Caravan-Salon Düsseldorf:Der Sprinter sprintet los

Caravan-Salon Düsseldorf: Mercedes und VW wollen das Campingsegment keinesfalls Fiat allein überlassen.

Mercedes und VW wollen das Campingsegment keinesfalls Fiat allein überlassen.

(Foto: Hymer)

Bei den Reisemobilen deutet sich eine neue Vielfalt der Basisfahrzeuge an: Die Konkurrenz will den Fiat Ducato vom Spitzenplatz verdrängen.

Von Marco Völklein

Was für die Deutschen der VW Bulli ist, das ist für die Franzosen der Citroën Typ H. Der kantige Kleintransporter mit der Wellblechhaut wurde von 1948 bis in die Achtzigerjahre hinein gebaut - und vielseitig eingesetzt: Bauern lieferten mit dem Fronttriebler ihr Gemüse in die Stadt, Feuerwehrleute eilten damit zu Rettungseinsätzen. Und auch bei Campern war der wegen seiner charakteristischen Front auch "Schweinenase" genannte Kleinlaster beliebt: Wie sein deutsches Pendant, der Transporter von VW, so wurde auch der Typ H von seinen Besitzern meist liebevoll ausgestattet mit Schlafgelegenheit, Kochnische, Einbauschrank und vielem mehr. Fast 500 000 Fahrzeuge wurden gebaut.

In diesem Jahr nun lässt Citroën den Wellblechkastenwagen wieder zurückkehren auf die europäischen Campingplätze. Auf dem Caravan Salon in Düsseldorf, der Leitmesse der Branche, ist der neue Typ H zu bestaunen. Dieser basiert allerdings auf einem Citroën Jumper, der in weiten Teilen baugleich ist mit dem Fiat Ducato und dem Peugeot Boxer. Um aus dem Auto eine Wellblechbüchse zu machen, bekommt es eine Fiberglaskarosserie eines italienischen Herstellers, der Innenausbau mit zwei Schlafplätzen, Küchenblock und verschiedenen Badlösungen kommt vom Spezialisten Pössl.

Vielleicht verpassen die Franzosen ihrem Campingmobil auch deshalb eine wellige Außenhaut, weil sie merken, dass auch andere Hersteller verstärkt versuchen, mit ihren Modellen ins Campingsegment vorzudringen. Noch gibt Fiat mit dem Ducato hier den Ton an, schätzungsweise zwei von drei Reisemobilen entstehen auf der Fiat-Basis. Doch mittlerweile greifen immer mehr Aufbauhersteller auch auf andere Basisfahrzeuge zu.

So hat Mercedes seit Kurzem die dritte Generation seines Kleintransporters Sprinter im Angebot - und erstmals gibt es diesen nun auch mit Frontantrieb und als sogenannten Triebkopf, an den das Schneckenhausmodul angeflanscht werden kann. Ähnlich hat sich VW mit der bereits 2017 vorgestellten Neuauflage des Crafter positioniert. Beide Hersteller wollen das Campingsegment keinesfalls mehr Fiat allein überlassen.

Schließlich wächst der Reisemobilmarkt seit Jahren, und zwar durchaus kräftig. So rechnet der Herstellerverband CIVD in diesem Jahr damit, etwa 70 000 neue Reisemobile und Wohnanhänger zu verkaufen - das wären so viele wie noch nie. Wegen der niedrigen Zinsen rüstet sich unter anderem die Kernzielgruppe unter den Campern, die Gruppe der Menschen über 50, gerne mit neuen Fahrzeugen aus. Zudem sorge der Outdoortrend dafür, dass auch Jüngere Caravaning (wieder) für sich entdeckten, heißt es in der Branche.

46518 Fahrzeuge

haben die deutschen Hersteller von Wohnmobilen und -wagen im ersten Halbjahr 2018 abgesetzt. Das war nach Angaben des Branchenverbands CIVD der beste Halbjahreswert aller Zeiten. Besonders gefragt waren Wohnmobile: Hier wurden 30 997 neu zugelassen, im Segment der Wohnanhänger wurden 15 521 Neufahrzeuge registriert.

In Düsseldorf sind daher zahlreiche Wohnmobile auf neuen Basisfahrzeugen zu sehen. So bringt Hymer aus dem oberschwäbischen Bad Waldsee gleich mehrere Modelle auf Basis des neuen Sprinter, ebenso die Hersteller Dopfer, Frankia und CS Reisemobile. Mittelfristig könnte Hymer gar zum wichtigsten Abnehmer des Sprinter werden, hofft man in Stuttgart.

Auch der Aufbauhersteller Knaus aus Jandelsbrunn bei Passau überrascht mit einem völlig neuen Basisfahrzeug: Die Niederbayern setzen auf den Kleinlaster TGE von MAN, der in etwa baugleich ist mit dem neuen VW Crafter. Die Van TI Plus genannte Baureihe kann mit Panoramaglasdach ebenso ausgestattet werden wie mit einem Allradantrieb für unwegsame Pfade.

Andere Aufbauer wie Challenger und Chausson vertrauen hingegen weiter auf den Ford Transit, Ahorn aus dem pfälzischen Speyer baut ausschließlich auf Renault Master. Ford selbst präsentiert in Düsseldorf eine überarbeitete Version seines beliebten Campingbusses Nugget. Dessen Motor erfüllt nun die Euro-6-Abgasnorm, dem Fahrer stehen auf Wunsch zusätzliche Assistenzsysteme zur Verfügung.

Auf den VW Crafter wiederum setzt unter anderem Reimo mit einem voll ausgestatteten, etwa sechs Meter langen Kastenwagen. Der Hersteller Schwabenmobil hat seinen VW so ausgebaut, dass sich ein Rollstuhlfahrer über einen per Fernbedienung zu steuernden Lift ohne fremde Hilfe aus dem Fahrzeug heben lassen kann. Mit Spannung erwartet wird in Düsseldorf der Grand California von VW, ein Sechs-Meter-Campingbus auf Crafter-Basis. 2017 hatten die Wolfsburger eine erste Studie des Neuen vorgestellt, damals noch vollgestopft mit so vielen Extras, dass Branchenbeobachter den Preis für die Studie im sechsstelligen Bereich verorteten. Nun kommt wohl eine abgespeckte Variante mit Nasszelle, Küche, großem Schlafbereich im Heck und einem Hochbett für Kinder. Über den Preis wollte VW vor Redaktionsschluss dieser Seite nicht reden. Der soll erst auf der Messe gelüftet werden.

Ohnehin ist Camping alles andere als billig. Der Durchschnittspreis für neue Reisemobile lag im vergangenen Jahr nach Angaben des Branchenverbands bei über 71 000 Euro. Für einen Wohnanhänger gaben die Käufer im Durchschnitt knapp 20 000 Euro aus.

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