder, in der Welt.

"Es gibt keine Denkverbote", ließ der Verkehrsminister mitteilen. Denn: Es seien ja alles nur Gedankenspiele. Wie nett. Das neue Papier, das er nun wohl bald auch in den Pkw-Maut-Ordner heften wird, heißt: "Verschiedene Szenarien für eine e-Vignette auf Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen".

Immer nur Rechenspiele?

Es wird also gerechnet. Und das nicht zu ersten Mal. Es gab schon 2004 keine Denkverbote, als die Union meinte, Deutschland bräuchte achtspurige Autobahnen - und die sollten mit der Pkw-Maut finanziert werden.

2006 wurde erneut gerechnet - diesmal, um bei der Maut mit anderen europäischen Ländern gleichzuziehen. Denn die Deutschen waren und sind die Einzigen in Europa, die überall zahlen, die eigenen Autobahnen aber jedermann umsonst überlassen. Der ADAC kanzelte die Mautforderungen der CSU als "unausgegorenes Provinzgeschwafel" ab. Denn: Die maximal fünf Prozent ausländischer Autofahrer würden über eine Vignette höchstens 150 Millionen Euro einbringen, rechnete der Verkehrsclub damals vor.

Nur drei Jahre später brachte Peter Ramsauer die Pkw-Maut erneut auf die politische Tagesordnung. Die Begründung anno 2009: "Wir wollen, dass das Straßennetz stärker durch die Nutzer finanziert wird", so der Verkehrsminister. Dann wurde der Aktendeckel schnell wieder geschlossen.

Rasen und Ruinieren

Im Osterloch 2011 sollte man nun aber ausnahmsweise einmal ernsthaft nachdenken und rechnen. Das Argument, dass die Deutschen die Einzigen in Europa ohne Pkw-Maut sind, ist nach wie vor nicht vom Tisch: Rasen und Ruinieren geht nur in diesem Land immer noch kostenlos.

Selbst Kleinststaaten wie Slowenien oder die Schweiz verlangen ganz gehörige Beträge - auch wenn man nur einmal jährlich diese Länder durchquert. Welche Beträge auch immer ausländische Autofahrer im Land lassen würden: Warum sollte man darauf verzichten? Die Infrastruktur, die für die Einhebung der Lkw-Maut aufgebaut wurde, ließe sich sicherlich für die Pkw-Maut adaptieren - die Kosten des Kassierens würden sinken.

Die Pkw-Maut könnte zudem als Lenkungsinstrument fungieren: Höhere Kosten im Individualverkehr veranlassen vielleicht doch einige Menschen mehr als bisher, auf öffentliche und umweltfreundlichere Verkehrsmittel umzusteigen. Und wer seinen Spaß im Porsche haben möchte, sollte ebenfalls mehr zahlen als die Verkehrsteilnehmer, die einen Vier-Liter-Polo fahren.

Intelligenz wird gebraucht

Darüber hinaus sollten die Einnahmen streng zweckgebunden sein: Alle deutschen Städte, Gemeinden und Kommunen stehen vor großen Herausforderungen. Platz für noch mehr Parkhäuser ist in den Innenstädten kaum mehr vorhanden, die stetig schärfer werdenden CO2-Vorschriften werden das Auto bald aus den Innenstädten herauszwingen - der Aufbau intelligent vernetzter Verkehrssysteme in Ballungsräumen steht erstmals ernsthaft an.

Und dafür könnte man das Geld der Pkw-Maut nun wahrlich prima verwenden: Mehr Radwege und öffentlich angebotene Fahrräder wird man brauchen, mehr Straßenbahnen, elektrisch angetriebene Busse für den ÖPNV, ausreichend Ladestationen für die kommende Flut von Elektromobilen, ja sogar die Abgabe von kostenlosem Strom ist denkbar.

Wie auch immer nun gerechnet wird, wie auch immer gestaffelt werden mag, ob die Kfz-Steuer im Gegenzug für deutsche Autofahrer gesenkt und gar erlassen wird: Die Pkw-Maut ist weit mehr als ein notwendiges Übel, wenn sie nicht bloß zum Stopfen der vielen Haushaltslöcher des Staates verwendet wird. Also nichts wie her damit!

Nachklapp: Die Angst vor der Wut der Autofahrer, und das war zu befürchten, ist in der Politik stärker ausgeprägt als alles andere. Kanzlerin Angela Merkel hat eine mögliche Pkw-Maut abgelehnt - mit dem kleinen Zusatz: Bis 2013 werde sie sicher nicht kommen.

Oder könnte es sein, dass Berlin aus dem E10-Desaster gelernt hat und sich nur besser vorbereiten möchte?

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