BMW i8 im Alltagstest:Mission null Liter

Mit dem BMW i8 durch die Tiefgarage der SZ.

Der BMW i8 kostet mindestens 130 000 Euro.

(Foto: SZ.de)

Der i8 ist ein aufregendes Coupé. Aber auch ein Elektroauto für bis zu 37 Kilometer, verspricht BMW. Wie funktioniert der Spagat zwischen Sportwagen und Ökomobil im Alltag? Ein Test in Tagebuchform.

Von Thomas Harloff

Drei Tage mit dem BMW i8, das könnten drei Tage voller Sportwagenfreuden sein, bei denen Spritverbrauch und Umweltverträglichkeit kaum eine Rolle spielen. Oder das Gegenteil: drei Tage voller Entbehrungen. 37 Kilometer weit kann der Hybrid-BMW zufolge ohne einen Tropfen Benzin fahren. Aber nur bis maximal 120 km/h und bei dauerhaft sanfter Beschleunigung. Also wurde der i8 für diesen Test kurzerhand umfunktioniert: vom aufregenden Sportwagen zum sauberen Ökomobil.

Dienstag, 7:58 Uhr, Garching, Zeppelinstraße

BMWs Testwagenverwaltung liegt etwas außerhalb von München. Als ich vom Hof rolle, soll die Batterie laut Anzeige noch genug Energie für 19 rein elektrische Kilometer bereithalten. Gibt BMW seinen Vorzeige-Hybriden nur mit halb gefülltem Akku raus? Egal, denn für den Weg ins Büro im Münchner Osten sollte es trotzdem reichen, das inzwischen aktivierte Navi berechnet gut 16 Kilometer bis zum Ziel. Die Route über die Autobahn meide ich und nehme stattdessen die weitgehend parallel verlaufende Bundesstraße - in der Hoffnung, dadurch Strom zu sparen. Wegen der Befürchtung, dass die Energie nicht reichen könnte, fahre ich höchstens 70 km/h, selbst wenn höhere Tempi erlaubt sind. Der i8 mutiert erstmals zum Verkehrshindernis und wird fleißig von gestressten Berufspendlern überholt. Doch die Taktik geht auf, mit fünf Kilometern Reserve fahre ich ins SZ-Parkhaus.

Dienstag, 9:12 Uhr, München, Hultschiner Straße

Ich will den i8 in der Garage an die Elektro-Tankstelle anschließen. Das Kabel liegt im Kofferraum, und beim Ausrollen zeigt sich: Die Wandbox für schnelles Laden, über die der Stellplatz verfügt, bleibt in den nächsten Tagen unbenutzt. BMW hat seinem Plug-In-Hybridsportwagen nur ein Ladekabel mit dem Stecker für die normale Haushaltssteckdose (SchuKo) mitgegeben. BMW zufolge soll der Akku mit dieser Art des Aufladens nach drei Stunden 80 Prozent seiner Leistungsfähigkeit wiedererlangt haben. Das sollte reichen, um mein Abendprogramm zu erledigen, denke ich und mache mich an die Arbeit.

Das Ladekabel des BMW i8.

Nicht kompatibel: BMW hat dem Testwagen nur das Kabel mit SchuKo-Stecker (l.) mitgegeben. Mit einem Typ-2-Stecker (r.) könnte man schneller laden.

(Foto: SZ.de)

Dienstag, 17:40 Uhr, München, Hultschiner Straße

Fließt im SZ-Hochhaus schlechter Strom? Die Batterie wird vom i8 zwar als komplett gefüllt deklariert, aber die Energie reicht laut Anzeige nur für 24 Kilometer. Dabei verspricht BMW doch 37 Kilometer. "Das wird schon reichen", danke ich mir und mache mich auf den Weg ins Fitnesstudio. Dessen enge Tiefgarage erinnert mich daran, dass dieses Auto nicht dafür entwickelt wurde, um alltägliche Herausforderungen zu meistern. Erst sorgt der große Wendekreis dafür, dass ich recht unbeholfen in die Parklücke rangiere. Zudem braucht der i8 neben sich viel Platz, denn seine Scherentüren öffnen nach schräg oben. Was, wenn später neben mir jemand so eng einparkt, dass ich nicht mehr ins Auto komme? Mit einem etwas mulmigen Gefühl schnappe ich mir meine Sporttasche, die den 154 Liter großen Kofferraum komplett ausfüllt.

