Containerriese unter Segel:Sparen hart am Wind

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Die Probefahrt war erfolgreich, jetzt bricht das Frachtschiff Beluga Skysails zu seiner ersten Transatlantikfahrt auf.

Helmut Martin-Jung

Das Ereignis war im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend. Als vor mehr als 20 Jahren ein Lenkdrachen an der Nordsee den Jugendlichen einfach so von den Beinen riss, da merkte Stephan Wrage, welche Kraft im Wind steckt.

Nach der ersten Probefahrt der Beluga Skysails blickt Kapitän Lutz Heldt zufrieden auf seine Kontrollmonitore. (Foto: Foto: dpa)

Es müsste doch möglich sein, diese Kraft auch für große Schiffe zu nutzen, dachte er und experimentierte mit selbstgebauten Drachen herum. Der Rest war eine Mischung aus Überzeugung und Hartnäckigkeit. Nach dem Maschinenbau-Studium gründete Wrage zusammen mit einem Schiffbauingenieur 2001 die Firma Skysails, die genau das erreichen wollte. In diesen Tagen nun könnten sie ihrem Ziel entscheidend näherkommen.

Von Bremen aus ist der neu gebaute Frachter Beluga SkySails nun zu seiner Jungfernfahrt über den Atlantik nach Südamerika aufgebrochen. Erstmals soll dabei ein sogenanntes Drachensegel beweisen, dass es auch bei Wind der Stärke acht und auf hoher See funktioniert. Aufgrund der Zugkraft könnte ein Reeder maximal die Hälfte des teuren Schweröls sparen, mit dem die Motoren der Frachter betrieben werden.

Das 160 Quadratmeter große Segel ähnelt einem Gleitschirm. Vom Vorschiff aus wird es mit Hilfe eines Teleskopmasts vollautomatisch in den Wind gebracht und über ein aus Kunststoff gefertigtes Hochleistungsseil computergesteuert in der günstigsten Position gehalten. Die günstigste Position liegt in 100 bis 300 Metern Höhe, wo der Wind heftiger und stetiger weht als an der Meeresoberfläche.

Am meisten Zugkraft entwickelt der Drachen dann, wenn er in seiner Arbeitshöhe Figuren beschreibt, zum Beispiel eine Acht. Pro Quadratmeter Segelfläche erzeugt der Drachen dabei bis zu dreimal soviel Vortriebskraft wie an Masten befestigtes Segeltuch. Im Jahresdurchschnitt können damit zehn bis 15 Prozent an Treibstoff eingespart werden, bei gutem Wind auch deutlich mehr.

Der Preis fürs Segel: eine halbe Million Euro

Um bis zu 50 Grad dürfen Fahrt- und Windrichtung voneinander abweichen. In eine Schieflage kommt das Schiff - anders als früher die Segler - kaum. Bläst der Wind aus der falschen Richtung, lässt sich das Segel automatisiert wieder einholen.

Die Schifffahrt gilt als ähnlich großer Umweltsünder wie die Luftfahrt, jährlich blasen Schiffe weltweit etwa 900 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Ein System wie das auf der Beluga SkySails kostet 500.000 Euro.

Stephan Wrage rechnet damit, dass ein Schiff pro Jahr ein Segel verschleißt. Dennoch könnte sich das System schon in ein paar Jahren amortisieren - wenn es sich in der Praxis bewährt. Dann könnten auch andere Reeder nachziehen, denn Wrage weiß genau: "Unternehmen, die Gewinn machen müssen, investieren nur in Klimaschutz, wenn das auch profitabel ist."

© SZ vom 24.01.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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