CO2-Emissionen:Das gebrochene Wort

Kaum ein Hersteller hat bisher das CO2-Ziel erreicht - Toyota und VW geben nun Gas.

Joachim Becker

Alle reden vom Spritsparen, doch passiert ist zu wenig. Kaum ein Hersteller hat das für 2008 anvisierte CO2-Limit von durchschnittlich 140 Gramm pro Kilometer für Neuwagen erreicht. Einzig BMW sei mit dem Technologiepaket EfficientDynamics derzeit in der Lage, die Selbstverpflichtung des europäischen Herstellerverbands zu erfüllen, verkündet das Unternehmen. Der ACEA (European Automobile Manufacturers' Association) hatte versprochen, den EU-Flottenverbrauch zwischen 1995 und 2008 um 25 Prozent zu reduzieren.

CO2-Emissionen: Zwei Marken, zwei Wege: VW mit Passat BlueTDI und BlueMotion und Toyota mit dem sparsamen Yaris Optimal Drive. Das Ziel: weniger Verbrauch.

Zwei Marken, zwei Wege: VW mit Passat BlueTDI und BlueMotion und Toyota mit dem sparsamen Yaris Optimal Drive. Das Ziel: weniger Verbrauch.

(Foto: Foto: oh)

Um den Zielwert zu erreichen, will zum Beispiel Toyota bis Ende dieses Jahres 80 Prozent der Flotte auf Optimal Drive umstellen. Hinter dem Eco-Label verbergen sich Maßnahmen wie effizientere Dieselmotoren, ein stufenloses Multidrive-Getriebe mit Schaltpunktanzeige, die Ventilsteuerung Valvematic, ein Sechs-Gang-Schaltgetriebe und/oder eine Start-Stopp-Automatik. Die Extras sollen serienmäßig verbaut werden - Toyota folgt damit der BMW-Strategie, die Eco-Maßnahmen durch möglichst hohe Stückzahlen bezahlbar zu machen.

Der Toyota Yaris trifft schon jetzt bei der neuen Kfz-Steuer ins Schwarze. Keine Variante des geräumigen Kleinwagens hat einen CO2-Ausstoß von mehr als 120 g/km. Auch das neue Topmodell 1.33 VVT-i mit 74 kW (101 PS) erreicht genau diesen Sockelbetrag. In einem Land, in dem Steuern sparen als Volkssport gilt, ist das kein schlechtes Argument, um mindestens 14.330 Euro auszugeben (1,0-Liter-Dreizylinder von 11.675 Euro an).

Noch überzeugender als der Normverbrauch von 5,1 Liter Super ist die Lässigkeit, mit der das Wägelchen seinen Vorgänger überrundet. Die bisherige 1,3-Liter-Version brachte 14 PS weniger auf die Straße und verbrauchte dabei fast einen Liter mehr Kraftstoff. Möglich wurde der Fortschritt durch die Start-Stopp-Automatik, die bestens auf den neu entwickelten Vierzylinder abgestimmt ist. Selbst wenn man ihn an der Ampel nicht per Auskuppeln und Tritt auf die Bremse zum Schweigen bringt, läuft der Motor durch variable Ein- und Auslassventile extrem ruhig. Bis 3000 Umdrehungen steht genügend Kraft bereit, um das 1150-Kilo-Leichtgewicht wie am Gummiband zu beschleunigen. Jenseits der 120 km/h fängt der Kleine allerdings an zu plärren, weswegen man freiwillig spritsparend fährt.

