Chrysler Voyager Family 2. 0 / Neon 1. 8:Lieber eine Nummer kleiner

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Einstiegsmodelle mit schwächerem Motor und günstigerem Preis

(SZ vom 15.11.1997) Das Land der unendlichen Weite und der beeindruckenden Größe - diese Kennzeichen des nordamerikanischen Kontinents galten bislang häufig auch für Autos aus den USA. Hubraum ohne Ende, Karosserieabmessungen, für die keine Parklücke groß genug ist - aus, vorbei. Auch die Big Three, die drei großen Hersteller General Motors, Ford und Chrysler, haben erkannt, daß der Zug der Zeit zum Downsizing, zu kleineren und wirtschaftlicheren Autos, führt. Auch in Deutschland bringen ökonomische Zwänge Kaufentscheidungen mit sich, die mehr vom Kopf als vom Bauch getroffen werden: Darf es etwas weniger sein?

Mit zwei neuen Einstiegsvarianten für die Pkw-Baureihe Neon und die Großraumlimousine Voyager hat Chrysler Kundenkreise im Visier, die mit den in Europa am meisten verbreiteten Hubraumklassen liebäugeln. Von sofort an wird der Voyager mit einem 2,0-Liter-Vierzylindermotor angeboten, der 98 kW (133 PS) leistet und bereits aus dem Neon und dem Stratus bekannt ist. Bislang war der 2,4-Liter-Vierzylinder mit 110 kW (150 PS) das untere Ende der Fahnenstange. Der Family 2. 0 genannte kleine Bruder kostet 43 970 Mark. Chrysler hat sich bisher vor allem am oberen Ende des Segments der Großraumlimousinen etabliert: Fast 60 Prozent aller Voyager-Käufer legen mehr als 60 000 Mark auf den Tresen des Händlers, während die Konkurrenz wie der VW Sharan, der baugleiche Ford Galaxy und die Euro-Vans von Fiat, Lancia, Peugeot und Citroën vor allem in der Preisklasse zwischen 40 000 und 50 000 Mark reüssieren. Dieses Feld will Chrysler nun nicht mehr den Europäern überlassen.

Der Nachlaßverwalter des Jeeps

Recht wenig Erfolg war bislang den Pkw-Modellen von Chrysler vergönnt. Der drittgrößte US-Hersteller bezeichnet sich zwar als Erfinder des Minivans und als legitimer Nachlaßverwalter des Willys Jeeps, doch das Pkw-Geschäft will in Deutschland nicht so recht laufen. Der Neon tritt im umsatzstärksten, aber auch im am stärksten umkämpften Marktsegment an, der Golf-Klasse. Am meisten behinderten wohl Fertigungs- und Qualitätsmängel die Markteinführung, die SZ schrieb von unverkleideten Gepäckabteilen, antiquierten Klappmechanismen des Kofferraumdeckels und anderen Details, die den deutschen Autofahrer nicht besonders erfreuen. Alles Dinge, die inzwischen abgestellt und verbessert worden sind, versichert Franz-Josef Moors, der Geschäftsführer von Chrysler Deutschland.

In den vergangenen Jahren konnten durchschnittlich nur 1000 Neon in Deutschland verkauft werden. Diese Zahl hätte, da ist sich Moors sicher, wesentlich höher ausfallen können, wenn die amerikanische Zentrale eher und nachdrücklicher auf die Anmerkungen aus Good old Germany eingegangen wäre. Das hat sie nun mit einem ganzen Paket von Verbesserungen getan. Die Karosserie des Neon wurde steifer, die Bremsen verstärkt, und insgesamt 29 Prozent der Komponenten optimiert.

Ein recht lauter Geselle

Dazu kommt ebenfalls eine neue Basismotorisierung: ein 1,8-Liter-Vierzylinder mit 16V-Technik und 85 kW (115 PS). Das ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 192 km/h, eine Beschleunigung von Null auf 100 km/h in weniger als zehn Sekunden; der Durchschnittsverbrauch beträgt 8,3 Liter Normal bleifrei auf 100 Kilometer. Der Neon 1. 8 LE steht mit 31 490 Mark in der Preisliste, wer lieber Automatik fährt, muß 1000 Mark mehr anlegen. Allerdings bekommt er dafür eine technisch überholte Dreigang-Automatik.

Wie fahren sich nun die beiden neuen Modelle? Von der Leistung her reichen der 1,8-Liter für den Neon und der 2,0er für den Voyager für den Alltagsverkehr völlig aus. Der 2-Liter ist etwas weniger drehfreudig als der 1,8, der sich dafür besonders bei höheren Drehzahlen akustisch als aufdringlicher Geselle präsentiert. Die Ausstattung beider Basismodelle ist im Vergleich zu europäischen Konkurrenten üppig ausgefallen.

Für die Zukunft hat sich Chrysler einiges vorgenommen. Die Marke mit dem Stern im Pentagon fährt weiter auf Expansionskurs: So soll es vom Nachfolger des jetzigen Neon, der für das Jahr 2000 erwartet wird, sowohl eine Fließheckvariante als auch eine Version, die in Richtung Renault Mégane Scénic geht, geben. Die Motorenpalette soll um einen 1,4 und einen 1,6-Liter erweitert werden, und schon vorher wird mit einem 1,9-Liter-TDI der erste Dieseldirekteinspritzer amerikanischer Provenienz erwartet. Bis dahin will man sich mit abgekupferten Werbesports im Gespräch halten - aber die Autos sind Gott sei Dank Originale.

Von Otto Fritscher

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