Süddeutsche Zeitung

BMW Active Hybrid 7:Schneller Stromfluss

Man kann einen Hybriden sparsam fahren - aber nicht immer. Denn der BMW 7er Hybrid stellt eindeutig den Fahrspaß in den Vordergrund.

Stefan Grundhoff

Bei BMW brechen in diesem Jahr alte Dämme: Der Kunde ruft, also gehorcht man in München. Das ist zumindest im Luxussegment ein netter Gedanke. Zunächst spendierte man dem noch jungen 7er BMW erstmals einen Allradantrieb. Im April nächsten Jahres legen die Bayern in ihrem Aushängeschild erstmals einen Hybriden auf. Der soll gerade in den USA der etablierten Hybridkonkurrenz Dampf machen und Druck auf die Neuankömmlinge Mercedes S-Klasse, Infiniti M, Audi A8 und Porsche Panamera ausüben.

Aber bereits die wenig heimisch lautende Bezeichnung "BMW Active Hybrid 7" zeigt, wohin die Reise gehen soll: über den Atlantik. Nachdem sich die Amerikaner trotz offensichtlicher Vorteile in Alltagsgebrauch und Fahrprofil bei keiner Marke für sparsame Saubermann-Diesel erwärmen können, soll es jetzt der flächendeckende Einsatz europäischer Hybridantriebe richten. Anders als der deutsche Kooperationspartner Mercedes setzt BMW beim 7er Hybrid auf Leistung pur. "Weltweit ist der 7er die dynamischste Art, einen Hybriden zu fahren", unterstreicht Projektleiter Werner Bauer, "wir bieten Achtzylinder-Fahrgefühl, Zwölfzylinder-Leistung und einen Sechszylinder-Verbrauch".

Das leistungsstarke V8-Triebwerk des BMW 750i mit seinem doppelt aufgeladenen Achtzylinder-Turbo wurde mit dem gleichen Hybridmodul wie der deutlich schwächer motorisierte Mercedes S 400 Hybrid versehen. Entwickelt und produziert werden die Hybridkomponenten von Continental. So leistet der Kraftprotz aus Bayern unter dem Strich eine Systemleistung von 342 KW / 465 PS und zwischen 2000 und 4500 U/min ein gigantisches Drehmoment von 700 Nm.

Die ökologisch korrekten Gedanken, eine bullige Luxuslimousine auch mit deutlich weniger als zehn Litern Super auf 100 Kilometern bewegen zu können, kommen einem bei einem Spurtpotenzial 0 auf Tempo 100 in 4,9 Sekunden und 250 km/h Spitze kaum in den Sinn. Der hybride 7er ist eine Fahrmaschine, die selbst Sportversionen Angst macht und am Thron des übermächtigen Schwestermodells 760i sägt. Bei aller Dynamik soll sich der über zwei Tonnen schwere Hecktriebler aber dennoch mit 9,4 Litern Super auf 100 Kilometern zufrieden geben.

Beim Losfahren mit dem Active Hybrid 7 gibt es die erste Enttäuschung. Ein Druck auf den Starterknopf ruft kein elektrifizierendes Surren, sondern sanfte Achtzylinderklänge hervor, die sich sonor und kraftvoll entfalten. Anders als die Vollhybridversionen kann der BMW 7er Hybrid nicht rein elektrisch fahren. Die Hybridtechnik beschränkt sich auf ein Elektromodul in der neuen Achtgang-Automatik, das 15 KW / 20 PS elektrischer Zusatzleistung liefert.

Der Elektromotor unterstützt den Verbrenner bei der Fahrt sowie im Stand gleichermaßen und ersetzt unter anderem den Anlasser. Beim Stoppen geht der 4,4 Liter große Achtzylinder Dank perfekt abgestimmter Start-Stopp-Automatik ohne jede Gefühlsregung aus, um beim Ampelstart innerhalb von 150 Millisekunden wieder voll auf der Höhe zu sein. Ein Impulsspeicher am hinteren Ende der Ölwanne sorgt dafür, dass auch bei ausgeschaltetem Triebwerk der nötige Öldruck erhalten bleibt und der Neustart doppelt so schnell wie sonst von statten gehen kann.

