Citroën C5:Was heißt denn hier französisch?

Der Mittelklassewagen lässt jegliche Extravaganzen vermissen, aber das hydractive Fahrwerk kann überzeugen

(SZ vom 28.02.2001) Die Göttin, die Ente - Autos, mit denen Citroën Geschichte schrieb, Autos, die ihrer Zeit voraus waren und die auch noch nach Jahrzehnten ihren speziellen Reiz entfalten. Manche Fans der französischen Marke erliegen einem Anfall von Wehmut, wenn sie an die heutige Modellpalette denken: Saxo, Xsara, Xantia - Autos, deren Namen sperrig klingen und mehr optische Präsenz auf der Straße verheißen, als die Fahrzeuge auf der Straße dann einlösen. Einen Citroën als Auto mit französischem Charme zu lokalisieren, fällt heute selbst Enthusiasten schwer, die Formen könnten auch in Japan gezeichnet sein. Doch wozu auffallen um jeden Preis, argumentieren die Manager und verweisen auf die wachsenden Marktanteile: In Deutschland ist er im vergangenen Jahr auf 1,6 Prozent geklettert. Das gefällige Design, das viele goutieren und das nur wenige abschreckt, scheint die Verkaufszahlen eher zu beflügeln.

Die Basis für das Spitzenmodell

Aus dieser Philosophie heraus ist auch der C5 entstanden, der eigentlich als Nachfolger des Xantia antritt - und auch wieder nicht. Wenn die Limousine Ende März zu den deutschen Händlern kommt, wird auch der Xantia noch eine ganze Weile im Programm bleiben, schließlich wird er im Werk Rennes weiter produziert. Neu ist die Plattform, auf der der C5 einher rollt: Sie heißt in der Nomenklatur des PSA-Konzerns, zu dem auch Peugeot gehört, Nummer drei und dient als Basis für das künftige Spitzenmodell von Citroën, auf das die Studie mit dem Kürzel C6 auf dem Pariser Autosalon eine Vorahnung gab.

Warum Citroën sich bei der Namensgebung von den wohlklingenden Kreationen mit dem bekannten X-Bestandteil abwendet, wurde auch nach einigen Erklärungsversuchen nicht ganz klar. Fest steht nur, dass es einen Mix aus Autos, die auf Namen hören, und welchen, die sich mit schnöden Kürzeln bescheiden müssen, geben wird. Der Picasso darf seinen Namen behalten, der Verwandlungskünstler Pluriel ebenso, während der Xsara-Nachfolger C3 heißen wird.

Diese etwas indifferente Haltung spiegelte sich auch bei ersten kurzen Begegnung mit dem C5 wieder. Das Design ist sicher nicht der Hauptgrund, sich diesem Auto freudvoll zu nähern, während es an der Technik wenig auszusetzen gibt. Besonders von vorne wirkt der C5 so, als hätten sich die Designer gerne mehr getraut - aber sie durften nicht. Herausgekommen ist eine Front, die wie mit dem schweren Hammer geschmiedet wirkt. Unproportionierte, zu große Frontscheinwerfer heischen unverhohlen nach Aufmerksamkeit, während der Rest der Rundungen und Linien kein ausdrucksstarkes Gesicht ergibt. In der Seitenansicht wölbt sich der für einen Pkw mit 1,48 Meter ungewöhnlich hohe C5 kuppelförmig. Die Heckpartie erinnert an ein konventionelles Stufenheck - erst beim Hochschwingen der Heckklappe wird richtig klar, dass das derzeitige Spitzenmodell der Franzosen in Deutschland eine Fließheckkarosserie aufweist.

Setzt man sich hinter das Volant, fällt der Blick auf große, klar ablesbare Instrumente, die gegen den Einfall von Sonnenlicht durch eine hervorstehende Hutze geschützt sind. Das ist in jedem Auto so - nur im C5 weist diese Wölbung einen unharmonischen Radius im Zusammenspiel mit dem Lenkrad auf, durch dessen Speichen man ja blicken muss, um zu wissen, wie schnell der C5 unterwegs ist.

