Blech der Woche (47): Datsun 160J Coupé:Rarität aus Fernost

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Die Fahrzeuge von Datsun waren schon immer rar, eine Coupé-Variante der Baureihe 160 ist noch viel seltener: Ein Fan wartete 15 Jahre auf seinen Autotraum.

In der Serie "Blech der Woche" stellt die Redaktion von sueddeutsche.de Old- und Youngtimer vor - frei nach den Motti: Alte Liebe rostet nicht, oder: Liebe geht durch den Wagen. Schließlich ist die Beziehung von Mensch und Maschine eine unendliche Geschichte voller Leidenschaften.

Datsun 160J SSS: barocke Formen, als Coupé eine Rarität (Foto: Foto: Carsablanca)

Es kann dauern, bis große Träume in Erfüllung gehen. Bei Wolfgang Engelberg ( wolfe) dauerte es 15 lange Jahre, bis er auf seinen Traum stieß: ein feuerrotes Datsun 160J SSS Coupé, das er heute sein eigen nennt.

Weshalb gerade dieses Auto, und weshalb ausgerechnet ein "Datsun"? Vor 30 Jahren kam Wolfgang durch Zufall zu seinem ersten Wagen dieser Marke. Der ortsansässige Datsun-Händler war der einzige, der ihm damals für seinen maroden Renault 5 TL überhaupt noch etwas Geld geboten hatte - so begann seine Liebe zu den Fahrzeugen der Marke mit dem Sonnensymbol.

Es war bereits das fünfte Auto seiner damals noch kurzen Autofahrerkarriere. "Ich erstand ein rotes 120 Y Coupé, zu diesem Zeitpunkt vier Jahre alt, mit dem auch zu dieser Zeit die Freundschaft mit meinem Freund und Kumpel 'Ekke' begann. Denn: Mein Weg in ein Autohaus führte mich zumindest früher immer durch die Werkstatt. Er war gerade frisch zu diesem Autohaus gewechselt und kannte die Marke Datsun bzw. Nissan von Beginn an. Ohne ihn wären meine vielen Autospinnereien gar nicht möglich gewesen."

Wolfgang hatte damals den ersten 160er in der Werkstatt gesehen. Fortan war es sein Wunsch, genau ein solches Auto zu fahren. Mit seinen barocken Formen, den Doppelvergasern und den sehr guten Fahrleistungen hatte es der Wagen ihm angetan. Aber zu jener Zeit fehlte das Geld, und Jahre später hatten Unfälle oder der Rost das damals schon seltene Datsun-Modell dahingerafft. "Durch unsere vielen Griechenlandurlaube war ich schon fast soweit, mich mit einer Limousine zu begnügen und mir einen der dort damals noch zahlreich vorhandenen 160er zu holen."

Als Wolfgang Anfang des neuen Jahrhunderts das Internet für sich entdeckte, stellte er in verschieden Oldtimerforen Gesuche nach seinem Traumcoupé ein - ohne viel Hoffnung. Mitte Dezember 2003, kurz vor Weihnachten, kam plötzlich eine E-Mail aus Bremen: "...habe meiner Frau vor drei Jahren einen alten Datsun am Bodensee geholt, dort stand ein solches Coupé in der Halle... ich hab da noch die Adresse und Telefonnummer." Das Autohaus gab es inzwischen zwar nicht mehr, aber Wolfgangs Freund Ekke kannte den ehemaligen Datsun-Händler noch. Das Auto war jedenfalls noch da, lediglich die Söhne mussten noch gefragt werden.

Wolfgang hingegen musste noch seine damalige Frau überzeugen, die schon von seinem damaligen "Projekt", einem Nissan Pulsar Targa, nicht sonderlich begeistert war. Banges Warten folgte, bis die Söhne zugestimmt hatten. Dann wurde sofort ein Termin vereinbart und das Auto, das nur rund 30 Kilometer entfernt im ehemaligen Autohaus stand, besichtigt: schön eingestaubt, aber wenigstens unter Dach.

Die Geschichte des Wagens treibt Wolfgang fast die Tränen in die Augen: 1975 habe er das Auto als den ersten verkauften Datsun seiner Händlerkarriere an einen Kunden übergeben, berichtete der ehemalige Eigentümer des Autohauses. Zwei Jahre später nahm der Mann das 83 PS starke Coupé dann wieder in Zahlung - und gab es nie wieder ab. Anfangs durfte es noch in der Halle stehen, aber als die alten, barocken Formen nicht mehr gefragt waren, fristete es ein trostloses Dasein - als Ablage und Lagerplatz, auch als Hundehütte.

Die Innenausstattung wurde so stark in Mitleidenschaft gezogen. Ende der neunziger Jahre kündigte Nissan den Händlervertrag, da der alte Händler nicht vom "Dorf" in die Stadt ziehen wollte. Der Vater und die Söhne besannen sich wieder des Autos und begannen, es zu restaurieren. Das Ganze beschränkte sich aber größtenteils auf die Karosserie. Immerhin zerlegten sie das Coupé total und lackierten es neu, im roten Originalfarbton anstelle des ursprünglichen Grünmetallic. Diese Arbeit wurde so perfekt erledigt, dass die Gutachter von Dekra und Classic Data später nichts davon bemerkten.

