Containerschiffe:Halbe Kraft voraus

Für die Reedereien lohnt es sich, das Tempo zu drosseln und dafür mehr Schiffe einzusetzen.

Meite Thiede

Mehr als 60 chinesische Werftbosse werden an diesem Wochenende in Schanghai aufmerksam den Experten vom Germanischen Lloyd (GL) lauschen. Der deutsche Schiffsklassifizierer soll ihnen zeigen, wie die Schiffe von morgen aussehen müssen, damit sie den Wünschen der Reeder entsprechen. Jedes Jahr veranstaltet der GL solche Seminare, aber diesmal geht es fast nur noch um eines: Energieeffizienz.

Der teure Treibstoff hat die Reeder zu wahren Rechenkünstlern gemacht. Früher galt es, die Schiffe möglichst schnell ans Ziel zu bringen; die besonders stark befahrene Route Europa-Asien wurde nicht umsonst "Rennstrecke" genannt. Doch heute wird um jeden Knoten gerungen; das Tempo zu drosseln, ist so ziemlich das Einzige, was den Reedern bleibt, um Treibstoff zu sparen.

So einfach ist die Rechnung: Fährt ein Containerschiff mit 8500 Standardboxen 25 Knoten, verbraucht es 400 Tonnen Schweröl am Tag. Drosselt es das Tempo auf 20 Knoten, halbiert sich die Menge. Der Trip nach Asien dauert dann zwar neun statt acht Wochen, aber dafür werden - bei derzeitigen Preisen von etwa 750 Dollar je Tonne - mal eben gut neun Millionen Dollar oder 44 Prozent gespart.

Schneckentempo einhalten

Da lohnt es sich sogar, ein Schiff mehr einzusetzen, damit die Fahrpläne trotz des Schneckentempos eingehalten werden können. Hapag-Lloyd tut das bereits, und Hamburg Süd rechnet gerade sämtliche Routen daraufhin durch, ob die Methode Tempolimit sinnvoll ist. Der Rest ist Feinarbeit: Wetter- und Strömungsvorhersagen werden analysiert und in die Routenplanung einbezogen. Denn wenn zum Beispiel der Südwestmonsun kräftig bläst, kostet das natürlich auch mehr Sprit.

Der GL hatte der Branche schon vor drei Jahren vorgeschlagen, zum Spritsparen die Maschinen zu drosseln. Viele Reeder hatten damals nur müde gelächelt, doch das hat sich mit Blick auf die steil ansteigende Spritpreiskurve geändert. Die Branche steht doppelt unter Druck: Sie muss nicht nur sparsamer, sondern auch umweltfreundlicher fahren. Das schwefelhaltige Schweröl - jene zähe Pampe, die eigentlich ein Abfallprodukt der Raffinerien ist - darf spätestens von 2020 an nicht mehr auf See entsorgt werden. Dann müssen die Schiffe auf Diesel umstellen, doch der ist nochmal doppelt so teuer wie das Schweröl.

Schnittige Rümpfe

Revolutionäres erwartet die Branche vom Schiffbau nicht. Schnittig sind die Rümpfe bereits. Auch die Motoren gelten als perfektioniert. Die Brennstofftechnik kommt für große Schiffe lang noch nicht in Frage, und innovative Ideen wie das Segel der Firma Skysails kommen nur für Nischen in Betracht. Deshalb ist das Interesse der chinesischen Werftchefs an den Effizienzspartipps aus Deutschland auch so groß.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: