BMW und Peugeot:Ende der Beziehung

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BMW-Chef Norbert Reithofer und Peugeot-Primus Philippe Varin wollten bei Elektroautos zusammenarbeiten. Doch jetzt ist es mit der Liebe vorbei. Die Franzosen gehen anstelle dessen eine Liaison mit dem US-Konzern General Motors ein.

Thomas Fromm

Die beiden Männer auf der Bühne des Hotels am Rande der Genfer Innenstadt sind so unterschiedlich wie die Autokonzerne, für die sie stehen. Und doch geben BMW-Boss Norbert Reithofer, 56, und sein Kollege Philippe Varin, 59, vom französischen Rivalen PSA Peugeot Citroën an diesem Februartag des Jahres 2011 alles. Lächeln, schütteln Hände, umarmen sich. Der Franzose nennt den Bayern "Norbert". Der Bayer sagt: "Das ist eine echte Partnerschaft." "Ich bin sehr glücklich", antwortet der Franzose.

Kooperationen in der Autobranche
:Mobile Dreiecksbeziehung

Suzuki will nicht mehr mit VW, dafür aber BMW mit Peugeot und Peugeot wiederum mit Ford, Ford allerdings nicht mehr mit Land-Rover, das früher zu BMW und heute zu Tata gehört ... Mit Kooperationen und Fusionen versuchen Autokonzerne, neue Märkte zu erschließen, Produktionskosten zu senken und Technologie einzukaufen. Doch nicht immer gelingt die Zusammenarbeit. Ein Überblick über die wichtigsten Verbindungen.

Der Münchner Hersteller von Oberklasse-Autos und der französische Massenproduzent hatten schon viel zusammen gemacht. Bei Motoren zusammengearbeitet, gemeinsam entwickelt, eingekauft, produziert. Der Mini zum Beispiel - er fährt mit PSA-Motoren. Eine lockere Beziehung, wie sie unter Autoherstellern gang und gäbe ist. Nun aber war alles anders: Deutsche und Franzosen planten gemeinsam ihre Zukunft. Sie gründeten ein Gemeinschaftsunternehmen für Hybrid- und Elektroautos, das "BMW Peugeot Citroën Electrification" hieß und versprachen sich gegenseitig Investitionen von 100 Millionen Euro.

Zwei Partner, ein Projekt: Forschung und Entwicklung des neuen Unternehmens sollte nach München kommen, die Produktion für die Technologie der Zukunft 2014 im elsässischen Mulhouse anlaufen. Deutsche und Franzosen, beide waren nun beim wichtigsten automobilen Zukunftsprojekt vereint. Ginge es nicht um Autos, sondern um menschliche Beziehungen, könnte man sagen: Es war der Tag, an dem sich Reithofer und Varin im Genfer Mövenpick-Hotel vielleicht nicht die Ehe, aber doch zumindest eine Art Lebensabschnittspartnerschaft versprachen. Gemeinsame Wohnung in Frankreich inklusive.

PSA konnte den Annäherungsversuchen von General Motors nicht widerstehen

Alles wäre perfekt gewesen. Wäre nicht im Februar dieses Jahres ein Dritter mit ins Spiel gekommen. Sein Name: Dan Akerson, Chef des US-Autokonzerns General Motors (GM). Die Amerikaner flirteten, bandelten mit den klammen Franzosen an, gaben ihnen Geld, und versprachen ihnen am Ende mehr als die Münchner. Und so steht, nach nicht einmal anderthalb Jahren, die deutsch-französische Beziehung vor dem Aus. Das große Glück von Norbert und Philippe, das Versprechen von Genf - vergessen.

Die Amerikaner sind mit sieben Prozent bei PSA eingestiegen; das neue Paar verkündete eine "weltweite strategische Allianz" mit gemeinsamem Einkauf, technischer Kooperation und allem, was man braucht für eine große Autoehe. Nun war GM der zweitgrößte Aktionär der Franzosen; nach der Familie Peugeot. Akerson, der Amerikaner, sprach von "enormen Chancen" für beide Unternehmen. PSA-Chef Philippe Varin sprach da nur von einem "hochinteressanten Moment" - womöglich dachte er in diesem Moment auch an seine Beziehung mit den Bayern.

Es ist so in der Autoindustrie: Um Kosten zu sparen und möglichst günstig und effizient neue Technologien zu entwickeln, tun sich die Hersteller zusammen. Jeder mit jedem, mal für kurz, mal für länger, und mal nur für besondere Anlässe wie einen Hybridantrieb. Es ist, wenn man so will, eine äußert promiskuitive Branche. Auch GM und BMW sprachen noch vor kurzem über eine gemeinsame Kooperation bei Brennstoffzellen, bei denen mit Wasserstoff Elektromotoren angetrieben werden.

Und doch fragten sich viele, ob das PSA-Modell funktioniert. Eine neue Beziehung mit GM, dazu die Romanze mit den Deutschen - konnte das gut gehen? "Ich habe mit Norbert darüber diskutiert", sagte Varin vor einiger Zeit. Dieser meinte noch Anfang Mai, es sei zu früh, um über die Auswirkungen der GM-PSA-Allianz auf BMW zu sprechen. PSA, so heißt es nun aus Konzernkreisen, wolle sich aus dem Joint Venture zurückziehen. Ein PSA-Sprecher sagt, es sei klar, "dass die Allianz die Bedingungen unserer Partnerschaft verändert". BMW dagegen will weitermachen. Nicht unbedingt mit den Franzosen, aber mit den Projekten. "Wir halten an dem Projekt fest - egal, was PSA macht", heißt es in München. "Für uns bleibt der elektrische Antrieb ein Schlüsselthema, ganz unabhängig von PSA."

Hinter den Kulissen wird nun hart verhandelt. Es geht um die Details des Scheidungsvertrages für eine Ehe, die noch gar nicht so richtig begonnen hatte. Im Kern geht es um die Frage, wer was zahlt, wenn der eine aussteigt, weil er sich mit jemand anderem verbündet. Und der alte Partner dessen Anteile am gemeinsamen Haus übernehmen muss.

Wie im richtigen Leben

Es geht, wie im richtigen Leben, um simple Eifersucht, aber auch um geheime Technologien und um handfeste Interessenkonflikte. GM, heißt es, sähe es nicht gerne, wenn sein Partner aus Frankreich mit den Premiumanbietern aus München liiert sei. Anders als der Partner BMW kann GM als PSA-Großaktionär seinen Wünschen auch direkt Nachdruck verleihen. Aber auch bei BMW kann man sich offenbar nicht mehr vorstellen, seine Forschungslabors mit den Franzosen zu teilen, wenn diese mit den Amerikanern - zu denen auch der Rüsselsheimer Hersteller Opel gehört - gemeinsame Sache machen. Noch dazu, wenn es stimmt, was französische Zeitungen berichten: Dass Philippe Varins Tage bei PSA gezählt sind. Angeblich soll seine GM-Allianz der Eigentümerfamilie Peugeot überhaupt nicht gefallen.

In München ist man ohnehin beunruhigt über die finanzielle Lage bei den Franzosen. Der angeschlagene Hersteller hatte im Mai fast 20 Prozent seines Absatzes verloren. Anders als der globale Premiumbauer BMW hängt PSA am europäischen Markt, und hier geht es vor allem: abwärts. BMW dagegen rast von Rekord zu Rekord. PSA und BMW - wahrscheinlich waren sie für eine langfristige engere Beziehung doch zu unterschiedlich.

© SZ vom 22.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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