Citroën C5:Zeit-Maschine

Der neue C5 verbindet das Flair der frühen Citroën-Jahre mit Modernem wie Dynamik und Sicherheit.

Georg Kacher

GS, das war einmal: Hightech kompakt verpackt und auch noch hydropneumatisch gefedert, genauso wie die Göttin und der SM. Der BX hatte dieses Konzept in die Sturm-und-Drang-Periode des zu Ende gehenden Jahrhunderts hinübergerettet, doch er war der letzte Mohikaner in einem Pool der Beliebigkeit, in dem sich später so trübe Modelle versteckten wie AX, Saxo und Xsara. Auf den BX folgte der schon ziemlich austauschbare Xantia, der später Platz machte für den noch gesichtsloseren C5 - ein Auto, das wirklich kaum noch jemand haben wollte. Der absolute Tiefpunkt war dann mit dem Facelift erreicht, das jede Stilsicherheit vermissen ließ. Eine Sackgasse für die Marke, die endgültige Abkehr von allen Werten?

Glücklicherweise nein. Citroën ist von den Scheintoten auferstanden. Mit C6, C4 und Picasso hat der Designer Jean-Pierre Ploué erfreuliche Zeichen gesetzt, die sogar die späten Entwürfe seines Peugeot-Kollegen Gérard Welter überstrahlen.

Verschrobene Willkür war gestern

Und so passt auch der neue C5 perfekt in das Bild der moderat progressiven Aufbruchstimmung. Er ist modern, aber nicht übertrieben modisch; er kombiniert die aktuelle Doppelwinkel-Front mit einer in den Proportionen stimmigen Grundarchitektur; er funktioniert als Kombi genauso gut wie als Stufenhecklimousine. Und: Er hält sich innen an die Spielregeln der Ergonomie, statt unsere Gutmütigkeit durch verschrobene Willkür über Gebühr zu strapazieren.

GS, BX, Xantia und der erste C5 leisteten sich kollektiv den Luxus des teuren Hydropneumatik-Fahrwerks. Der neue C5 differenziert: Die kleinen Vierzylinder bekommen eine Stahlfederung, in der mittleren Leistungsklasse - Benziner mit 103 kW (140 PS), Diesel mit 100 kW (136 PS) - kann der Kunde wählen, bei den beiden V6-Aggregaten und in Kombination mit dem 125 kW (170 PS) starken Diesel wird die Hydractive-3-Plus-Federung verbaut. Die ist identisch mit dem Fahrwerk des C6 HDI 170, erreicht aber nicht ganz das hohe technische Niveau der C6-Spitzenmodelle.

C6 und C5 sehen zwar völlig unterschiedlich aus, doch Bodengruppe und Chassis sind weitgehend baugleich; mit 2,82 Meter kommt der Radstand des C5 bis auf acht Zentimeter an den großen Bruder heran. Der Kofferraum unter der konkaven Heckscheibe, die nicht von ungefähr an den CX erinnert, hat wieder Gardemaß. In den Kombi allerdings, der bislang 565 Liter schluckte, passen künftig ein paar Flaschen Wein weniger hinein; mit 4,83 Meter ist der Break übrigens fast so lang wie ein BMW Fünfer Touring.

Zeit-Maschine

Citroën lässt die Wahl zwischen drei Ausstattungspaketen. Charactère gibt sich sportlich und rollt gegen Aufpreis auf breiten 245/40ZR19-Walzen. Harmonie steht für Luxus in Form von Klimaautomatik, diversen elektrischen Helfern und einer hochwertigen Musikanlage. Exclusive schließlich beinhaltet Leder, auf Knopfdruck verstellbare Sitze und Xenonlicht. Zu den aufpreispflichtigen Versuchungen gehören Navigation, Kurven- und Abbiegelicht, Einparkhilfe, Spurhalteassistent, Massage-, Memory- und Komfortsitze, eine automatisch betätigte Heckklappe oder ein aktiver Tempomat. Neun Airbags sind ebenso Serie wie ESP, Servo und die elektrisch arbeitende Feststellbremse.

