BMW 4er Coupé im Test:Wenn Vier mehr als Acht ist

BMW 4er Proto

Ein BMW wie aus dem Bilderbuch - auch wenn der 4er noch mit der kringeligen Tarnfolie tapeziert ist. Hauptsache das Coupé sieht sportlich aus.

(Foto: BMW)

Der neue 4er von BMW bietet neben einer gelungenen Optik viel Fahrspaß - und kostet deutlich weniger als der 8er.

Von Georg Kacher

Das Testauto ist bis hinter die Spiegel mit Kringelfolie getarnt. Trotzdem lassen sich die gelungenen Proportionen gut erkennen. Das BMW 4er Coupé ist knapp sechs Zentimeter flacher und deutlich gestreckter als der Viertürer, die hintere Spur wurde um 2,3 Zentimeter verbreitert und das Fahrwerk tiefergelegt. Noch mehr Lob als der starke Auftritt verdienen die niedrigere Sitzposition und der tiefere Schwerpunkt. Im 8er auf 5er-Basis sitzt man zu hoch, im 4er auf 3er-Basis sitzt man perfekt. An der Rundumsicht und am Platzangebot gibt es ebenfalls kaum etwas auszusetzen. Das Fondteil des kompakten Coupés ist subjektiv sogar etwas größer als die zweite Reihe in besagtem 8er, und auch in Sachen Kofferraum hat der 4er ein paar Liter mehr zu bieten. Statt der verkünstelten Instrumentengrafik wären freilich klassische Uhren nach Art des allerersten 3er besser gewesen.

Die Preise werden noch nicht kommuniziert, aber man darf davon ausgehen, dass BMW den Abstand zwischen Zwei- und Viertürer von derzeit 400 auf rund 2500 Euro erhöhen wird. Der Sechszylinder mit Allradantrieb soll wie gehabt etwa 12 000 Euro mehr kosten als der Hecktriebler mit dem 2,0-Liter-Vierzylinder. In beiden Varianten stecken über zehn Kilo an zusätzlicher Masse in Form einer Domstrebe, zweier Längslenker und diverser Verstrebungen. Kein Wunder, dass ein M 440 i xDrive ausstattungsabhängig über 200 Kilo schwerer sein kann als das Schwestermodell. Auf der Waage liegen 3er und 4er gleichauf, doch das ändert sich, sobald das Coupé auf die Strecke geht. Das Vorbild in Sachen Fahrdynamik war ganz offensichtlich nicht die Limousine, sondern der 450 PS starke M4. Obwohl der neue M 440 i mit 374 statt wie bisher 326 PS numerisch immer noch den Kürzeren zieht, fehlt ihm bei der Beschleunigung von 0 auf 100km/h in 4,3 Sekunden nur ein klitzekleines Zehntel auf das große Vorbild. Der Normverbrauch liegt bei sieben Liter, die Höchstgeschwindigkeit steigt mit dem Driver's Package auf 280 km/h.

Vorerst noch ohne x Drive liefert BMW den 430 i aus, der mit 258 PS und 400 Nm etwas kräftiger motorisiert ist als sein Vorgänger. Das 2,0-Liter-Aggregat konsumiert im Mittel knapp sechs Liter, läuft 250 Sachen und absolviert den Normsprint in 5,7 Sekunden. Diese Zahlen werden in der Praxis durch die unterschiedlich hohe Vorderachslast geschönt - vier Zylinder wiegen eben weniger als sechs. Das leichtere Auto lenkt zackiger ein, legt ein noch spritzigeres Handling an den Tag und lässt sich auch durch Lastwechsel nicht beirren. Mehr Traktion und noch mehr Leistung bietet dafür der M 440 i, der spurstabiler und damit souveräner unterwegs ist. Außerdem profitiert der Sechszylinder von seinem 48-Volt-Bordnetz, das im Teillastbetrieb bis zu fünf Prozent Sprit spart. Die zusätzlichen elf PS spürt man bereits beim Anfahren, das Plus an Drehmoment neutralisiert den Hochschalt-Schluckauf im Stil eines Doppelkupplungsgetriebes, der zeitlich begrenzte Sprint-Modus (linkes Schaltpaddel eine Sekunde lang ziehen) schafft einen zusätzlichen Beschleunigungs-Kick. Zuviel Hektik? Das gute Stück kann natürlich auch segeln, sogar bis 160 km/h. Entweder automatisch oder nach Ziehen des rechten Schaltpaddels im achten Gang.

Zum Glück ist das Coupé vom "Biberzahn"-Grill verschont geblieben

Der Handschalter hat ausgedient, aber dafür gibt es den 4er mit drei verschiedenen Fahrwerksabstimmungen. Das leicht tiefergelegte M Sportpaket im 430 i ist inklusive Lenkung, Getriebe und Bremse voll auf Dynamik getrimmt. Dämpfer und Stabilisatoren sind deutlich härter - noch kein Fall für den Osteopathen, aber auch nicht die erste Wahl für den Muttertagsausflug. Wer mag, kann den Sportmodus dazuklicken, was den Motor in vorauseilendem Gehorsam mit den Drosselklappen zucken lässt und die Automatik im Techno-Takt an den Gasfuß anbindet. Deutlich breiter angelegt sind die Talente des adaptiven M Fahrwerks im M 440 i xDrive. Die Bandbreite der Verstelldämpfer reicht von nachsichtig (Comfort) bis streng (Sport), die Lenkungskennung variiert von indirekt und leichtgängig bei niedrigem Tempo bis steif und präzise bei höheren Geschwindigkeiten - das fühlt sich gut an und baut früh Vertrauen auf. Ähnliches gilt für das mechanische M Sportdifferenzial, das nicht durch selektive Bremseneingriffe überschüssiges Drehmoment wegregelt, sondern die Kraft weitgehend verlustfrei zwischen den Rädern verteilt.

Was nehmen - das Grundmodell oder die volle Dröhnung? Der Autor tendiert schon aus Artenschutzgründen zum Sechszylinder. Der spielt mitreißend auf, ist durch den Allradantrieb gewichtsmäßig sauber ausbalanciert, geht auf Wunsch wie der Teufel und hat trotzdem die rundum besseren Manieren. Selbst im Sportprogramm und mit geschärfter Stabilitätskontrolle bewahrt sich der M 440 i xDrive bis in den Grenzbereich eine enorme Souveränität und Verlässlichkeit. Kritik verdienen allerdings die ausgeprägte Längsrinnen-Empfindlichkeit, der entsprechend unruhige Fahrspur-Wechsel, das dezent pulsierende Nachtreten der Hinterachse bei vollem Leistungseinsatz und die in Summe leicht synthetischen, gelegentlich übereifrigen Regelsysteme.

Außerdem stört die ausgeprägte Eigenfederung des Sitzes, der ganz andere Amplituden schreibt als das Fahrwerk, was der Anbindung des Menschen an die Maschine nicht immer förderlich ist. Auch die Sportbremse hinterlässt gemischte Gefühle. Der Anhalteweg mag den Erwartungen entsprechen, doch der Kraftaufwand ist hoch, und das Ansprechverhalten könnte bissiger sein. Der verantwortliche BMW-Ingenieur meint, das sei alles eine Frage der Auslegung. Trotzdem bleibt der BMW 4er der bessere 8er zum halben Preis.

Hinweis der Redaktion

Ein Teil der im "Mobilen Leben" vorgestellten Produkte wurde der Redaktion von den Herstellern zu Testzwecken zur Verfügung gestellt und/oder auf Reisen präsentiert, zu denen Journalisten eingeladen wurden.

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