Auch beim Blick in den Motorraum wenig Innovatives. Hybridkomponenten? Fehlanzeige. Alles mutet wie bei einem ganz normalem 7er mit Benzin- oder Dieseltriebwerk an. Anders sieht es bei einem Blick in den Kofferraum aus. Der an sich üppig dimensionierte Laderaum wird im linken Bereich von einem mit Teppich verkleideten Quader in Bierkastengröße verkleinert. Trotz des imageträchtigen Aufdrucks "Active Hybrid Power Unit" sieht es seltsam aus und verringert das Ladevolumen auf zerklüftete 460 Liter. Hier ist das gut isolierte, rund 27 Kilogramm schwere Lithium-Ionen-Akkupack mit einer Betriebsspannung von 120 Volt untergebracht. Immerhin bleibt die Skidurchreiche in den Innenraum erhalten. Gründe für die alles andere als sinnvolle Platzierung im Gepäckabteil sind eine bessere Gewichtsverteilung und die geringeren Temperaturschwankungen. Entwicklungspartner Daimler hat das gleiche Akkupaket beim S 400 Hybrid sinnvollerweise in den Motorraum gepresst.

Der Kasten im Laderaum ist neben den allzu aufdringlichen Hybrid-Schriftzügen rund um das Fahrzeug und dem Infodisplay im Armaturenbrett jedoch das offensichtlichste Elektromerkmal. Ansonsten hat man schlicht das Gefühl, in einem BMW 750i oder 750 iL zu sitzen, der eine Leistungsspritze bekommen hat. Grund: Das Elektroleistungsplus stellt seine Leistung von 20 PS und 210 Nm von Anfang an zur Verfügung. Wer es im Teilzeit-Elektriker fliegen lässt, spürt die elektronischen Akku-Vitamine deutlich, allerdings auch das Mehrgewicht von rund 100 Kilogramm.

Bei der Frage, warum BMW als Trägertriebwerk für den Elektroantriebs den durstigen Achtzylinder und nicht wie der Hauptkonkurrent einen kleineren Sechszylinder gewählt hat, muss Werner Bauer nicht lange überlegen: "Wir erwarten, dass 45 Prozent aller Active Hybrid 7 in die USA gehen. Die USA sind ein reiner Achtzylindermarkt. Das wird sich erst einmal nicht ändern. Auf Platz zwei bei der Hybridnachfrage erwarten wir Deutschland mit rund 20 Prozent." Ob die Hybridkunden diese Leistungsstärke spüren wollen, wird sich zeigen. Schließlich hätte der erwartete Normverbrauch eines doppelt aufgeladenen Sechszylinders mit knapp 350 PS wohl unter acht Litern Super auf 100 Kilometern gelegen. Damit hätte man den Dieselverbrauch des extrem sparsamen BMW 730d im Blick. Eine Variante, die ebenfalls hätte Zeichen setzen können.

Ein günstiges Vergnügen wird der BMW 7er Hybrid nicht, doch immerhin haben die Bayern aus dem gigantischen Aufpreis des BMW X6 Hybrid gelernt. Das ab Mitte April verfügbare Elektro-Flaggschiff BMW Active Hybrid 7 soll mindestens 105.900 Euro kosten. Die zu mehr als zwei Drittel verkauften Langversionen sind nochmals 6600 Euro teurer. Abzüglich der serienmäßigen Mehrausstattung beträgt der Hybridaufschlag im Vergleich zu 750i / 750 Li somit rund 5000 Euro.

BMW rechnet mit quer durch alle Märkte beim Siebener mit einem Hybridanteil von knapp zehn Prozent. Der Siebener soll bei BMW zusammen mit dem X6 Hybrid nur der Auftakt in ein neues Elektronenzeitalter sein. "Das Hybridmodul, das wir hier verbaut haben, wird man mittelfristig nicht allein im 7er sehen", gibt Baureihenleiter Oliver Walter zu bedenken. Längst ist es kein Geheimnis mehr, dass auch die neuen Schwestermodelle 5er und 5er GT beizeiten mit der Kombination aus ZF-Achtgang-Automatik und dem Hybridmodul ausgestattet werden.

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