Man wurde sich einig, die Weihnachts-Bescherung war gerettet. Nach der Abholung Mitte Januar begann Wolfgang, zusammen mit seinem Freund Ekke, eine technische Bestandsaufnahme - nach über 26 Jahren Standzeit: Die Bremsen funktionierten zwar, aber Bremsschläuche, Benzinschläuche, Kühlerschläuche und Zündkabel waren porös, der Thermostat hatte sich aufgelöst, die Diodenplatte der Lima war verrottet und die Scheinwerfer korrodiert. Immerhin: Ersatz ließ sich auftreiben.

Anschließend wurde der Tank gereinigt, alle Benzinschläuche und Filter erneuert, die Bremsen kontrolliert und sämtliche Betriebsflüssigkeiten gewechselt, dann kamen noch neue Zündkerzen und eine neue Batterie. Ein erster Testlauf zeigte, dass der 1,6-Liter-Motor und das Getriebe in Ordnung waren.

Nun ging es an die Innenausstattung. "Aufpolstern vom Sattler war zu teuer, deshalb habe ich zwei schöne alte schwarze Recaro LS Sitze montiert. Die Konsolen mussten natürlich selbst gebaut werden, da nirgends mehr etwas zu bekommen war", erinnert sich der Schwabe. Das gebrochene Lenkrad wurde durch ein Raid-1-Lenkrad ersetzt, die passende Nabe gab es durch Zufall online, ebenso wie die Kokosmattenteppichsätze aus deutscher Produktion (die auf diese Weise aus den USA reimportiert wurden). Der einzige braune "Originalteppich" fand sich über dem Kardantunnel - er wurde in einer alten Waschmaschine schwarz umgefärbt.

Die Statikgurte wurden durch MAN-Lkw-Gurte - sie waren wegen des hohen oberen Ankerpunktes nötig - ersetzt, passende Gurtpeitschen spendierte ein "Schrott"-Polo neueren Baujahrs. Hinten kam für Wolfgangs Tochter ein Statikgurt hinein. Bei den Felgen hatte ich Glück", so Wolfgang. "Mir ist ein Satz sehr guter Ronal-Alufelgen über den Weg gerollt, aber leider ohne Radmuttern, was schlecht war, da die Zentrierung über sie erfolgt. Die Suche danach wäre wiederum eine andere Geschichte ..."

Nun ging's ab zum TÜV, der ohne Probleme gemeistert wurde - mit allen Eintragungen. Seit der Zulassung bin ist der Mann aus Weingarten nun schon fast 7000 km gefahren. Während dieser Zeit sind noch diverse Mängel zutage getreten: Kupplungsnehmer- und Geberzylinder, ein undichter Vergaserschwimmer oder hängende Schwimmernadelventile. 2005 kam der 30. Geburtstag des roten Coupés, der auf dem Stand der Oldtimerscheune Dornbirn während der "Retroklassik" gebührend gefeiert wurde - und natürlich das H- Kennzeichen mit dem entsprechenden Gutachten.

Es folgten Besuche auf Treffen in Essen, es ging nach Luxemburg, Österreich und in die Schweiz. "Der Besuch auf unserem ersten Oldtimertreffen in Bludenz/Österreich ist mir immer noch in Erinnerung. Da winkte mir doch ein Schweizer mit 14.000 Fränkli cash, und wollte mein Auto sofort mitnehmen. Scherzhaft meinte ich dann: Ab 20.000 Franken fange ich an zu überlegen!"

Probleme im täglichen Betrieb und besonders zu den TÜV-Terminen verursachen die Hitachi SU-Vergaser. Für sie gibt es keine Teile mehr, was ihre Einstellung für die Abgasuntersuchung erschwert. Dennoch läuft die 1,6-Liter-Maschine zuverlässig, bei einem Verbrauch von rund neun Litern.

Der Datsun wird bei schönem Wetter ab und an auch beruflich gefahren, immer sehr zur Freude von Wolfgangs Kunden. Weil er so selten ist, war er schon mehrmals auf Messen ausgestellt. Doch im August 2008 ereilte ihn dann das Schicksal in Form eines "nicht versicherten" Radfahrers, der ihm die Vorfahrt nahm und Wolfgangs "Schätzchen" erheblich beschädigte.

Nun zeigte es sich, was es heißt, ein so seltenes Auto zu fahren: Teile, vor allem Blech, gibt es so gut wie keine mehr. "Eine neue Frontscheibe war dank eines Freundes bei Schwabo-Autoglas innerhalb weniger Tage beschafft, so dass ich wenigstens fahren kann", ist Wolfgang froh. Um das seltene Coupé wieder in den gewohnten Top-Zustand zu versetzen, braucht der schwäbische Datsun-Fan noch eine Motorhaube, Frontstoßstange und Kotflügel. Außerdem hat das Armaturenbrett durch die eingedrückte Frontscheibe gelitten und ist total zerschnitten. Aber Schwaben können stur sein: Wolfgang gibt die Hoffnung nicht auf und hat erneut Suchanzeigen geschaltet.

Datsun 160J SSS: Bauzeit 1971-1976; Zylinder: 4; Hubraum: 1579 ccm; Leistung: 83 PS; Höchstgeschwindigkeit 165 km/h; Verbrauch: 9 Liter / 100 km

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