Citroën: die DS-Reihe:Nur schön sein reicht nicht

Mit der DS-Reihe will Citroën eine Brücke schlagen zurück zur avantgardistischen Frühzeit der Marke - mit unterschiedlichen Ergebnissen

Georg Kacher

Die Ära der großen Fadesse ist für Citroën glücklicherweise passé, nach Jahren der gesichtslosen Allerweltsautos wagt die Marke endlich wieder einen Schritt in Richtung konstruktive Selbstfindung. Denn die unverhohlen mit der Hydropneumatik-Göttin der Sechziger und Siebziger kokettierende DS-Reihe rückt den Doppelwinkel ein beachtliches Stück weiter in Richtung Luxus, Premium und Prestige.

Der DS3 erfüllt diese Mission derartig nachhaltig, dass man für 2011 mit 90.000 Verkäufen rechnet. Auch der in Shanghai gezeigte DS5 hat einen gehörigen Schuss Imagepolitur im Tank, denn die großzügige Linienführung und das verführerische Ambiente zeigten schon beim ersten vis-à-vis Wirkung.

Der DS4 tut sich da etwas schwerer. Das liegt an den weniger funktionellen Proportionen, dem teilweise dick aufgetragenen Make-up und den fehlenden technischen Finessen, mit denen sich der Wagen von Allerweltsrivalen wie einem VW Golf Plus distanzieren könnte.

Der DS4 teilt sich die Architektur mit dem C4. Damit ist klar, dass zum DS-Paket weder Allradantrieb noch Doppelkupplungsgetriebe gehören, von der hydraktiven Radaufhängung des C5 ganz zu schweigen. Ein Mild-Hybrid mit Start-Stopp und Regeneration wird zwar in Verbindung mit dem 112 PS starken Diesel angeboten, aber ein Range Extender oder gar ein Plug-in-Hybrid gehören noch nicht zum Repertoire.

Trotzdem wollen die Franzosen vom DS4 und vom DS5 pro Jahr jeweils rund 40.000 Exemplare absetzen. Nicht diese Zahl an sich verblüfft, sondern die Tatsache, dass es sich offenbar schon bei geringen Stückzahlen rechnet, ein Automobil innen und außen komplett neu einzukleiden.

Das Blechkleid des DS4 verbindet die leicht erhöhte Sitzposition eines Crossover mit der eleganten Dachpartie eines Coupés. Designer Olivier Vincent verspricht zwar die Platzverhältnisse einer Limousine, doch in Reihe zwei sitzt man eher wie in der Economy-Class statt Business - wozu auch die fehlenden Fensterheber beitragen, die dem Styling der Türen geopfert wurden.

Fahrer und Beifahrer werden im DS4 bevorzugt bedient. Das Cockpit ist licht, luftig, bequem und auf Wunsch so edel, dass sogar Armaturenbrett und Türtafeln mit Leder bezogen sind. Wer mag, bekommt das volle Bouquet der momentan verfügbaren Assistenzsysteme, nicht aber ein Schiebedach oder eine geschmeidige Alternative zum automatisierten Schaltgetriebe.

Zwei Buchstaben versprechen Gelassenheit

Also schalten wir selbst, was mit der leichtgängigen und exakten Sechsgangbox und der zuvorkommenden Kupplung ein Vergnügen ist. Die elektrisch unterstützte Lenkung vermittelt das erwartete Maß an leicht artifizieller Rückmeldung, die Bremsen sind aufmerksam aber nicht immer problemlos zu dosieren. Und die Kombination aus ausbalanciertem Handling, gut geerdetem Grip und souveräner Stabilität vermitteln die von den zwei charismatischen Buchstaben erwartete Gelassenheit.

Härtere Federn, dickere Stabis und bis zu 19 Zoll große Räder sollen den DS4 sportlicher und agiler wirken lassen als den C4, doch der Unterschied beim Fahrverhalten ist weniger dramatisch als angekündigt, denn an den Bedien- und Haltekräften hat sich kaum etwas geändert, die Aufbaubewegungen legen nach wie vor eine gewisse Empathie an den Tag, und der an sich gute Komfort wird immer wieder von hart durchschlagenden Querrinnen konterkariert.

Der durchzugskräftige Top-Diesel lässt sich mit 163 PS deutlich gelassener bewegen als der 200 PS starke und 235 km/h schnelle Benziner, der höher drehen muss und mit 275 Newtonmeter etwas flacher atmet als vergleichbare 2,0-Liter-Aggregate von Ford oder VW.

Dafür verbraucht der doppelt beatmete THP200 im Schnitt nur 6,4 Liter. Dem großen Diesel geht bei 212 km/h die Luft aus, aber dafür ist er mit 5,1 Litern naturgemäß noch sparsamer. Halbautomat und Microhybrid drücken diesen Wert im e-110 HDI sogar auf 4,4 Liter. Die Fahrleistungen sind mit dem C4 vergleichbar, wobei die zwei stärksten, mit 28.400 Euro exakt gleich teuren Motorisierungen dem DS4 vorbehalten sind.

Der günstigste DS4 kostet 20.700 Euro, der Diesel steht als Mild-Hybrid mit 25.800 Euro in der Liste, für den HDI 165 muss man mindestens 26.800 Euro anlegen. Das nicht ausstattungsbereinigte Aufgeld gegenüber einem identisch motorisierten C4 beträgt 3250 Euro. Damit gibt es mehr Exklusivität und Flair, aber auch einen um zehn Prozent kleineren Kofferraum und zumindest gefühlt weniger Platz im Fond.

Wie geht es weiter mit der DS-Strategie? In Diskussion sind ein nobler DS1-Stadtwagen (Basis nächster C1, vermutlich Elektroantrieb), ein sehr sportlicher DS2 und eine große DS6-Limousine mit Stilelementen des Metropolis Concept als C6-Nachfolger. Darüber hinaus will Citroën die Racing-Linie ausbauen, die im DS3 schon nach wenigen Wochen ausverkauft war.

Marketingtechnisch hat die Firma ihre Evolution ziemlich gut im Griff. Doch ohne entsprechend fortschrittliche Inhalte droht das DS-Signet zum Papiertiger zu verkommen. Keine Schwarzmalerei, sondern Fakt - jederzeit nachvollziehbar am Beispiel der bis heute jung gebliebenen Göttin.

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