Dienstag, 19:50 Uhr, München, Dingolfinger Straße

Glück gehabt. Niemand hat zu eng neben mir geparkt, ich habe genug Platz zum Einsteigen. Die Heimfahrt verläuft ohne Komplikationen. Allerdings fällt mir auf, dass nicht nur die elektrische, sondern auch die Benzinreichweite sinkt. Aus den ursprünglich 319 werden zwischenzeitlich 300 Kilometer, obwohl der Verbrennungsmotor nicht ein Mal angesprungen ist. Zwar ist bekannt, dass sich Benzin verflüchtigen kann, aber dass es so schnell geht, hätte ich nicht gedacht. Später stellt sich heraus, dass die Reichweite ständig schwankt - offensichtlich eine Eigenart des i8.

Reicht die Reichweite?

Die Scherentüren des BMW i8.

Wehe, die Parklücke ist zu eng: Die Scherentüren sehen spektakulär aus, öffnen aber ausladend.

(Foto: SZ.de)

Dienstag, 20:10 Uhr, München, Birnauer Straße

Frohlockend steuere ich die Schnellladesäule an, die praktischerweise direkt vor meinem Wohnhaus steht. Als ich den i8 einparke, kommt mir wieder in den Sinn: Das passende Ladekabel habe ich gar nicht. Die Ladesäule wiederum besitzt keinen Anschluss für einen SchuKo-Stecker. Ein Problem, dass bereits auftrat, als ich vor einem Jahr den BMW i3 und den Toyota Prius Plug-In-Hybrid testete. Also übernachtet der i8 in der Tiefgarage. Dort gibt es zwar Steckdosen, aber den daran gezapften Strom müssten alle Mietparteien bezahlen. Würde ich das Auto hier aufladen, hätte ich wohl zwangsläufig - und auch zu recht - Ärger mit den Nachbarn. Das will ich ihnen und mir ersparen, das Ladekabel bleibt im Kofferraum.

Mittwoch, 7:55 Uhr, München, Birnauer Straße

Die nächste Fahrt ins Büro steht an. Jetzt wird es spannend. Elf Kilometer beträgt die elektrische Reichweite, 11,2 Kilometer muss ich fahren. Wobei "fahren" ein echter Euphemismus ist, denn meist geht es in Schrittgeschwindigkeit voran. Ob das gut oder schlecht für den Energiegehalt der Batterie ist, weiß ich noch nicht. Ich muss zwar oft anfahren, was Reichweite kostet, aber auch bremsen, was dem Akku wieder Strom zuführt. Knapp einen Kilometer vor dem Ziel passiert es: Der Benzinmotor greift unterstützend ein. Der Spritverbrauch dürfte auf dem kurzen Stück zur SZ-Tiefgarage zwar im Promillebereich gelegen haben, dennoch ist die "Mission Null Liter" jetzt schon gescheitert - wenn auch sehr knapp.

BMW i8

4,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h, 250 km/h Höchstgeschwindigkeit: Der BMW i8 ist schnell. Sehr schnell!

(Foto: SZ.de)

Mittwoch, 18:20 Uhr, München, Hultschiner Straße

Déjà vu: Der Akku ist voll, aber die Reichweite beträgt nur 25 Kilometer. Die Heimfahrt verläuft unspektakulär, bis ich mich der Abfahrt zur A 9 nähere. In diesem Moment packt es mich. 'Das ist ja schließlich ein Sportwagen', denke ich, als ich auf die Autobahn abbiege. Anfangs ist das Tempo limitiert und der Verkehr zäh. Nach etwa 19 Kilometern ist die Batterie leer und der Benziner schaltet sich dazu. Der 1,5-Liter-Turbo klingt im normalen Modus unrund, wie ein Dreizylinder alter Schule. Das Beschleunigungserlebnis ist weitaus beeindruckender als der Sound: Die 362 PS haben keine Mühe, den etwa 1,5 Tonnen schweren i8 vehement in Fahrt zu bringen. Um die für Turbomotoren typische Schlappheit bei niedrigen Drehzahlen und das verzögerte Ansprechverhalten auf Gaspedalbefehle zu kaschieren, unterstützt der Elektro- den Verbrennungsmotor im Drehzahlkeller. "Boosten" nennt sich das - und die Bezeichnung verspricht nicht zu viel. In 4,4 Sekunden soll das Coupé laut Datenblatt auf 100 km/h beschleunigen. Glaubhaft ist das allemal. Genau wie die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h, die im dichten Verkehr nicht zu schaffen ist.

Nicht in jeder Hinsicht ein echter Sportwagen

Die Instrumente des BMW i8.

Im Sportmodus wechselt die Farbe der digitalen Instrumente von Blau zu Rot. Der i8-Antrieb ist nun im Aggro-Modus.