Die Materialien, die im Innenraum verwendet werden, wirken gediegen. Allerdings macht die riesige, wiederum scheinbar ungestaltete Kunststofffläche, die sich vor Fahrer und Beifahrer ausbreitet, einen tristen Eindruck. Da die Frontscheibe sehr flach steht und vom Fahrer sehr weit weg ist, könnte man glauben, in einem Van zu sitzen. Dieses Gefühl vergeht aber zumindest dann schnell, wenn Großgewachsene auf den Rücksitzen Platz nehmen: Viel zu schnell findet der Kopf Kontakt zum Dachhimmel, während die 4,62 Meter lange Limousine auf allen Plätzen immerhin ausreichend Beinfreiheit bietet.

In Deutschland wird der C5 mit sechs Motoren angeboten werden, von denen noch nicht alle für erste Fahrten zur Verfügung standen (siehe Kasten). Der große 2,2-Liter-Diesel (mit Partikelfilter FAP) harmoniert sehr gut mit dem C5, läuft leise und stellt in allen Straßenlagen ausreichend Drehmoment bereit. Etwas kerniger klingt der neue 2,0-Liter-Benzindirekteinspritzer, der mit der Schichtlade- und Magermixtechnik arbeitet. Der 3,0-Liter-V6 kann alles eine Spur besser und geschmeidiger - aber besonders bei diesem laufruhigen Motor fallen die relativ hohen Windgeräusche im Bereich der A-Säule auf.

Citroën hat für den C5 die hydractive Federung weiter entwickelt. Diese nunmehr dritte Generation überzeugt mit einem hohen Abrollkomfort und allerlei elektronischen Funktionen, die im Autoalltag mehr oder weniger nützlich sein können. So senkt sich die Karosserie automatisch bei Tempi oberhalb von 110 km/h um 15 Millimeter ab und steht bei Langsamfahrten wieder auf. Wenn es die Straßenbeschaffenheit erfordert, kann die Bodenfreiheit per Druckknopf modifiziert werden - diese Besonderheit hat alle Wechseljahre der Firma Citroën überlebt.

Auf der Autobahn schluckt das Fahrzeug lange Wellen vorbildlich, auch auf schlechteren Wegstrecken halten sich sanfter Komfort und straffe Sicherheit gut die Waage. Weiterer Vorteil: Das hydractive Fahrwerk muss erst nach 200 000 Kilometer gewartet werden - bis dahin wären mehrere Paare konventioneller Stoßdämpfer verschlissen.

Heuer will Citroën 10 000 C5 in Deutschland verkaufen, nächstes Jahr soll es die doppelte Zahl werden. Der C5 trifft auf einen Kreis etablierter Kollegen wie den Ford Mondeo, hat sich mit dem Renault Laguna aber auch eines harten und durchdachten Konkurrenten aus Frankreich zu erwehren. Dabei dürfte die Ausstattung des C5 eine große Rolle spielen: Schon die Basisversion verfügt über sechs Airbags, ABS und Klimaanlage. In der SX-Ausstattung kommen Nebelscheinwerfer, Radio/CD-Spieler und elektronische Spielereien wie die Black-Panel-Schaltung, mit der sich die meisten ansonsten beleuchteten Schalter verdunkeln lassen, hinzu. Die Exclusive-Ausstattung beinhaltet zusätzlich Leichtmetallfelgen, elektrisch einstellbare Sitze, Xenon-Licht und Tempomat. Einen zusätzlichen Schub versprechen sich die Franzosen von der Kombi-Variante, die bei ihnen traditionell Break heißt. Der Lastenträger wird in dieser Woche auf dem Genfer Automobilsalon erstmals vorgestellt.

Von Otto Fritscher

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