Containerschifffahrt:Reeder im Sturm

Die Schifffahrt steht vor einem harten Winter. Inzwischen fürchten manche bereits das ganze Jahr 2009.

Henning Hinze und Meite Thiede

Selbst in der dicksten Krise bleibt Michael Behrendt Optimist: "Auch billige Güter müssen transportiert werden", sagt der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) und Chef der Reederei Hapag-Lloyd am Donnerstag. Auch in der Rezession werde der Konsum nicht völlig wegbrechen, und China, der Wachstumstreiber, werde weiter wachsen, wenn auch gebremst.

Containerschifffahrt: Containerschiffe im Hamburger Hafen.

Containerschiffe im Hamburger Hafen.

(Foto: Foto: dpa)

Autos bleiben im Hafen

Doch im Moment fährt die Branche durch eine schwere Krise. Jahrelang gewöhnt an zweistelliges Wachstum, hat die Containerschifffahrt 2008 nur noch um sieben Prozent zugelegt. Wenn es gut läuft, werden es im nächsten Jahr sechs bis sieben Prozent, hofft Behrendt. Skeptischer ist der Chef des Bremer Hafen- und Logistikunternehmens BLG Logistics und Präsident des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe, Detthold Aden. "In diesen Wochen kommen noch so viele Container wie im Vorjahr, aber für das kommende Jahr rechnen wir in den ersten Monaten mit einem Minus von zehn Prozent", sagte Aden am Mittwochabend in München.

Noch drastischere Einbrüche erwartet die BLG aber im Autoumschlag, in dem sie eines der wichtigsten Unternehmen der Welt ist. 90.000 Autos stauen sich zur Zeit auf dem BLG-Terminal in Bremerhaven. "Im Januar stellen wir unsere Autotransport-Lastwagen erstmal auf den Parkplatz und schulen unsere Mitarbeiter, weil nichts zu tun ist", sagt Aden. Ein Vierteljahr Flaute kann die BLG so überbrücken.

Hafenbetreiber wie Reeder tun sich zur Zeit allerdings schwer mit Prognosen. So erwartet Aden eine Erholung schon im Frühjahr, Behrendt dagegen rechnet frühestens im dritten Quartal wieder mit besseren Geschäften in der Schifffahrt, die in diesen Monaten mit gleich zwei Problemen kämpft. Schlimmer noch als schrumpfende Mengen sind unaufhörlich sinkende Frachtraten und Überkapazitäten an Frachtraum.

Reeder im Sturm

Zahlreiche Reedereien erwägen deshalb inzwischen, Teile ihrer Flotte stillzulegen. Zwar sei die Zahl der mangels Beschäftigung stillgelegten Schiffe im Moment noch im normalen Bereich, sagt VDR-Chef Behrendt. Die ohnehin schwachen Wintermonate - das Weihnachtsgeschäft ist gelaufen, und bis zum chinesischen Neujahrsfest am 26. Januar bleibt es ruhig - seien bei Reedern eine beliebte Zeit für die eine oder andere Stilllegung. Doch Weltmarktführer Maersk verkündete am Donnerstag, dass wegen Überkapazitäten jetzt gleich acht große Schiffe aus dem Verkehr genommen werden sollen, jedes mit Platz für 6500 Container.

Die Schifffahrt ist an Zyklen gewohnt und gilt als Meister im Bewältigen von Krisen. Doch diesmal hat die Finanzkrise die Lage verschärft, sagt Behrendt. Die Banken geben den Reedern nur noch Kredite zu verschärften Bedingungen, und auch Eigenkapital lässt sich nicht mehr so leicht einsammeln. Denn die Anleger sind verunsichert oder kritischer geworden. Die deutschen Reeder betreiben die größte Containerschiff-Flotte der Welt und haben in den vergangenen Jahren, als der Welthandel unaufhörlich zulegte, auch besonders viele Aufträge für neue Schiffe vergeben. Derzeit erwarten deutsche Besteller 1300 Schiffe, darunter 523 Containerschiffe. Über Stornierungen gibt es keine Zahlen, aber Behrendt rechnet nicht mehr damit, dass alle bestellten Schiffe auch gebaut werden.

Damit stehen die Werften vor schweren Zeiten. Für die Reeder kann es sich sogar rechnen, auf die Anzahlung - in der Regel 20 Prozent des Preises - zu verzichten, wenn er ein Schiff weniger abnehmen muss. Nach Schätzungen des Branchenverbandes VSM sind bei den deutschen Werften etwa ein Viertel der Aufträge wegen kritischer Finanzierung gefährdet.

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