(Foto: BMW i8)

Mittwoch, 19:00 Uhr, Deutenhausen, Haimhausener Straße

Wie von einer überirdischen Macht gelenkt fahre ich zu meiner Stamm-Teststrecke. Hier sind die Straßen kurvenreich und leer, sodass der i8 im Sportmodus zeigen kann, ob er ein echter Porsche-911-Konkurrent ist. Die Farbe der digitalen Instrumente wechselt von Blau zu Rot, der Motorklang von blubbernder Wasserpfeife zu kreischender Motorsäge. Jetzt klingt der i8-Antrieb wie eine Mischung aus Reihensechser und V8, spricht noch einen Tick spontaner auf das Gaspedal an, die E-Maschine boostet mit allem, was sie hat. Das Gefühl in der Lenkung stimmt, die Bremsen packen herzhaft zu. Dieses als Sportwagen getarnte Ufo macht Spaß - bis zur ersten langgezogenen Kurve. Der i8 hat Mühe, Bodenhaftung aufzubauen, und hält die Ideallinie nur in Geschwindigkeitsbereichen, in denen andere Sportwagen noch zulegen können. Er ist nicht ideal bereift für schnelle Kurven, die vergleichsweise schmalen Winterpneus lassen den nötigen Grip vermissen. Mit gemischten Gefühlen fahre ich nach Hause, wo ich mit 13 Kilometern Elektro-Reichweite ankomme. Zwischenzeitlich hat der Verbrennungsmotor, der auch als Generator fungiert, zusammen mit der Rekuperationsfunktion, bei der Brems- und elektrische Energie umgewandelt wird, die Batterie wieder halbvoll geladen.

Donnerstag, 7:55 Uhr, München, Birnauer Straße

Heute geht es auf dem Weg ins Büro deutlich flüssiger voran. Meist kann ich konstant 60 km/h fahren und muss kaum vom Gas gehen oder bremsen. Die Reichweite schrumpft etwas schneller als gestern, konstantes Tempo scheint die Batterie mehr zu belasten als das gestrige Stop and go. Bevor ich das Ladekabel anschließe, sehe ich dort, wo sonst die Reichweite in Kilometern angezeigt wird, nur noch drei waagerechte Striche. Ich bin scheinbar mit der allerletzten Kilowattstunde in die Tiefgarage gerollt.

BMW i8

Wie aus einem anderen Auto-Universum: die Heckpartie des BMW i8.

(Foto: SZ.de)

Donnerstag, 17:45 Uhr, München, Hultschiner Straße

Als ich den i8 ein letztes Mal vom Stromnetz nehme und starte, sehe ich es ein: Mehr als 25 elektrische Kilometer will die Batterie einfach nicht freigeben. Ich beschließe, das letzte Register zu ziehen, den Eco-Pro-Modus. Der begrenzt einige stromintensive Komfortfunktionen, etwa die Klimaanlage. Der Effekt direkt nach Auswahl der besonders effizienten Abstimmung: die Reichweite steigt auf 26 Kilometer. Ernüchtert steuere ich Garching an, wo ich den i8 nach einer letzten 20 Kilometer langen Tour im BMW-Parkhaus abstelle. Laut Anzeige verbleiben acht elektrische Kilometer in der Batterie.

Freitag, 10:00 Uhr, München, Hultschiner Straße

Der Dreitages-Test ist vorbei, Zeit für eine Bilanz. Hätte ich es bei den Bürofahrten belassen, wäre der Benzinverbrauch praktisch nicht messbar gewesen. Nur ein Mal ist der Dreizylindermotor angesprungen. Die 5,38 Liter Super Plus, die beim Nachtanken ins Benzinreservoir des i8 flossen, gehen also fast ausschließlich auf das Konto der 76 spaßgeschwängerten Kilometer am Mittwochabend. Rechnet man alle Kilometer zusammen, bleibt unter dem Strich ein Spritverbrauch von 3,4 Litern. Ein beeindruckender Wert, erst recht für einen Sportwagen, der aber nur im Rahmen eines sehr eingeschränkten Mobilitätsverhaltens möglich ist. Aber 37 rein elektrische Kilometer, ohne eine Stromtankstelle aufzusuchen, schafft der i8 beim besten Willen nicht.

Technische Daten BMW i8:

R3-Benzinmotor mit 1,5 Litern Hubraum und Turboaufladung sowie Hybrid-Synchronmotor; Gesamtleistung: 266 kW (362 PS); max. Drehmoment: 320 Nm bei 3700/min (Benzinmotor) sowie 250 Nm bei 0/min (Elektromotor); Leergewicht: 1560 kg; Kofferraum: 154 l; 0 - 100 km/h: 4,4 s; Vmax: 250 km/h; Testverbrauch: 3,4 l / 100 km (lt. Werk: 2,1; CO2-Ausstoß: 49 g/km); Euro 6; Grundpreis: 130 000 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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