Der neue VW Passat in Bildern:Biedermann mit Hightech-Spielereien

Der Anspruch an den neuen Passat ist hoch: Nicht Insignia und Co., sondern A4, 3er und C-Klasse sollen die neuen Gegner sein. Dafür legt er sich in Sachen Assistenzsystem und Multimedia-Möglichkeiten so sehr ins Zeug, dass sich die Frage stellt: Muss das alles sein?

Von Thomas Harloff

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Der neue VW Passat Variant

Quelle: Volkswagen AG

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Bei VW stand das Jahr 2014 bislang im Zeichen des Golf, der in diesem Jahr sein 40-jähriges Jubiläum feiert und mit dem Sportsvan um eine neue Modellvariante ergänzt wird. Doch pünktlich zur Jahresmitte werden die Scheinwerfer auf den Passat gerichtet. Für den haben sich im Laufe seiner 41-jährigen Karriere mehr als 22 Millionen Käufer entschieden. Damit hat der Mittelklässler den Käfer (etwa 21,5 Millionen) längst überholt und sich nicht viel seltener verkauft als der Golf (über 30 Millionen). Entsprechend groß ist das öffentliche Interesse, wenn eine neue Passat-Generation - die inzwischen achte - vorfährt. Und entsprechend immens ist deren Bedeutung für den VW-Konzern und dessen Kernmarke.

VW Passat 2014, Variant und Limousine

Quelle: Volkswagen AG

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Im Oktober feiert der neue Passat, den es wie gehabt als Limousine und Kombi geben wird, auf dem Pariser Autosalon seine Publikumspremiere. Nach seiner Markteinführung im November soll er neben Privatkunden vor allem die Flottenmanager großer Firmen für sich begeistern. Letztere werden vorrangig auf die Kosten schauen, erstere dagegen auch an der Optik interessiert sein. Die präsentiert sich nun etwas gestreckter und coupéhafter als bislang, was dem Auto einen edleren Anstrich verleihen soll. Eine Design-Revolution bleibt jedoch aus, auch der neue Passat ist eher von biederer Gestalt. Neu ist der Anspruch, mit dem VW seinen Mittelklasse-Vertreter ins Rennen schickt: Ab in die Premium-Gefilde, die neuen Gegner sollen Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse statt Ford Mondeo, Opel Insignia oder Toyota Avensis heißen.

VW Passat Limousine 2014

Quelle: Volkswagen AG

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Damit dieser Sprung gelingt, ändert sich auch unter dem Blech einiges. Die größte Neuerung betrifft die Plattform, konzernintern "MQB" genannt. Dieses Kürzel steht für "Modularer Quer-Baukasten", hinter dem sich eine skalierbare Plattform für VW-Modelle mit quer eingebauten Motoren verbirgt. Der aktuelle Golf nutzt den MQB bereits, der nächste Polo wird ebenfalls darauf aufbauen - und neben ihnen noch etwa 40 weitere Modelle des Konzerns. Das verschlankt nicht nur Entwicklung und Produktion, sondern auch das Auto selbst. Bis zu 85 Kilogramm will Volkswagen beim Passat, dessen siebte Generation mindestens 1440 Kilogramm wiegt, einsparen. Dafür sollen neben dem Baukasten vor allem leichtere Motoren sorgen. Auch die Karosserie und neue Materialien im Innenraum sowie bei einigen Ausstattungsdetails tragen laut VW zur Gewichtsersparnis bei.

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Quelle: SZ

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Ein geringeres Gewicht ist die beste Voraussetzung für eine bessere Fahrdynamik, schnellere Fahrleistungen und einen kleineren Durst. Hier kommen die neun Motoren ins Spiel, allesamt Vierzylinder-Benziner oder -diesel mit Turboaufladung. Die Benziner-Palette beinhaltet 1,4-, 1,6- und 1,8-Liter-Triebwerke mit 125 bis 280 PS. Die Diesel verfügen über 1,6 oder 2,0 Liter Hubraum, die Leistungsspanne variiert zwischen 120 und 240 PS. Die Motoren schicken ihre Kraft wahlweise an die Vorderachse oder alle vier Räder, für die Kraftübertragung sind entweder Sechsgang-Schaltboxen oder Doppelkupplungsgetriebe mit Automatikfunktion verantwortlich.

Der technisch interessanteste Neuzugang in der Motorenpalette ist der 2.0 TDI - ein Selbstzünder mit zwei Turboladern. Das Triebwerk leistet 240 PS, bringt es auf ein maximales Drehmoment von 500 Newtonmetern und soll im Schnitt 5,3 Liter Diesel verbrauchen. Bleibt die Frage, ob der Motor das Versprechen, das der Normverbrauch gibt, in der Realität halten kann. Damit die Kraft auf den Boden gelangt, verfügt diese Motorvariante serienmäßig über Allradantrieb. Ebenfalls ohne Aufpreis ist das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe DSG an Bord.

VW Passat Variant 2014

Quelle: Volkswagen AG

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Noch sparsamer soll die Version mit Hybridantrieb sein, deren Batterie an einer Ladesäule oder Steckdose aufgeladen werden kann. Dieses Plug-In-Hybridsystem gleicht dem der bald erhältlichen Audi A3 e-tron und VW Golf GTE, ist mit 211 PS und einem maximalen Drehmoment von 400 Newtonmetern aber etwas stärker. Mit der Technologie, die einen Benzin- und einen Elektromotor kombiniert, soll diese Passat-Variante bis zu 50 Kilometer rein elektrisch fahren können und eine Gesamtreichweite von mehr als 1000 Kilometern bieten. Von Null auf Hundert sprintet der Hybride bei Bedarf in acht Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 210 km/h. Der Passat mit der Kraft der zwei Herzen wird jedoch nicht vor Herbst 2015 auf den Markt kommen.

