E-Auto im Test:So schlägt sich der BMW i3 im Alltag

E-Auto im Test: Das Design ist nach wie vor umstritten, bei der Reichweite macht der elektrisch angetriebene Kleinwagen von BMW aber definitiv Fortschritte.

Das Design ist nach wie vor umstritten, bei der Reichweite macht der elektrisch angetriebene Kleinwagen von BMW aber definitiv Fortschritte.

(Foto: Wilfried Wulff / BMW)

Während die Konkurrenz noch tüftelt, hat BMW ein ausgereiftes E-Auto für die Stadt im Angebot. Doch in der Praxis zeigt sich: Beim Laden muss sich noch einiges tun.

Von Peter Fahrenholz

Gut möglich, dass sich die Konkurrenz lächelnd zurückgelehnt hat, als BMW im Jahr 2013 das erste kompakte Elektroauto, den i 3, auf den Markt gebracht hat. Die Reichweite war eher bescheiden, die Ladeinfrastruktur miserabel, die Dieselkrise noch weit entfernt. Heute lacht vermutlich keiner mehr. Denn während vor allem die deutsche Konkurrenz noch tüftelt und ihre neuen Elektroautos erst 2019 oder noch später auf den Markt bringt, hat BMW das, was andere gerne hätten: ein agiles, kompaktes E-Auto für die urbane Mobilität der Zukunft.

Und die Münchner haben die Zeit genutzt, um das Auto konsequent weiterzuentwickeln. Das gilt weniger für die Optik. Das Design hat von Anfang an polarisiert, entweder man mag es oder man findet das Auto hässlich. Vor allem die Türlösung ist gewöhnungsbedürftig. Die hintere Tür klappt gegen die Fahrtrichtung auf, aber nur, wenn die vordere Tür bereits geöffnet ist, denn der Gurt für die Passagiere vorne sitzt im Rahmen der hinteren Tür. Ob der Verzicht auf eine B-Säule nun dazu diente, Gewicht zu sparen oder eine Spielerei der Designer war, sei dahingestellt. Die Alltagstauglichkeit wird damit eingeschränkt, denn die Passagiere im Fond können nur ein- oder aussteigen, wenn die Vordertüren geöffnet sind. Die meisten Käufer stört das offenbar nicht. "Der überwiegende Teil der Kunden will zeigen, dass man ein etwas anderes Auto fährt", sagt Robert Irlinger, der Leiter der Produktlinie BMW i.

Beim Fahren macht das Auto richtig Spaß. Beim Laden eher weniger

Doch wichtiger als die Optik ist, was die Ingenieure beim Herzstück jeden E-Autos geleistet haben: der Batterie. Ihre Kapazität wurde zuletzt deutlich erhöht. Der i 3 hat jetzt einen 42,2 Kilowattstunden (kWh) starken Akku an Bord, die Reichweite hat sich dadurch laut Irlinger um 35 Prozent erhöht. BMW verspricht jetzt eine alltagstaugliche Reichweite von etwa 260 Kilometern. Die hängt natürlich, wie bei jedem E-Auto, vom Fahrstil und von stromfressenden Nebenverbrauchern wie Heizung oder Klimaanlage ab. Zwar zeigt der Bordcomputer an, wie viel zusätzliches Potenzial zur Verfügung steht, wenn die Nebenverbraucher abgeschaltet werden. Die Reichweite springt dann kräftig nach oben. Aber im Winter die Heizung abzuschalten, um Kilometer zu schinden, ist vermutlich nur für hart gesottene Fahrer eine Option.

Der SZ-Testwagen zeigte im winterlichen Fahrbetrieb mit 20 Grad Celsius im Innenraum eine maximale Reichweite von etwa 225 Kilometern an, bei moderater Fahrweise. Auch das reicht aber bei einem Auto, das nicht für Langstreckenfahrten auf der Autobahn, sondern für den urbanen Verkehr konzipiert ist, locker aus. Damit ist beim neuen i 3, zumindest für den städtischen Bereich, eines der drei zentralen Probleme gelöst, das Autofahrer davon abhält, auf ein E-Auto umzusteigen: die mangelhafte Reichweite.

