BMW-Superbike mit aktivem Fahrwerk:Schnell, sicher, teuer

Dank 26.000 verkaufter Einheiten ist die BMW S 1000 RR ein Kassenschlager. Auf ihrer Basis baut BMW nun den exklusiven Supersportler HP4 und führt das aktive Fahrwerk im Motorradbereich ein. Die Technik zähmt das Superbike, kastriert es aber nicht.

Thilo Kozik

Als BMW im Herbst 2009 mit der S 1000 RR sein erstes echtes Superbike präsentierte, konnte niemand ahnen, wie erfolgreich es sein würde - nicht nur auf der Rennstrecke, wo die RR viele nationale und internationale Meisterschaften einheimste. Wirtschaftlich wichtiger war das Rennen um die Käufergunst: Mit bislang 26.000 verkauften Einheiten hat sie die Nase unter den Supersportlern vorn.

Doch die Bayern gehen bereits den nächsten Schritt. Mit der rennsportlich orientierten HP4 präsentieren sie einen exklusiven Supersportler auf Basis der aktuellen S 1000 RR, der vor elektronischen Fahrhilfen nur so strotzt. Serienmäßig sind vom Renn-ABS über die Traktionskontrolle und den Schaltautomaten bis zu verschiedenen Fahrmodi alle technischen Leckerbissen des Basis-Bikes an Bord. Dazu kommt als Weltneuheit für Serienmotorräder ein semiaktives Fahrwerk, von BMW Dynamic Damping Control (DDC) genannt. Sensoren ermitteln dabei verschiedene Parameter wie Geschwindigkeit, Schräglage, Drosselklappenstellung und Federbeinlänge, die in einem separaten Rechner ausgewertet werden. Elektromagnetisch angesteuerte Regelventile passen die Dämpfung von Upside-down-Gabel und Federbein dem augenblicklichen Fahrmanöver sowie der Fahrbahnbeschaffenheit in Millisekunden dynamisch an. Das funktioniert so tadellos und präzise, dass auf der Rennstrecke fast zwangsläufig schnellere Rundenzeiten erzielt werden: Beim harten Anbremsen sorgt die HP4 selbständig mit härterer Dämpfung für mehr Stabilität, in Schräglage nimmt sie durch die weichere Abstimmung Fahrbahnstöße besser auf und beschert beim Wiederaufrichten wieder Fahrstabilität und Traktion.

Die Grundeinstellungen des DDC sind mit den vier über eine Taste am Lenker anwählbaren Fahrmodi für nasse Fahrbahn ("Rain"), Straße ("Sport"), Rennstrecke mit Supersportreifen ("Race") sowie Rennstre-cke mit Slicks ("Slick") verknüpft, genau so wie die Abstimmungen des ABS, der dynamischen Traktionskontrolle DTC und der Motorcharakteristik. Im Slick-Modus lassen sich die Gabeldämpfung sowie die Druckstufen- und Zugstufendämpfung des Federbeins über das voreingestellte Maß hinaus in je 14 Stufen anpassen, was im etwas überfrachteten Informationsdisplay angezeigt wird.

Der Motor wurde nur leicht modifiziert

Nur leicht modifiziert zeigt sich der Vierzylinder-Kraftprotz, der mit 193 PS und 112 Newtonmeter die Maximalwerte der S 1000 RR wiederholt. Die Änderungen betreffen eine am Kurvenausgang durchaus spürbare fülligere Leistungsabgabe im mittleren Drehzahlbereich. Mit Titanventilen, variablen Ansauglängen und elektronisch gesteuertem Drive-by-wire-System läuft der flüssigkeitsgekühlte Vierzylinder zur Bestform auf und schiebt gut dosierbar und schluckfrei an wie verrückt: Über Kuppen wird das Vorderrad leicht und man ist froh über den einstellbaren Lenkungsdämpfer, der die Front beruhigt.

Als adäquater Gegenpart entpuppen sich die Monoblock-Bremszangen von Brembo und das ABS, dem im Slick-Modus verfeinerte Regelimpulse eine höhere maximale Verzögerung ermöglichen. Im gleichen Modus kann die dynamische Traktionskontrolle DTC während der Fahrt durch Knopfdruck feiner justiert werden. Und weil die HP4 dazu fahrfertig mit 199 noch sieben Kilo leichter ist als die Basis-RR - kein Vierzylinder-Supersportler ist leichter -, biegt sie sehr verlässlich und erstaunlich handlich um die Ecken. So macht das Auskosten des gewaltigen Potenzials der Maschine nicht nur versierten Schnellfahrern jede Menge Spaß, denn die außerordentlich gut funktionierenden Regelsysteme geben allen HP4-Piloten viel Sicherheit und Vertrauen. Dabei zähmen sie den Megasportler, kastrieren ihn aber nicht.

Exklusiv wie die Technik sind nicht nur die auf der oberen Gabelbrücke eingravierten Seriennummern, sondern es ist auch der Preis von knapp 21.000 Euro - auch wenn die HP4 dafür bislang Einmaliges bietet. Das innovative Dämpfungssystem wird übrigens kein Privileg für Rennstreckennutzer bleiben: Das DDC ist so entwickelt worden, dass es ohne großen Aufwand beispielsweise in einen Tourer oder eine Reiseenduro verpflanzt werden kann.

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