VW Passat Limousine 2014

Quelle: Volkswagen AG

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Bei der Entwicklung des neuen Passat durften sich die Ingenieure vor allem bei den Assistenzsystemen austoben. Die Liste der Neuerungen ist lang, länger als bei so manchem als neuer Konkurrent auserkorenen Gegner. Sowohl vor- als auch rückwärts in quer und längs zur Fahrbahn angeordnete Parklücken lenken, sodass der Fahrer nur noch beschleunigen und bremsen muss, kann kein anderer. Eine weitere Neuheit ist der "Trailer Assist", der das Rangieren mit Anhänger erleichtern soll. Den Tote-Winkel-Warner hat VW beim neuen Passat durch eine Funktion ergänzt, die beim rückwärts Ausparken den Querverkehr überwacht - ein System, das im Golf Sportsvan debütierte und sich dort im Test als sehr sinnvoll erwiesen hat. Die 360 Grad-Kamera, die die Umgebung des Autos aus vier Kamerapositionen in der Vogelperspektive auf dem Navigationsbildschirm darstellt, kennt man bereits von einigen Konkurrenten.

VW Passat Variant 2014

Quelle: Volkswagen AG

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"Stop-and-Go"-Fahrten werden durch den Stauassistenten, der nicht nur automatisch beschleunigt und bremst, sondern das Auto auch in der Mitte der Fahrspur hält, komfortabler. Der "Front Assist" warnt, wenn der Abstand zum Vordermann zu gering ist und die Notbremsfunktion verzögert automatisch, sobald ein Crash droht. Und ist der Fahrer außer Gefecht, was das System durch fehlende Lenkbewegungen und Nichtreagieren auf Warnhinweise erkennt, bremst der "Emergency Assist" automatisch bis zum Stillstand ab und aktiviert die Warnblinker, um den nachfolgenden Verkehr zu warnen.

Natürlich lässt sich über Sinn oder Unsinn der angebotenen Fahrassistenten streiten, nicht jeder Fahrer wird all diese Systeme ständig nutzen wollen. Was davon letztlich im Auto landet, kann der Kunde selbst entscheiden, denn die meisten dieser Technologien werden nur gegen Aufpreis zu haben sein.

Der Innenraum des neuen VW Passat

Quelle: Volkswagen AG

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Viel Neues auch im Innenraum. Das mit dem nächsten Audi TT erstmals vorgestellte virtuelle Cockpit wird auch im Passat zum Einsatz kommen. Anstelle von analogen Instrumenten tritt ein 12,3 Zoll großes, volldigitales Display, das weitgehend frei gestaltet werden kann. Ist beispielsweise der Navigationsmodus angewählt, werden Tacho und Drehzahlmesser kleiner dargestellt und rücken an den Rand. Damit diese wichtigen Informationen trotzdem nicht untergehen, bietet VW erstmals ein Head-Up-Display an, dass die Geschwindigkeit oder Navigationshinweise auf eine kleine ausfahrbare Fläche vor der Frontscheibe und damit direkt ins Sichtfeld des Fahrers projiziert.

Auch in der Mittelkonsole befindet sich ein Bildschirm. Der Touchscreen ist je nach Art des Infotainmentsystems - VW bietet gleich fünf unterschiedliche Varianten an - fünf bis acht Zoll groß. iPods oder iPhones können ebenso damit gekoppelt werden wie - per Bluetooth, Aux-in oder USB - andere Endgeräte. Daten können außerdem per SD-Karte auf das System geladen werden. Ordert man ein Navigationssystem, ist außerdem WLAN an Bord. Auch Apps und andere Funktionen von Android-Smartphones lassen sich integrieren. Zudem soll es eigene VW-Apps geben, die für Informationen oder Unterhaltung sorgen.

Außerdem halten mit der Funktion "Car-Net" Google-Dienste wie "Earth" oder "Street View" Einzug. Mit der App "Volkswagen Media Control" können auch Tablets mit dem Infotainmentsystem des Autos verbunden werden, wodurch einzelne Funktionen ferngesteuert werden können. Allerdings dürfte nicht jeder Fahrer erfreut darüber sein, wenn vom Beifahrerplatz oder von den Fondsitzen am Radio oder Navigationssystem herumgespielt wird.

Der Innenraum des neuen VW Passat Variant

Quelle: Volkswagen AG

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Bei fast unveränderten Maßen - die 4,77 Meter lange Limousine ist wenige Millimeter kürzer und 1,4 Zentimeter flacher als ihr Vorgänger - soll der Passat mehr Platz im Innenraum bieten. Auch der Kofferraum soll größer werden. Das ist besonders bei der Kombiversion Variant relevant, deren Gepäckabteil von 603 auf 650 Liter wächst. Bei umgeklappter Rücksitzbank passen bis zu 1740 Liter hinein - neun mehr als bislang.

Der Einstiegspreis für die Limousine mit 125 PS starkem Basis-Benziner liegt bei 25 875 Euro - und kostet damit kaum mehr als das noch aktuelle Modell. Der vergleichbare Variant-Kombi startet bei 26 950 Euro. Aber mindestens so lang wie die Liste der Assistenzsysteme wird die Liste der aufpreispflichtigen Extras sein. 40 000 Euro mit kleinem Motor und überschaubarer Ausstattung sind auch beim neuen Passat locker drin.

© SZ.de/hart
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