Süddeutsche Zeitung

Cabrios von Renault:Flirt auf französisch

Ein geschlossenes Dach? Für Franzosen ist das ein unnötiges Flirt-Hindernis. Bei Renault galt lange Zeit die Devise: Je offenherziger, desto besser. Eine Geschichte über Strandflitzer, schicke Roadster und schöne Frauen.

Ein geschlossenes Dach? Für Franzosen ist das ein unnötiges Flirt-Hindernis. Bei Renault galt lange Zeit die Devise: Je offenherziger, desto besser. Eine Geschichte über Strandflitzer, schicke Roadster und schöne Frauen. Wenn jemand vor Freude Luftsprünge vollführt, heißt das im Französischen "cabrioler". Das Wort wird im 18. Jahrhundert geboren, als in Paris kleine zweirädrige Kutschen groß in Mode kommen. Diese "Cabriolets" sind nämlich so leicht, dass sie auf dem holprigen Kopfsteinpflaster auf und ab hüpfen. Im Bild (v.l.n.r. im Uhrzeigersinn): Renault Mégane CC (weiß), Renault Spider (blau), Renault R5 Cabrio (rot), Renault R4 Plein Air (orange), Renault Wind (silber)

Als Louis Renault 1898 seine "Voiturette" vorführt, sitzt er natürlich auch unter freiem Himmel - wie bei fast allen Benzinkutschen der ersten Stunde. Das Cabriolet ist quasi der Urzustand des Automobils, das Dach kommt später. Im Bild: Renault Voiturette

1901 hat der Renault 4 CV nicht nur einen Köcher für Golfschläger, sondern auch ein praktisches Klappverdeck im Angebot. Als in den zwanziger Jahren immer mehr Limousinen erscheinen, werden Cabriolets zu luxuriösen Spaß-Kreuzern für die Oberschicht. Renault schickt in der goldenen Epoche der Düsenbergs Modelle wie den "Nervasport" oder "Reinasport" ins Rennen, bestückt mit kräftigen Achtzylindermotoren. Im Bild: Renault Nervasport

Doch das Volk verlangt nach erschwinglichen Freiluft-Flitzern. 1949 wird der 4 CV, im Volksmund "Cremeschnittchen" genannt, mit Faltdach zum "Décapotable" und bringt ein paar Sonnenstrahlen in die tristen Aufbaujahre nach dem Krieg. 1959 folgt das bislang berühmteste Renault-Cabriolet: Der italienische Designer Pietro Frua kreiert den kleinen Floride. Basis ist das erfolgreiche Modell Dauphine. Im Bild: Renault Floride

Basis ist das erfolgreiche Modell Dauphine. Das Ergebnis ist zwar nicht so elegant wie ein Alfa Romeo Spider oder Jaguar XK, doch das klar gezeichnete Cabrio hat neben dem versenkbaren Faltdach ein optionales Stahl-Hardtop zu bieten, genau wie die amerikanische Corvette. Tatsächlich kann man den Floride sogar in den USA kaufen, wo er "Caravelle" getauft wird. Im Bild: Renault Floride

Für das Marketing setzen die Franzosen auf ein altbewährtes Rezept - schöne Frauen in aufreizenden Posen: Die Leinwandgöttin Brigitte Bardot lässt sich in einem Floride fotografieren.

Brigitte Bardot im Renault Floride

In Deutschland übernimmt 1961 "Miss Germany" Marlene Schmidt diesen Part für den Renault Floride.

Mit knapper Kleidung und Bikinis verbindet man auch eine andere Renault-Ouverture - den R4 Plein Air von 1969. Im Bild: Renault R4 PleinAir

Hatte man den normalen R4 bei der Präsentation 1961 noch als "höchste Evolutionsstufe des Regenschirms" verballhornt, zucken die Designer nur mit den Schultern und kürzen beim ... Im Bild: Renault R4 PleinAir

... Cabrio das Dach radikal weg. Das spartanische Auto für Surfer und Blumenkinder verzichtet sogar auf Türen, damit beim Fahren die Oberschenkel knackig braun werden. Im Bild: Renault R4 PleinAir

Der etwas andere "Regenschirm": Renault R4 PleinAir

Treffen der Generationen: Renault R4 PleinAir und Renault Wind (rechts)

Kurz nach dem Plein Air schiebt Renault den Rodéo nach. Der Strandflitzer mit offener Kunststoffkarosse hat große Ähnlichkeit mit Citroëns Mehari. Die Frontscheibe kann man nach vorn umklappen und die klapprigen Türen ganz aushängen. Eine filigrane Strebenkonstruktion mit flatternder Segeltuchplane sorgt dafür, dass man bei Regen etwas weniger nass wird als draußen. Aber wen stört das schon in einer Zeit, in der viele nach dem Rauchen mehr Farben sehen als üblich. Im Bild: Renault Rodéo

1986 holt der Renault 5 das Cabriolet vom Strand wieder in die Stadt zurück. Während der offene VW Golf mit Schutzbügel zum "Erdbeerkörbchen" wird, verzichtet der R5 auf den Henkel. Zur Serienfertigung kommt es aber nicht, es entstehen mit offiziellem Segen nur ein paar Exemplare in Belgien. Der Wagen bleibt nicht das einzige ... Im Bild: Renault R5 Cabrio

...  "Custom Car": 1976 kreiert ein Künstler den R5 Cacharelle mit Stoffverdeck in psychedelischen Farben, in den achtziger Jahren schneidet ein deutscher Händler dem Sportcoupé Fuego das Dach ab, und sogar aus dem berühmten Renault 16 machen Bastler ein Cabriolet. Im Bild: Renault 16 Cabrio Eigenbau

Futter für Visionen liefert Renault immer wieder selbst mit Studien wie dem Flügeltürer-Cabrio Nepta, dem ... Im Bild: Renault Nepta

... Laguna Roadster oder dem futuristischen Strandflitzer Zo. Zur Serienfertigung fehlt den Franzosen aber meist der Mut, auch der ... Im Bild: Renault Laguna Roadster

... Spider von 1995 bleibt die Ausnahme. Freiluft-Fans bekommen trotzdem ihr Futter mit Modellen wie dem Renault 19 Cabriolet und dessen Nachfolger Mégane. Der bekommt 2003 als Coupé-Cabriolet sogar ein versenkbares Panorama-Glasdach. Im Bild: Renault Spider

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