BMW Gran Coupé:Das Auge fährt mit

BMW ist mit dem viertürigen Gran Coupé eine spektakuläre Erweiterung der Sechser-Reihe gelungen. Zu Preisen ab 79.500 Euro bieten die Bayern eine Alternative zu Mercedes CLS oder Porsche Panamera. Ein erster Fahrbericht.

Jörg Reichle

Womöglich sind die großen Geschichten über einmalige Autos alle geschrieben. Ein für allemal. Heute ist Baukasten. Was vermeintlich neu auf den Markt kommt, stammt in Wirklichkeit aus dem Konzernregal, wird komponiert zur bloß anders gemischten Rezeptur des Bekannten, immer mehr Modelle, arrangiert mit technischen Gleichteilen, dekoriert mit verändertem Design. Baukasten ist Vernunft: Maximaler Gewinn bei minimalem Einsatz der Mittel. So kann man es sehen. Baukasten ist langweilig, kein Thema für große Geschichten, eigentlich.

Schneidiger Bayer

Das Gran Coupé von BMW ist das dritte Modell der Sechser-Reihe. Es soll dem früher gestarteten Porsche Panamera und den Topversionen des Mercedes CLS einheizen, ebenfalls viertürige Coupés und vom Publikum geschätzt.

(Foto: SOM)

Und doch bringt der Baukasten des Autobauers dann und wann auch Erstaunliches hervor. Zum Beispiel jetzt gerade das Gran Coupé von BMW, drittes Modell der Sechser-Reihe. Es soll dem früher gestarteten Porsche Panamera und den Topversionen des Mercedes CLS einheizen, ebenfalls viertürige Coupés und vom Publikum geschätzt. Für BMW ist das noch Neuland. Umso beachtlicher das Ergebnis. Das liegt vor allem anderen am Design. Nicht nur die Proportionen des gut fünf Meter langen und nur knapp 1,40 Meter hohen Coupés mit den kurzen Überhängen, dem langen Radstand und einem zurückgesetzten Aufbau erzielen starke Wirkung. Die betonte Motorhaube und die flache Dachlinie über rahmenlosen Seitenscheiben und überhaupt die ganze selbstbewusste Unaufgeregtheit tun ein Übriges. Man spürt das Geduckte, wenn man drinsitzt: tiefe Sitzposition, Blick durch schmale Fensterstreifen vorn und hinten. Die Sicht nach hinten ist entsprechend, eine Rückfahrkamera muss aushelfen.

Sportliche Silhouette, üppiges Raumgefühl

Trotzdem ist das Raumgefühl gut, vorn dominiert die breite Mittelkonsole, hinten genießen Bein und Kopf genügend Freiheiten. Bequemes Reisen ist die Stärke des Gran Coupé, leise, nervenschonend, und auch das Gepäck weiß man standesgemäß untergebracht - 460 Liter passen rein, mit umgeklappten Rücksitzlehnen sogar 1265 Liter. So weit wie der Panamera mit seiner Heckklappe treibt man den Sinn fürs Praktische bei BMW freilich nicht. Ach ja, man behauptet, es gebe hinten in der Mitte noch einen dritten Sitzplatz, selbst Gurte sind da. Nur, wohin mit den Beinen? Na gut, gibt man bei BMW zu, für kurze Strecken eben. In Wahrheit für sehr kurze.

Ansonsten ist drinnen alles fein zusammengefügt und formschön arrangiert und der Fahrer darf sich als gelassener Regisseur über das technische Innenleben freuen, das, siehe oben, eine Mixtur aus Elementen von Fünfer, Sechser Coupé und Siebener darstellt. Zwei Motoren werden zum Verkaufsstart Anfang Juni angeboten, beides bekannte Sechszylinder. Der eine, ein Benziner mit der markentypischen TwinPower-Turbo-Technologie, leistet im 640i ganze 320 PS (79.500 Euro), der andere, ein Reihensechszylinder-Diesel im 640d mobilisiert immerhin 313 PS (83.000 Euro). Beide sind aufs harmonischste verbunden mit einer Achtgangautomatik.

Der achtzylindrige 650i (450 PS; 92 600 Euro), den es auch mit Allradantrieb geben wird, ist fürs dritte Quartal 2012 bereits angekündigt. Alle Motoren, fast müßig zu sagen, bieten seidenweichen Lauf und Leistung für alle Lebenslagen. Und noch mehr als das. Auch mit weniger PS wäre ein Gran Coupé durchaus zufriedenstellend motorisiert. Vorderhand begnügt sich BMW aber damit, die Effizienz der Sechser-Motoren zu betonen: So soll der Diesel je nach Bereifung zwischen 5,5 und 5,7 Liter konsumieren, der Benziner 7,7 bis 7,9 und der 650i immerhin noch 8,6 bis 8,9 Liter.

Reisen statt Rasen

Der Einladung des exzellenten Fahrwerks zu BMW-typischer Fahrweise sollte man dazu allerdings mannhaft widerstehen. Auch wenn das Gran Coupé etwas weniger dynamisch ausgelegt ist als der kurze Sechser - limousiniger, wie es bei BMW heißt -, ein ausgesprochenes Fahrerauto ist es allemal, obwohl die engen sizilianischen Sträßchen beim ersten Kennenlernen mäßigend einwirkten.

Doch auch hier frischt der Baukasten alte Bekanntschaften wieder auf: Von der elektromechanischen Servolenkung über die dynamische Dämpferkontrolle (optional), Adaptive Drive einschließlich aktiver Wankstabilisierung und der Integral-Aktivlenkung ist alles bewährt, ebenso wie die Armada der erhältlichen Assistenten und Kommunikationstechnik, ohne die ein Oberklassenauto heute nicht mehr denkbar ist.

So lässt sich dann die sehr reichhaltige Serienausstattung (unter anderem Leder, Xenon, Hi-Fi) mühelos und kostenträchtig verfeinern - zum Beispiel durch eine elegante Mattlackierung für 3800 Euro. Unsere Farbempfehlung: Frozen Bronze Metallic. Der samtige Braunton scheint nur für dieses Auto erfunden. Oder umgekehrt.

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