Caravan Salon Düsseldorf:Grenzenlose Freiheit

Viel Komfort auf kleinem Raum - der Reisemobiltrend für 2012. Wir haben uns auf dem Caravan Salon in Düsseldorf umgesehen.

Ralf Scharnitzky

Die junge Dame sieht entspannt aus, tiefenentspannt, wenn man es genau nimmt. Sie sitzt mit einem weißen flauschigen Handtuch umhüllt in einer Infrarotkabine. Und sie wird - im gebührenden Abstand natürlich - bestaunt, fotografiert, aber auch mit Kopfschütteln bedacht.

Denn die nette Dunkelhaarige sitzt nicht etwa zu ihrem Vergnügen in einer Wellnessoase im Grünen, sondern als Model hinter der Glasscheibe eines Reisemobils. Die Scheibe hat durchaus ihren Sinn, sonst könnten Besucher des Düsseldorfer Caravan Salons den Slogan der Firma Euro Mobil womöglich falsch interpretierten: "Der Reisemobilhersteller zum Anfassen".

Nach der Premiere der Gesundheitsmatratze mit Massageprogramm im Frühjahr geht Eura mit dem Einbau der Kabine einen Schritt weiter - und macht aus dem fast neun Meter langen Doppelachser Integra ein Spa-Mobil.

Nicht ganz so extrem, dafür aber serienmäßig setzen auch auffallend viele andere Hersteller verstärkt auf Entspannung und Wellness. Aber das leider auch oftmals nach dem Motto "Platz ist in der kleinsten Hütte". Große Bäder, auch wenn es deshalb zwischen Herd und Dusche ziemlich eng wird. Plüschige Schlaflandschaften, auch wenn man dann am Esstisch leicht unbequem sitzt.

Viel Komfort also auf wenig Platz. Das ist der klare Trend bei den Neuheiten auf dem umkämpften Markt der Freizeitfahrzeuge. Etliche Firmen, die auf der am Sonntag zu Ende gegangenen weltgrößten Caravanmesse rund 1800 Wohnwagen und Reisemobile für die kommende Saison präsentierten, haben ihr Modellprogramm erweitert. Die breitere Palette soll, hoffentlich, eine breitere Käuferschicht mobilisieren.

Denn die Hersteller müssen künftig auch die Klientel für den Urlaub in den eigenen vier Wänden auf zwei, vier oder sechs Rädern gewinnen, die für die einstmals billigste Art des Reisens (lang, lang ist's her) bisher nur wenig oder gar nichts übrighaben. Denen muss vermittelt werden, dass Caravaning die großen Tourismusthemen wie Gesundheit, Wellness, Individualität und Mobilität bedient.

Junge Einsteiger will man locken

Denn der Markt der überzeugten Camper ist seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, ziemlich ausgereizt. In Deutschland waren am 1. Januar 2011 mehr als 330.000 Wohnmobile und knapp 560.000 Wohnwagen zugelassen, wobei seit Jahren das Pendel in Richtung Reisemobil ausschlägt.

Ganz vorn in der Gunst der Käufer liegen inzwischen die Teilintegrierten. Sie haben den Alkoven mit seinen wulstigen Bettenaufbauten über dem Führerhaus deutlich den Rang abgelaufen. Für die flache, elegante Aufbauart haben sich im vergangenen Jahr rund 37 Prozent der Reisemobilkäufer entschieden. Vor allem in diesem Segment bieten die Hersteller deshalb neue Modelle und Grundrisse an - immer besser auf die Bedürfnisse von Paaren und Familien abgestimmt.

Unzählige Varianten gibt es in der neuen Saison in der inzwischen fast unüberschaubaren Vielfalt an Modellen von Adria bis Westfalia. Auch Originelles ist darunter wie die elektrisch hochklappbare Seitenwand beim Chausson Sweet - da sitzt man drinnen fast draußen. Oder das Schrankbett, das Hobby für einige seiner Modelle adaptiert hat.

Im Blick haben die Mobilbauer dabei vor allem neben jungen Einsteigern auch ältere Umsteiger. Paare wie Günter und Uschi Kriesche aus Bensheim (Bergstraße) beispielsweise, die sich auf der Düsseldorfer Messe umschauten. Auf den Wohnwagen soll nun doch ein Wohnmobil folgen.

Gefragt ist eine handliche, wendige Behausung auf vier Rädern - "ohne Samt, Plüsch und Pleureusen", wie die Dame des Hauses die Innenausstattung vorgibt. Für Ehemann Günter sind kompakte Abmessungen für enge Kurven und schmale Straßen wichtiger - "schließlich wollen wir die inzwischen zahlreichen Wohnmobilstellplätze in den Innenstädten auch problemlos ansteuern können".

Ausgeguckt haben sich die beiden in dem großen Angebot zwei Fahrzeuge, die sie am meisten überzeugt haben. Der neue Ixeo time it 585 von Bürstner kommt tagsüber ganz ohne Bett aus, im Heck ist stattdessen die Küche quer angeordnet. Am Abend dann kommt das Bett vom Himmel: Es wird über die Sitzgruppe gezogen und bietet gut erreichbar reichlich Platz für zwei. Bürstner selbst erhebt die Schlichtheit dieser Modellreihe zum Programm: "Hier haben Puristen ihre Freude."

Kompaktheit ist Trumpf

Das Bett an seinem angestammten Platz gelassen hat der Profila T P 650 EB von Eura Mobil - im Heck auf der Garage. Nicht so hoch wie bei vielen anderen Anbietern und damit auch in vorgerücktem Alter bequem zu erklimmen. Und das kleine Modell bringt alles unter, was man so braucht, um in einem Homemobil Urlaub zu machen. Und das ohne Frostgefahr im Winter: Als einziger seiner Klasse bietet er einen beheizten und isolierten Doppelboden.

Kompaktheit ist Trumpf - und damit geht vor allem bei den Modellen zwischen 45.000 und 65.000 Euro auch eine neue Leichtigkeit einher. Dies hilft der Umwelt, weil der Spritverbrauch sinkt. Doch der Umweltgedanke allein hat die Hersteller nicht auf die Idee gebracht, auf Fahrzeuge mit weniger als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht zu setzen - und wenn es nur wenige Gramm sind.

Es geht um die junge potentielle Kundschaft. Die darf nämlich, anders als die Älteren, mit ihrem Pkw-Führerschein diese magische Grenze nicht überschreiten. "Man kann heute nicht mehr ohne Rücksicht auf Kosten und Gewicht entwickeln", sagt Rainer Ritz, Geschäftsführer von Hobby. Das gilt nicht nur für Mobile, sondern wegen der neuen Führerscheinklassen auch für Wohnwagen.

Wer's ganz einfach mag, kann ohne Rücksicht auf Führerscheinklassen grenzenlose Freiheit auf dem eigenen Auto genießen. Die bei Expeditionen bewährten Dachzelte werden für Urlaub oder Wochenendausflug immer beliebter.

Auf der Messe waren die Anbieter, vor allem die Italiener mit ihren Hartschalenversionen, von jungen Camping-Enthusiasten umlagert. Dieser Urlaub auf dem Gepäckträger geht aber nur, wenn man seinem Wagen auch noch aufs Dach steigen kann - und darf.

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