Das gebrochene Wort

In einer anderen (Preis-)Liga spielen die neuen Eco-Versionen des VW Passat, die jetzt allesamt unter dem Überbegriff BlueTechnologies firmieren. Die Diesel mit Common-Rail-Direkteinspritzung und Euro-5-Einstufung stoßen 97 Prozent weniger Partikel aus als ihre Vorgänger 1990 in der Einführungsphase der Abgasnormen. Obwohl es bei Stickoxiden ähnliche Reduktionen gibt, behalten die Selbstzünder bis 2014 ein Verschmutzungsprivileg. Erst mit der Euro-6-Einführung müssen sie ähnlich geringe NOx-Werte erreichen wie Benziner. Technisch machbar sind solche Clean Diesel zweifellos - die Frage ist nur, zu welchem Preis. Der Passat BlueTDI mit 105 kW (143 PS) gibt darauf eine deftige Antwort: 29.275 Euro ruft VW für das Umwelt-Paket mindestens auf - 1400 Euro mehr als für die Euro-5-Variante. Die Frage ist, ob sich der Diesel so nicht aus dem Massenmarkt preist.

VW BlueMotion und BlueTDI, Mercedes Bluetec und BMW BluePerformance: Derzeit kleben viele Hersteller blaue Umweltengel auf ihre Diesel, um sie auch in den USA verkaufen zu können. Die meisten setzen auf einen Harnstoff-Zerstäuber im Abgasstrang, um Stickoxide in Stickstoff und Wasser zu verwandeln. Weniger Aufwand verspricht ein DeNOx-Katalysator wie im VW Jetta BlueTDI, weil er ohne Additiv auskommt. Dafür ist der zusätzliche Kat üppig mit Edelmetallen besetzt: "Beim DeNOx-Kat bezahlt man die Langzeitstabilität noch teurer als beim SCR-System", dämpft VW-Motorenchef Jens Hadler zu optimistische Erwartungen. Also muss der Passat BlueTDI nicht nur Kraftstoff, sondern auch Harnstoff tanken: Knapp 20.000 Kilometer reicht der 17-Liter-Vorrat in der Reserveradmulde. Wird er nicht rechtzeitig nachgefüllt, verweigert der Diesel automatisch den Motorstart. Das NOx-Waschmittel kostet nur ein paar Euro, doch die Chemiefabrik macht den Ölbrenner zum Hightech-Triebwerk für Vielfahrer und Besserverdiener.

Wer mit einem VW Diesel sparen will, sollte sich für den neuen Passat BlueMotion entscheiden. Die Limousine kostet mindestens 26.750 Euro - 550 Euro mehr als der gleich starke Standard-TDI. Für den Aufpreis gibt es eine Getriebeverlängerung, reibungsarme Gelenkwellen, Reifen mit reduziertem Rollwiderstand und ein Start-Stopp-System. Die Effizienzmaßnahmen sparen durchschnittlich 0,6 Liter auf 100 Kilometer, mit einem Normverbrauch von 4,9 Liter wird der neue BlueMotion zum sparsamsten Passat aller Zeiten. Bei der ersten Probefahrt fallen vor allem zwei Dinge auf: Der neue Common-Rail-TDI mit 81 kW (110 PS) läuft deutlich leiser als sein Vorgänger mit Pumpe-Düse-Einspritzung und zieht auch in den höheren Gängen besser durch. Die lange Getriebeübersetzung stört also nicht mehr den Fahrspaß.

Auffällig ist, dass der Passat BlueMotion nur 0,3 Liter weniger verbraucht als der BlueTDI, obwohl dieser 33 PS stärker ist. Da die Harnstoff-Waschmaschine alle Stickoxide neutralisiert und der Filter fast alle Partikel aussortiert, kann der Wirkungsgrad des Motors optimiert werden. Mehr Druck und eine besonders magere Verbrennung senken den Verbrauch - der VW Passat BlueTDI benötigt im Schnitt 0,4 Liter weniger als der normale TDI mit 140 PS. Um den Mehrpreis von 1400 Euro wieder einzusparen, müsste man bei derzeitigen Spritpreisen allerdings mehr als 50.000 Kilometer weit fahren. Gut möglich, dass wir deshalb in ein paar Jahren wieder auf den Dieselanteil von 1997 zurückfallen. Der lag in Westeuropa unter 20 Prozent. Heute sind es 50.

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