Die nicht mitdrehende Lenkradnabe kennen wir aus dem C4. Ihre Stärke ist die optimale Ausrichtung des Fahrerairbags, ihre Schwäche sind die nur von Spinnenfingern erreichbaren weit verstreuten Bedienelemente. Apropos Bedienung: Die Tastatur rund um das Volant hat durchaus Sinn, doch im Vergleich zum MMI eines Audi A4 ist das teilweise redundante Uralt-Tableau in der C5-Mittelkonsole ein Fall für den Elektronik-Schrottplatz.

Die drei Benziner (92 kW/125 PS bis 155 kW/211 PS) dürften im C5 nur eine Nebenrolle spielen. Den Löwenanteil der Auslieferungen, die erst im März 2008 beginnen, werden die vier Diesel (80 kW/109 PS bis 150 kW/204 PS) untereinander ausmachen. 2009 wollen die Franzosen dann die Palette um einen Urban Hybrid mit Bremsenergie-Rückgewinnung, Start-Stopp-System und 5 kW (7 PS) starken Speicher-Kondensator erweitern. Ein Jahr später folgen die neuen, gemeinsam mit BMW entwickelten Vierzylinder-Benzinmotoren.

Wir fuhren die drei Top-Diesel mit 100 kW (136 PS), 125 kW (170 PS) und 150 kW (204 PS). Zu unserer Überraschung hinterließ den rundesten Eindruck der kleinste Selbstzünder in Verbindung mit dem neuen Stahlfahrwerk - mehr C5 braucht man nicht, weniger C5 will man nicht. Natürlich sind die Stahlfedern nicht ganz so vielseitig wie Hydractive 3, aber sie bieten ein leichtes Komfort-Plus, sprechen sanfter an und passen perfekt zum relaxten Charakter des neuen Citroën. Die Hydropneumatik hat die Aufbaubewegungen besser im Griff und bügelt lange Wellen optimal weg, doch das Chassis wirkt in vielen Bewegungen etwas steif und künstlich, wobei der Sportmodus ohnehin nur auf topfebenen Pisten sinnvoll ist.

Zeit-Maschine

Alte Citroën-Hasen spitzen beim Thema Lenkung und Bremse ganz automatisch die Ohren - Pedale ohne Druckpunkt und Richtungsfinder ohne Fahrbahnkontakt haben sie sensibilisiert. Der C5 verzichtet erfreulicherweise schon auf dem ersten Meter auf exzentrische Überreaktionen, benimmt sich wie ein Auto und nicht wie eine Diva. Die Lenkung ist leichtgängig und direkt, aber nicht megacool wie früher, als die extremen Rückstellkräfte jeden Radius mit ihrer Zick-Zack-Linie überlagerten.

Dieser C5 hat endlich wieder Charme

Die Bremsen sind keine ansatzlosen Alles-oder-nichts-Stopper, sondern erfreulich progressive Energievernichter. Auch Getriebe und Kupplung haben endlich aufgehört, sich zu streiten; auf Wunsch sortiert ein Sechs-Gang-Automat die Gänge. Zu den technischen Daten vorab nur so viel: Die Fahrleistungen werden steigen, die Verbräuche werden fallen, die Preise werden ausstattungsbereinigt konstant bleiben.

Der neue C5 ist eine echte Zeitmaschine. Er verbindet Flair und Stil der frühen Citroën-Jahre mit pragmatisch-modernen Eigenschaften wie Solidität, Dynamik, Sicherheit und Geräumigkeit. Wie es sich für diese Marke gehört, flirtet er viel intensiver mit der Avantgarde und dem Nonkonformismus als mit der Betulichkeit und der Mittelmäßigkeit des kleinsten gemeinsamen Nenners.

Aber im Gegensatz zu den Vorgängern muss er sich nicht immer wieder entschuldigen für die im Rahmen des generellen Genialitätsanspruchs fix einprogrammierten Fauxpas. Im Gegenteil: Dieser C5 hat Charme, und er funktioniert trotzdem. Was will man mehr?

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