Das Hindenburg-Unglück vor 70 Jahren:Flammendes Inferno

36 Menschen sterben, als am 6. Mai 1937 das Luftschiff "Hindenburg" in Lakehurst abstürzt. Das Ende des deutschen Luftschiffbaus ist markiert. Ein Rückblick auf den Unglückstag.

Marion Zellner

"Es geht in Flammen auf . . ., hier, oh nein, das ist grauenhaft . . . Es brennt, wird von Flammen umtost und stürzt auf den Ankermast und all die Leute . . ., das ist eine der schlimmsten Katastrophen der Welt! . . . Oh die Menschheit und all die Passagiere!"

Luftschiff Luftfahrt Unglück Zeppelin Hindenburg

Die Hindenburg stürzt nach mehreren Explosionen ab.

(Foto: Foto: AP)

Der Radio-Bericht des jungen Reporters Herb Morrison vom Sender WLS aus Chicago beschreibt eines der schrecklichsten Luftfahrt-Unglücke, das bis heute, genau 70 Jahre nach der Katastrophe, immer noch in den Köpfen der Menschen präsent ist: den verheerenden Absturz des Luftschiffes Hindenburg am 6. Mai 1937 in Lakehurst im US-Bundesstaat New Jersey nahe New York, eine nationale Katastrophe, die 36 Menschen das Leben kostete. Und das die öffentliche Phantasie bis heute anregt.

Der Zeppelin LZ 129, nach dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg benannt, hatte am 4. März 1936 seine Erstfahrt. Bereits im Mai nahm er den regelmäßigen Nordatlantikdienst mit Passagieren, Post und Fracht zwischen dem Flug- und Luftschiffhafen Frankfurt Rhein-Main und Lakehurst auf.

Die Hindenburg war mit 245 Meter Länge, einem maximalen Durchmesser von 41,2 Meter, einem Gasinhalt von 200 000 Kubikmeter Wasserstoff und Platz für 50 Gäste das größte Luftschiff der Welt, das Passagiere über den Atlantik brachte.

"Es überholt das bisher Erreichte"

Hugo Eckener, Nachfolger des Firmengründers Ferdinand Graf von Zeppelin, schrieb in der Zeitschrift des Vereines Deutscher Ingenieure in der Ausgabe vom 28. März 1936 nach den ersten Probefahrten unter der Überschrift "Glückab LZ 129":

"Das Zeppelin-Luftschiff "LZ 129" ist nun heraus und hat sich, wie man wohl sagen darf, bewährt . . . Erfreulich und vielleicht sogar überraschend war dabei die vergleichsweise bedeutend größere Ruhe und Stabilität des Schiffes im Fluge, und zwar im ganzen genommen und in seinen Teilen: nirgendwo Erschütterungen und Flattern, und eine Annehmlichkeit des Fahrens, die in den Fahrgasträumen fast verblüffend wirkte . . . Zusammenfassend darf man wohl sagen, daß dieses erste als ausgesprochenes Fahrgast-Luftschiff für Überseestrecken entworfene und gebaute Luftschiff in bezug auf Sicherheit und Bequemlichkeit das bisher Erreichte weit überholt."

Und so war die Fahrt nach Lakehurst, gut ein Jahr nach Inbetriebnahme, bereits Routine. An Bord befanden sich 61 Crew-Mitglieder und 36 Passagiere. Das Kommando führte Max Pruss, ein seit langem erfahrener Luftschiff-Kapitän.

Haarscharf am Empire State

Bereits während der Überquerung des Atlantiks waren die Wetterverhältnisse schlecht. Nebel verschleierte den Passagieren eine gute Aussicht: "New York kam in unser Blickfeld. Der Regen hatte zwar aufgehört, aber hinter den hohen Gebäuden türmten sich noch immer Wolken auf. Wir schwebten über die Bronx und über Harlem weg, dann die Fifth Avenue entlang", erinnerte sich Margaret Mather, die als Gast an Bord war.

Als sich LZ 129 dem Empire State Building näherte, wurde er schließlich von der Sonne angestrahlt. Der Zeppelin gleitete so tief über das damals höchste Gebäude der Welt, dass sich die Passagiere vom Promenadendeck an Bord und die Besucher auf der Aussichtsplattform zuwinken konnten.

