Connected Cars:Welche Probleme die Vernetzung des Verkehrs mit sich bringt

Stau auf einem Highway in den USA

Spur neben Spur und doch kein Durchkommen: Staus gehören in der kalifornischen Metropole Los Angeles wie hier auf dem Freeway 101 zum Alltag.

(Foto: Mark Ralston/AFP)
  • Die Vernetzung der Autos wird ein immer wichtigeres Thema in der Branche. Die Industrie argumentiert deren Vorantreiben mit einem Gewinn an Sicherheit.
  • Doch die stete Verbindung mit dem Internet bietet Hackern die Möglichkeit, in Autos einzudringen.
  • IT-Fachleute bemängeln, dass weder die Hersteller noch die Kunden auf diese neue Entwicklung vorbereitet sind.

Von Steve Przybilla

Von der elften Etage des General-Motors-Hochhauses hat man einen unverstellten Blick auf Detroit. Wie Spielzeuge schauen die Autos von hier oben aus, es ist Rushhour. Um das zu wissen, müssen die Mitarbeiter des "OnStar Command Centers" aber nicht einmal aus dem Fenster schauen. An der Wand vor ihnen dehnt sich eine digitale Nordamerika-Karte, daneben Großbildschirme mit Staumeldungen und dem Wetterbericht. Im Hintergrund laufen CNN und Fox News.

Ein bisschen erinnert alles hier an die Kommandozentrale der Nasa. Und der Vergleich ist keineswegs übertrieben. Wer hier sitzt, hat die Kontrolle über rund sieben Millionen Fahrzeuge weltweit, deren Halter das sogenannte "OnStar"-System des GM-Konzerns abonniert haben. Schon zum Zeitpunkt der Einführung 1996 konnte es nach einem Unfall automatisch den Standort übertragen, ähnlich wie beim "E-Call", der von 2018 an EU-weit für alle Neuwagen vorgeschrieben wird. Heute ist OnStar eine Art digitaler Concierge: Wer auf den blauen Knopf am Rückspiegel drückt, wird mit einem Mitarbeiter in Detroit verbunden. Dieser lotst den Fahrer auf Wunsch zum nächsten Restaurant, bucht ein Hotelzimmer oder schaut nach, ob der Reifendruck stimmt und der Motor auch tadellos läuft.

Das alles ist möglich, weil moderne Fahrzeuge rund um die Uhr mit dem Internet verbunden sind. Das Auto - und damit auch der Fahrer - steht dadurch unter ständiger Beobachtung. Und nicht nur das: Per Fernsteuerung kann der Konzern sogar den kompletten Wagen lahmlegen. "Diese Funktionen sind im Sinne unserer Kunden", beteuert John Capp, der bei GM für die globale Sicherheitsstrategie verantwortlich zeichnet. Zum Beispiel könne man auf Knopfdruck die Türen öffnen, wenn jemand seinen Schlüssel im Auto vergessen hat. Oder das Auto zum Anhalten zwingen. "Wenn ein Fahrzeug als gestohlen gemeldet wird, bremsen wir es nach Rücksprache mit der Polizei vorsichtig aus", sagt Capp. Von den technischen Möglichkeiten ist er begeistert: "Eigentlich kann man heute fast alles machen."

Das Auto ist kein privater Rückzugsort mehr

Ob das wirklich im Interesse der Fahrer ist, bleibt aber fraglich. So erwirkte das FBI schon im Jahre 2002 einen Gerichtsbeschluss, der ein Assistenzsystem in eine Wanze verwandelte. Technisch gestaltete sich die Umsetzung allerdings schwierig, weil der abgehörte Fahrer nun nicht mehr richtig telefonieren konnte. Die betroffene Firma zog gegen den Missbrauch ihres Systems vor Gericht und gewann. Ende 2003 hob ein Berufungsgericht in San Francisco die Abhörgenehmigung wieder auf.

"Das ist nur ein Fall, der an die Öffentlichkeit gedrungen ist", sagt Lee Tien, Bürgerrechtler bei der Electronic Frontier Foundation (EFF). "Niemand weiß, wie oft wir durch solche Systeme tatsächlich schon ausspioniert werden." Die EFF beklagt, dass das Auto heute kein privater Rückzugsort mehr sei, obwohl das die meisten Kunden immer noch glaubten. "Natürlich wollen alle die Vorteile von Connected Cars nutzen. Aber das heißt noch lange nicht, dass wir die ganze Zeit beobachtet werden wollen." Dabei stehe die Entwicklung erst ganz am Anfang: Neben Behörden seien auch immer mehr Firmen an den Daten der Autofahrer interessiert. "Schon heute bieten Versicherungen Rabatte an, wenn ihre Kunden sich eine Blackbox einbauen lassen. Natürlich werden sie auch in Zukunft alles tun, um möglichst viele Daten zu bekommen."

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