Campingbus im Test:Allzweckfahrzeug mit Wohnbereich

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Der Pössl Campster auf Citroën-Basis ist nicht frei von Schwächen. Aber er ist pfiffig, günstig und auch im Alltag zu gebrauchen.

Von Marco Völklein

Das rote, kreisrunde Warnschild mit der Angabe "maximal zwei Meter Höhe" prangt groß und unübersehbar an der Einfahrt zur Tiefgarage. Der Fahrer stoppt kurz, schluckt - und tastet sich dann doch mit dem Fahrzeug ganz langsam voran. Schafft das Auto das wirklich? Immerhin: Bei der Abholung beim Hersteller Pössl in Bad Ainring in der Nähe zur deutsch-österreichischen Grenze haben sie einem ja noch hoch und heilig versichert: Der Campster passt in fast jede Tiefgarage, auch in solche mit nur zwei Metern Einfahrtshöhe. Also, machen wir den Test: Knirscht es am Dach, wenn wir da jetzt mit dem Auto reinsteuern?

Nein, das Fahrzeug übersteht auch diese Probe ohne Kratzer. Und beweist damit, warum viele Camping-Fans auf die kleinen, kompakten Campervans stehen, auf Fahrzeuge wie den California auf Basis des VW Transporters oder des Marco Polo auf Basis der Mercedes V-Klasse. Diese haben nämlich einen entscheidenden Vorteil: Sie bieten genügend Platz und (Camping-)Ausstattung, um damit ein Wochenende oder auch mal längere Zeit auf einem Campingplatz zu verbringen. Zugleich sind sie aber auch so alltagstauglich, dass sie für die Fahrt zum Supermarkt oder den täglichen Weg in die Arbeit taugen.

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Auch wenn der Branchenverband CIVD keine konkreten Zahlen zu dem Segment der kleinen Campingbusse nennen kann, Branchenkenner berichten, dass die kompakten Busse äußerst gefragt sind. Wie ja ohnehin fast alles, was aus der Campingbranche kommt. Die Hersteller von Reisemobilen und Wohnwagen jedenfalls vermelden seit Jahren Rekordabsatzzahlen. Mit dem kompakten Campster mischt nun seit etwa einem Jahr auch der Hersteller Pössl im Markt der kompakten Campingbusse mit.

Bislang wurden nach Firmenangaben etwa 1000 Stück davon abgesetzt. Bei Pössl werten sie das als "beachtliche Menge", zumal die Firma gegen so etablierte Konkurrenten wie den California von VW antritt. Um dem Paroli bieten zu können, setzt Pössl vor allem auf den Preis: Den Campster gibt es in der Basisversion mit 1,6-Liter-Dieselmotor und 95 PS für weniger als 40 000 Euro - sie ist damit 10 000 bis 15 000 Euro günstiger als ein California in nahezu vergleichbarer Ausstattung.

Innen überzeugt der Campster durch Flexibilität

Als Basis dient der Spacetourer von Citroën, der eng verwandt ist mit dem Kleintransporter Jumper. Dessen Nutzfahrzeug-Gene sind kaum zu spüren: Der Campster fährt sich agil und komfortabel, fast wie ein Pkw. Vom erhöhten Fahrersitz aus hat man einen guten Überblick, enge Gassen meistert der Campster locker. Sicherheits- und Assistenzsysteme können (gegen Aufpreis) in ausreichender Zahl geordert werden. Der Verbrauch lag beim Testfahrzeug mit 2,0-Liter-Motor und 150 PS bei sieben Litern auf 100 Kilometer.

Im Wohn-, Ess- und Schlafbereich überzeugt der Campster - nicht zuletzt durch seine Flexibilität. So lässt sich etwa der an der linken Längsseite angeordnete Küchenblock bequem ausbauen, um damit im Freien oder in einem Vorzelt zu kochen. Und wer am Wochenende zum Möbelhaus fährt und dort die Schrankwand einlädt oder die halbe Fußballmannschaft seiner Kinder zum Turnier karrt, freut sich ebenfalls über den so gewonnenen Stauraum. Zudem sind neben der Zweiersitzbank, die zur Schlafstatt umgeklappt werden kann, weitere Sitzmöbel erhältlich, die in mehreren Varianten im Innenraum angeordnet werden können.

Schlafstätte mit Panorama-Ausguck

Schlafen lässt sich im Campster gut, zumindest im Oberdeck. Das Klappdach ist schnell aufgestellt, sofern man sich mit den anfangs etwas fummeligen Spannriegeln und Steckverschlüssen arrangiert hat. Die Sitzbank unten lässt sich leider nicht zur vollkommen ebenen Liegefläche umklappen, eine (für 399 Euro erhältliche) Matratzenauflage sollte man deshalb mit an Bord nehmen. Ein pfiffiges Detail ist die Zeltwand des Aufstelldachs, die sich im vorderen Bereich per Reißverschluss öffnen lässt: Damit entsteht eine Art Panorama-Ausguck, der vor allem bei kleinen Mitreisenden gut ankommen dürfte.

Die lässt man ohnehin am besten oben schlafen, weil der Aufstieg über die Vordersitze für den ein oder anderen Älteren etwas mühsam sein kann - da fehlt schlicht eine kleine Leiter. Fahrer und Beifahrer würden sich auch über eine zweite Armlehne freuen, zudem wäre es ein nettes Detail gewesen, wenn die Ingenieure das separat ausklappbare Heckfenster so konstruiert hätten, dass es sich nicht nur von außen, sondern auch von innen öffnen ließe. Im Vergleich zu einigen Konkurrenten ist zudem der Kühlschrank etwas zu klein ausgefallen; auch der Schrank im Heck lässt sich beispielsweise beim California deutlich besser erreichen. Der Stauraum an sich ist aber ausreichend dimensioniert.

Im Großen und Ganzen also ist der Campster ein durchdachtes Allzweckfahrzeug für Reise wie Alltag. Und einen separaten Stellplatz, etwa um ihn über den Winter zu bringen, muss man auch nicht anmieten. Der Campster passt ja in die heimische Garage.

© SZ vom 23.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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