Das gilt aber nur, wenn auch das zweite Problem gelöst wird: die Ladeinfrastruktur. Ein mehrtägiger Selbstversuch in München und Umgebung mit dem i 3 fiel zwiespältig aus. Zwar ist hier die Zahl der Ladesäulen stark gewachsen, weil vor allem die Stadtwerke aufgerüstet haben. Das Navigationssystem des i 3 zeigt die Ladepunkte im Stadtgebiet zuverlässig an, die freien sind mit einem grünen Punkt markiert. Und selten sind es mehr als zwei, drei Kilometer bis zum nächsten grünen Punkt.

Doch was nützt der grüne Punkt, wenn die Ladesäule dann entweder zugeparkt ist oder irgendeinen technischen Defekt hat? Mal wird die Ladekarte nicht erkannt, mal der Ladevorgang ständig wieder abgebrochen, mal ist der Steckeranschluss kaputt. Und mal liegt die Säule in einer öffentlichen Parkgarage, wo zusätzlich noch Parkgebühren anfallen. Den Vogel auf der Ladesäulen-Rallye schoss dabei BMW selber ab: Das Navi zeigte einen grünen Punkt auf dem Gelände einer großen BMW-Niederlassung im Münchener Norden an. Ein konkretes Hinweisschild gab es nicht, aber der Pförtner wies freundlicherweise den Weg. Und tatsächlich, irgendwo versteckt im Innenhof stand die Säule, und es war sogar eine 50-kW-Schnellladesäule, mit der sich der Akku in etwa 40 Minuten von null auf etwa 80 Prozent aufladen lässt. Leider war sie zugeparkt, aber das Ladekabel reichte glücklicherweise zwischen den Autos hindurch bis in die zweite Reihe. Doch die BMW-Ladesäule akzeptierte die BMW-Ladekarte nicht.

Während man die Karte wiederholt mit sinkendem Optimismus vor den Scanner hielt, sinnierte man darüber, warum es die Politik bisher nicht geschafft hat, ein europaweit einheitliches, simples Bezahlsystem für Ladesäulen zu schaffen. So wie bei den Geldautomaten: Man führt seine Karte ein, tippt die Pin-Nummer ein, und wenn die Ladeverbindung wieder getrennt wird, zeigt die Säule den Betrag an, und die Summe wird vom Konto abgebucht. Könnte so einfach sein.

Gerade im Stop-and-Go-Verkehr in der Stadt spielt der Kleinwagen seine Stärken aus

Bleibt als drittes K.o.-Kriterium der Preis. Solange Elektroautos deutlich teurer sind als vergleichbare Verbrenner, sind sie für die meisten Kunden keine Alternative. Der i 3 kostet in der Standardversion 38 000 Euro, die Sportversion i 3s beginnt bei 41 600 Euro. Beim SZ-Testwagen summierten sich die diversen Extras auf einen Endpreis von 50 100 Euro. Das ist happig, allerdings lässt sich BMW seinen Premium-Anspruch auch bei allen anderen Modellen entsprechend bezahlen. Und der Preis relativiert sich wieder etwas, wenn man die Konkurrenz anschaut. Denn die günstigeren E-Autos die es auf dem Markt schon gibt, haben meist nur eine mickrige Reichweite. Und mit der Reichweite steigt dann auch sofort der Preis.

Der neue elektrische Kia e-Niro, ein Crossover, der im Frühjahr auf den Markt kommt, kostet mit dem stärkeren 64-kWh-Akku ab 38 000 Euro, verspricht aber auch mehr als 400 Kilometer Reichweite. Der etwas kleinere neue e-Kona der Schwestermarke Hyundai beginnt bei 34 600 Euro. Der Opel e-Ampera, den man lange Zeit überhaupt nicht bestellen konnte und den man auf der Straße praktisch nicht sieht, beginnt bei 42 990 Euro. Und auch der VW ID Neo, der erst 2020 an den Start geht, wird mit Preisen jenseits der 30 000 Euro starten.

Dabei zeigt der agile, wendige i 3, dass der Elektroantrieb gerade im Stadtverkehr mit den vielen Stop-and-go-Situationen ideal ist. Kein Turboloch, keine Gedenksekunde des Automatikgetriebes, kein hektisches Rauf- und Runterschalten bei Handschaltung. Sondern die volle Schubkraft vom ersten Moment an. Und wer vorausschauend fährt, kann auf das Bremspedal oft verzichten, er lässt den Elektromotor bremsen und gewinnt dabei Energie zurück. Der i 3 macht Spaß, man fährt flott und ist zugleich entspannt. Mehr Auto braucht im urbanen Umfeld eigentlich niemand. Eine zuverlässigere und transparentere Ladeinfrastruktur hingegen schon.

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