Chrysler Jeep Wrangler TJ:Endlich wieder ganz der Alte

Mit runden Lichtern in die nächste Epoche der Unsterblichkeit

(SZ vom 27.04.1996) Mit runden Scheinwerfern und einem radikal verbesserten Fahrwerk startet der Jeep Wrangler in die nächste Epoche seiner Unsterblichkeit.

Acht Jahre lang war der Jeep vom rechten Wege abgekommen. Die Designer hatten den letzten Wrangler mit rechteckigen Scheinwerfern nach Ansicht aller Hardcore-Jeeper regelrecht entstellt. Der langen Reue folgte nun die gute Tat: Die Lichter sind wieder rund, und der Jeep ist endlich wieder ganz der Alte.

Das muß so sein. Legenden haben andere Gesetze als bürgerliche Autos. Und während anderswo Stilisten alte Technik in neues Blech zu hüllen haben, ist es beim Jeep diesmal gerade umgekehrt. Die Aufgabe lautete: Technischer Fortschritt ist in der traditionellen Form zu verstecken. Die Formgestalter wagten dennoch etwas harmonischere Proportionen, sie neigten die Windschutzscheibe stärker, verrundeten deren Rahmen und ließen die Motorhaube sanft nach vorne abfallen. Dabei ist ihnen ganz klammheimlich gelungen, den Luftwiderstand um zehn Prozent zu senken.

Als Fortschritt sehr viel handfester sind die tief in der Blechstruktur verborgenen Bemühungen der Karosserie-Konstrukteure, die Verwindungsfestigkeit des Aufbaus zu erhöhen. Der Jeep ist auf seine reifen Tage ganz bemerkenswert solid geworden, auch im Gelände ächzt sein Blech nicht mehr.

Der Segen des Fortschritts

Mit äußerster Diskretion schleusten sie auch den Zeitgeist der passiven Sicherheit ins neue Auto. Zwei Airbags gibt es nun sogar im Wrangler. Allerdings weisen Aufkleber im Wagen darauf hin, daß Hardtop und Türen vor den Elementen des Wetters schützen, nicht aber vor den Folgen von Unfällen.

Zum Segen des behutsamen Fortschritts gehören auch eine breitere Sitzbank hinten, ein Hardtop, das weniger wiegt und sich einfacher entfernen läßt, sowie ein sehr viel praktischeres Cabrio- Verdeck. Bei Jeep ist man auch davon überzeugt, daß ein neues benutzerfreundliches und im Stil gutbürgerliches Armaturenbrett zu den Wohltaten der Weiterentwicklung zählt.

Das größte Stück Fortschritt aber wird der neue Wrangler bei artgerechter Anwendung durch Schlamm und Geröll ziehen, denn geradezu revolutionär verbessert wurde das Fahrwerk. Die unveränderte Gegenwart von zwei Starrachsen sollte da nicht zu falschen Schlüssen führen.

So wie sie die Technik beim Jeep nach dem Vorbild des Grand Cherokee nun auch in den Wrangler transplantiert haben, entsprechen sie einem guten Stand der Technik. Die traditionellen Blattfedern wurden nach 55 Jahren durch Schraubenfedern ersetzt, dazu gibt es korrekte Achsführung durch Längslenker und Panhardstab. Das sind nun auch beim Wrangler renommierte technische Elemente, auf die beispielsweise Range Rover und Mercedes G ihren guten Ruf im Gelände gründen.

Die Annehmlichkeit der neuen Achsen wird schon lange, bevor es ins Gelände geht, spürbar. Was keinem Jeep der kleinen Sorte bisher gelingen wollte, schafft der neue Wrangler: Er federt, er ist wie aus der Art geschlagen komfortabel. Ferner befleißigt sich dieser Wrangler erstmals unverhofft kultivierter Fahreigenschaften, die Lenkung ist sensibel und störungsfrei, der Geradeauslauf manierlich, und das Kurvenverhalten bleibt von manierlicher Neutralität, solange man nicht in den kleinen Gängen zu heftig aufs Gas tritt.

Im Gelände folgt der Wrangler TJ der Anordnung der Geschäftsleitung, der beste Kletterer unter den Jeeps zu sein, denn die sanfte Federung und die langen Federwege helfen auch perfekt über Stock und Stein. Es bleiben zum Schluß noch die unveränderten Elemente des Klassikers: ein Vierzylinder mit 2,5 Litern Hubraum und 88 kW (120 PS) und ein Sechszylinder mit 4,0 Litern Hubraum und 130 kW (174 PS). Beide Maschinen sind gußeiserne Antiquitäten, weit entfernt von vierventiligem High-Tech unserer Tage. Aber in einem Wrangler läßt es sich damit leben: zufrieden mit dem Vierzylinder und in wollüstiger Leistungsfreude mit dem Sechszylinder.

Wer mit seinem Wrangler verreisen will, sollte nicht an den Zylindern sparen. Die starke Maschine macht den Jeep zu einem angenehmen Cruiser, der auch jenseits amerikanischer Speedlimits mit zehn bis zwölf Litern auf 100 Kilometer zufrieden ist. Auch sonst soll die neue Wrangler-Generation auf der Kostenseite maßvoll bleiben und nicht viel teurer sein als die letzte.

Von Clauspeter Becker

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