CO2-Grenzwerte:Keine Schonfrist für deutsche Autoindustrie

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Das EU-Parlament beharrt auf strikten Vorgaben für Abgase und ignoriert eine Absprache zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy.

Cerstin Gammelin

Das EU-Parlament will Autoherstellern keine zusätzlichen Schonfristen bei der Entwicklung und Einführung klimafreundlicher Autos einräumen. Nach heftiger Debatte lehnte der in der Gesetzgebung federführende Umweltausschuss am Donnerstag überraschend alle entsprechenden Kompromissvorschläge ab. Die Parlamentarier bestätigten stattdessen mit 46 gegen 19 Stimmen den Gesetzesvorschlag der EU-Kommission. Von den strengen Regelungen wären vor allem deutsche Hersteller großer Limousinen wie Mercedes oder BMW betroffen, deren CO2-Ausstoß sehr hoch ist.

Der Umweltausschuss der EU-Kommission billigt der Autoindustrie keine Schonfristen mehr zu. (Foto: Foto: afp)

Danach dürfen Neuwagen von 2012 an durchschnittlich nur noch 120 Gramm Kohlendioxid pro gefahrenen Kilometer in die Atmosphäre abgeben. Derzeit emittieren in Europa zugelassene Pkw durchschnittlich 160 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Autohersteller, deren Fahrzeugflotten den neuen Grenzwert überschreiten, sollen wie von der EU-Kommission vorgeschlagen zur Kasse gebeten werden. Danach kostet von 2012 an jedes zu viel emittierte Gramm Kohlendioxid 20 Euro. Bis 2015 soll diese Strafe auf 95 Euro pro überschüssiges Gramm Kohlendioxid angehoben werden. Von 2020 an dürfen Neuwagen nur noch durchschnittlich 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer emittieren.

Noch kurz vor der Abstimmung im Umweltausschuss hatten führende Politiker der beiden größten Fraktionen im EU-Parlament versucht, Mehrheiten für einen Kompromiss zu finden, der weitgehend den Interessen der Autoindustrie sowie einer Verabredung zwischen Frankreichs Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel entsprochen hätte. Damit sollte der monatelange Streit zwischen den deutschen Autoherstellern und ihren französischen Konkurrenten beigelegt werden.

Sozialisten und Konservative wollten den neuen Kohlendioxid-Grenzwert von 2012 an in mehreren Schritten einführen und erst 2015 für alle Neuwagen verbindlich machen. Die Strafen für das Überschreiten des Grenzwertes sollten gemildert und auf 50 Euro pro überschüssiges Gramm Kohlendioxid begrenzt werden. Schließlich sollten Hersteller technische Verbesserungen stärker als von der EU-Kommission vorgesehen als Emissionsgutschriften verbuchen dürfen. Das hätte den Druck gesenkt, die Klimaschutzziele durch Verbesserungen an der Motortechnik zu erreichen.

Der Umweltausschuss billigte auch Ausnahmen. Hersteller von Kleinserien wie Aston Martin, Jaguar oder Land Rover müssen weniger strenge Auflagen erfüllen. Unternehmen, die emissionsfreie Autos produzieren, sollen besondere Gutschriften erhalten.

Die französische EU-Präsidentschaft will über das Autopaket auf dem Treffen der Staats- und Regierungschefs Mitte Oktober erneut beraten. Danach soll der Umweltausschuss mit dem Rat einen Kompromiss aushandeln. Das Votum des EU-Parlaments ist für November geplant.

Matthias Wissmann, Präsident des deutschen Verbandes der Automobilindustrie (VDA) forderte das Parlament auf, "zu einer realistischen Sicht" zurückzukehren. Strenge Grenzwerte ohne Einführungsphase seien "ungerecht". Zusammen mit "überhöhten Strafzahlungen" entziehe das der Industrie finanzielle Mittel, "die Forschung und Entwicklung massiv fehlen werden".

© SZ vom 26.09.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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