Die Welt ist eine Scheibe, zumindest aus Sicht der Hybrid-Entwickler. Rund zehn Zentimeter Platz zwischen Motor und Getriebe genügen, um Vierzylinder in gefühlte Sechszylinder zu verwandeln. Selbst Luxuslimousinen und Geländesportler lassen sich standesgemäß vorantreiben, wenn ein scheibenförmiger Assistenzmotor die Antriebslücke füllt. Die drehmomentstarke E-Maschine kann vier Hubkolben besonders beim Anfahren helfen, die Energie dafür erzeugt sie als Generator im Schubbetrieb.
100 PS Leistung pro Liter Hubraum
Was auf den ersten Blick wie das Ei des Kolumbus zu sein scheint, funktioniert tatsächlich und hilft schweren Fahrzeugen besonders im Stadtverkehr, Sprit zu sparen: Mercedes hat vor kurzem in Detroit die Studie eines S 300 Bluetec Hybrid vorgestellt. Hinter dem Kürzel verbirgt sich nicht der gewohnte Sechszylinder, sondern ein zweistufig aufgeladener Vierzylinder mit 2,2 Liter Hubraum. Trotz einer Systemleistung von 165kW (224PS) soll die S-Klasse nur 5,4 Liter Diesel pro 100 Kilometer verbrauchen.
BMW nennt ähnliche Zahlen für ein X5 Konzeptfahrzeug, das auf dem Genfer Automobilsalon zu sehen sein wird. Der BMW Vision Efficient Dynamics kommt auf ein maximales Drehmoment von 610 Nm, obwohl unter der Haube nur vier Zylinder werkeln. 210 Newtonmeter steuert der Batterieantrieb bei, der Rest stammt vom Variable Twin Turbo aus dem BMW 123d.
Bei 2000 bar Einspritzdruck erreicht der quicklebendige 2,0-Liter-Diesel erstmals mehr als 100 PS Leistung pro Liter Hubraum. Zusammen mit 15 kW (20 PS) aus der E-Maschine genügt die Kraft, um den Allrad-Koloss in 8,9 Sekunden aus dem Stand auf 100km/h zu bringen. Viel besser kann es auch der Sechszylinder-Diesel nicht.
Wir werden also umdenken müssen. Von 2010 an wird der Vierzylinder-Hybrid bei Mercedes zu den Motorisierungen der Luxusklasse gehören. Kurz nach der S-Klasse soll der nächste BMW Siebener mit der Elektro-Scheibe starten, um Kraftstoff zu sparen und CO2-Strafsteuern zu vermeiden. BMW nennt 6,5 Liter Diesel als Durchschnittsverbrauch je 100 Kilometer - fast zwei Liter weniger als beim aktuellen X5 3.0d.
Der windschnittige und etwas leichtere BMW Siebener der nächsten Generation wird als Hybrid wie der Mercedes eine fünf vor dem Komma tragen. "Die zweistufige Aufladung plus Hybridantrieb sorgt für hohe Drehmomente aus dem Stand. Dadurch können wir die Diesel-Hybride länger übersetzen, was sich beim Verbrauch sehr positiv bemerkbar macht", sagt Leopold Mikulic, Leiter der Mercedes-Antriebsentwicklung.
Die wichtigste Frage: Wird's teuer?
Während BMW und Mercedes die Dieselmotoren getrennt entwickeln und produzieren, greifen die Kooperationspartner bei Hybridmodulen auf dieselben Komponenten zurück. Die kompakte E-Maschine und die direkt ans Getriebe angeflanschte Leistungselektronik werden von Continental beigesteuert. Zulieferer der Lithium-Ionen-Batterien sind Johnson Controls zusammen mit dem französischen Unternehmen Saft. In drei bis vier Jahren soll die neu erbaute Fabrik für Hochleistungsakkus im französischen Nersac eine Jahreskapazität von 100.000 Batterien erreichen - wenn jede Oberklasse-Baureihe von BMW und Mercedes mindestens ein Hybridmodell offeriert.
Fragt sich nur, was die Spritsparer kosten werden. Zum Preis des teuren Hightech-Diesel addieren sich die 120-Volt-Komponenten für das Stromspeichern und Elektro-Boosten. Parallel bleibt ein konventionelles Zwölf-Volt-Bordnetz samt AGM-Bleibatterie im Einsatz, um die kostengünstige Standardelektronik weiter verwenden zu können. Die Hybride werden also zunächst ein Zuschussgeschäft für die Hersteller bleiben. Erst mit der Großserie könnte sich die neue Antriebstechnik mittelfristig bezahlt machen.