Chrysler Neon 1. 8:Reine Geduldssache

Das neue 1,8-Liter-Triebwerk zeigt sich agil und durchzugfreudig

(SZ vom 04.03.1998) Was den Autofahrern in Amerika gefällt, muß für die Autofahrer auf einem anderen wichtigen Markt, nämlich Europa, noch lange nicht gelten. Ein Beispiel dafür ist die Mittelklasselimousine Neon von Chrysler, die seit etwas mehr als drei Jahren auf dem deutschen Markt zu haben ist. Oft wurde sie in dieser Zeit für das zu weiche Fahrwerk, das so typisch für ein US-Fahrzeug ist, kritisiert. Und auch die großvolumigen Motoren konnten bei uns nicht alle Interessenten überzeugen. Das veranlaßte Chrysler im Herbst des vergangenen Jahres einen neuen Motor nachzuschieben und das Fahrwerk straffer zu machen.

Der Neon 1. 8 begleitete uns nun über einen etwas längeren Zeitraum. Das speziell für den europäischen Markt entwickelte Vierzylinder-16V-Aggregat mit einer Leistung von 85 kW (115 PS) zeichnete sich als passendes Triebwerk aus, das sich mit Verbrauchswerten zwischen acht und zehn Litern zufrieden gab. In Verbindung mit einem leicht und präzise zu schaltenden Fünfgang-Getriebe verhielt sich der 1,8-Liter-Motor agil und durchzugsfreudig. Allerdings zeigte das Aggregat vor allem dann seine Stärken, wenn es im höheren Drehzahlbereich arbeitete - untertourige Fahrten wurden mit Ruckeln bestraft.

Zu den starken Seite des Neon gehört die serienmäßige Ausstattung. Beim Komforts waren die Amerikaner schon von jeher tonangebend, und seit auch die europäischen Hersteller ihren Serienumfang massiv erweitert haben, bleiben die US-Hersteller selbstverständlich am Ball. Elektrische Fensterheber vorne, Zentralverriegelung mit Wegfahrsperre, Klimaanlage und ein Stereo-Kassetten-Radio findet man ebenso wie die obligatorischen Dosenhalter. Für die Sicherheit sind zwei Airbags, ABS, Seitenaufprallschutz und eine Kindersicherung an den hinteren Türen zuständig. Seitenairbags sucht man auch in der Aufpreisliste vergebens - dort findet man einzig die Metallic-Lackierung, für die zusätzlich 560 Mark gezahlt werden muß.

Ein Schwachpunkt im Neon ist das Gestühl: Die vorderen Sitze sind zu weich und sie bieten zu wenig Seitenhalt. Zudem zwingt das Verstellen der Rückenlehne zu Kompromissen, da die Einstellung nicht stufenlos erfolgt. Die Anordnung der Schalter und Knöpfe ist eigentlich funktionell, auch wenn bei unserem Wagen alles ein bißchen schwergängig war. Es gab aber auch negative Beispiele: So ist der unbeleuchtete Knopf für das Licht links vom Lenkrad in einer kleinen Mulde verborgen. Und bei den elektrischen Fensterhebern ist man ebenfalls auf das Tastvermögen angewiesen, denn auch sie sind nicht beleuchtet und verstecken sich im unteren Teil der Türverkleidung.

Der Chrysler Neon 1. 8 ist für 31 490 Mark ein gut motorisiertes Mittelklassefahrzeug, dem man die Bemühungen, sich auf dem deutschen Markt zu etablieren, anmerkt. Das leicht zu fahrende Triebwerk und die gefällig runde Form des Neon kann er auf der Habenseite verbuchen; die Tücke liegt beim Neon allerdings im Detail - und dabei ist die Geduld des zukünftigen Besitzers gefragt.

Von Marion Zellner

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