Flammendes Inferno

Einen Eindruck, wie sich die Fahrgäste an Bord der Hindenburg gefühlt haben könnten, bekommt man, wenn man durch die 33 Meter lange Teilrekonstruktion der Hindenburg geht, die im Zeppelin-Museum in Friedrichshafen steht. Sie wurde mit Original-Werkzeug nachgebaut.

Vom Promenadendeck aus kann man zwar nur etwa zehn Meter nach unten sehen. Doch das Gefühl, in einem großzügigen Raum zu stehen und herumgehen zu können, den Blick nach unten und nach draußen - in diesem Fall aus den Fenstern des Museums - gerichtet, scheint einem heute fast unwirklich.

Sie winken fröhlich - der Katastrophe entgegen

Es muss faszinierend gewesen sein, in den dreißiger Jahren, als das Abheben vom Boden noch nichts Alltägliches war, mehrere hundert Meter in die Tiefe blicken zu können. Die besondere Atmosphäre in der Rekonstruktion wird in Friedrichshafen verstärkt durch die Original-getreue Einrichtung und die Wandbemalung.

Eine halbe Stunde nachdem das Empire State Building passiert worden war, kurz nach 16 Uhr, war LZ 129 über Lakehurst. Doch eine Schlechtwetterfront verhinderte die Landung. Kommandeur Max Pruss musste besseres Wetter abwarten und steuerte die Küste von New Jersey an.

Es sollte bis etwa 19 Uhr dauern, bis die Hindenburg wieder über Lakehurst für die Wartenden - Journalisten wie Bodenmannschaft - in Sicht kam. "Da ist sie, meine Damen und Herren, und was für einen Anblick sie bietet, einfach überwältigend, großartig. Sie kommt aus dem Himmel direkt auf uns zu und schwebt jetzt zum Ankermast hinüber. Die mächtigen Dieselmotoren dröhnen, die Propeller zischen durch die Luft und bilden kleine Wirbel . . .", sprach Reporter Herb Morrison ins Mikrofon. Während die Passagiere noch fröhlich aus den Fenstern winkten, entwickelte sich die Katastrophe.

Flammendes Inferno

Ein leises Zischen soll zu hören gewesen sein, und innerhalb von Sekundenbruchteilen stand die Hindenburg am Heck in Flammen. In Zelle vier von insgesamt 16 entwickelte sich aus einem leichten Flackern im Handumdrehen ein riesiger Feuerball, der auf die Nachbarzellen übergriff.

Geschmolzene Aluminiumteile und brennende Fetzen der Außenhaut flogen umher. Das Heck sackte nach unten. Fast 200 Meter weiter vorne, in der Führergondel, bemerkten die Schiffsführer, dass etwas nicht stimmte. Dann brüllte der Erste Offizier Kapitän Albert Sammt: "Das Schiff brennt."

Chaos, Panik und brennende Kleidung

Das Feuer breitete sich rasend schnell aus, im Inneren brach unter den Menschen, die sich aus dem Inferno befreien wollten, Chaos und Panik aus. Als die Flammen bis zum Bug loderten, sackte das Heck ab, Menschen stürzten aus dem lodernden Luftschiff.

Das Heck schlug zuerst auf, danach krachte das restliche Schiff auf den Landeplatz. Männer und Frauen, teils mit brennender Kleidung, sprangen aus der Führergondel und den Fenstern. Sie, wie auch die Bodenmannschaft, versuchten der Katastrophe lebend zu entkommen.

Gerade einmal 34 Sekunden dauerte der Absturz der Hindenburg und ihre Zerstörung. Das Feuer forderte 36 Menschenleben: 22 Bordmitglieder, 13 Passagiere und ein Mann der amerikanischen Bodencrew starben in Lakehurst. Die Ursache des Unglücks konnte bis heute nicht vollständig geklärt werden. Allerdings wird von der Forschung definitiv ausgeschlossen, dass es sich um einen Sabotageakt oder ein Bombenattentat handelte. Als am wahrscheinlichsten gilt die These, dass die Hülle des LZ 129 aufgrund elektrostatischer Entladung Feuer fing und sich der leicht brennbare Wasserstoff entzündete.

Zeppelin Museum, Seestraße 22, Friedrichshafen; Öffnungszeiten: Mai bis Oktober: Dienstag bis Sonntag 9 Uhr bis 17 Uhr, November bis April: Dienstag bis Sonntag 10 Uhr bis 17 Uhr.

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