Süddeutsche Zeitung

Blech der Woche (65): Citroën Ami 6:Skurriler Kombi

Lesezeit: 3 min

Kein Mainstream-Auto für den Alltag: Im Fall von Pascal Gersch spielt ein Citroën Ami 6 Break die Rolle der Familienkutsche.

In der Serie "Blech der Woche" stellt die Redaktion von sueddeutsche.de Old- und Youngtimer vor - frei nach den Motti: Alte Liebe rostet nicht, oder: Liebe geht durch den Wagen. Schließlich ist die Beziehung von Mensch und Maschine eine unendliche Geschichte voller Leidenschaften.

Dass es ausgerechnet dieses Auto sein würde, mit dem Pascal Gersch ( Passa) einmal seine junge Familie chauffieren würde, hätte er selbst kaum geglaubt. "Mein Schwiegervater hat mich mit dem Citroën-Virus infiziert", meint der einstmals eingefleischte Käfer-Fan. Vor allem die simple Technik des 2CV und seiner Derivate haben es ihm angetan. "Als ich dann als Abschlussarbeit den Burton gebaut habe, der in meinem Carsablanca-Profil zu sehen ist, war das der endgültige Wechsel ins Citroën-Lager."

Die neue Freundin, inzwischen im Status einer Ehefrau, war begeistert, und der Schwiegervater sowieso. Inzwischen dienen eine weiße Ente, die eine ausgebrannte "Bratente" ersetzt und der Burton-Entenumbau als Alltagsfahrzeuge im Hause Passe. Die traurigen Überreste der "Bratente" wurden den kundigen Händen des Schwiegervaters überlassen und befindet sich auf dem Weg der Besserung.

Aber als Vehikel für die junge Familie und den zukünftigen Nachwuchs taugen die rollenden Schwimmvögel nur bedingt: Spätestens der regelmäßige Transport eines Kinderwagens verlangen sehr große Nehmerqualitäten von Auto und Fahrer(in). "Deshalb begann ich, nach einer passenden Alternative zu suchen. Es hätte nicht unbedingt der Ami 6 sein müssen - ein 8er hätte mich genauso gefreut - aber auf jeden Fall ein Break", erläutert Pascal Gersch.

Doch die angebotenen Exemplare erwiesen sich durch die Bank als untauglich, entweder waren sie überteuert oder hatten eine Menge Aufbauarbeit nötig. "Nun mache ich mich nachweislich nicht vor Arbeit bange, wenn es um Autos geht", versichert der Maschinenbautechniker glaubhaft. "Aber da wir inzwischen unter die Häuslebauer gegangen waren und dort auch mein Einsatz gefordert ist, kam ein Restaurationsobjekt nicht in Frage."

Schließlich fand Pascal Gersch doch noch eine passende Offerte im Internet: Das hier vorgestellte Exemplar wartete in einer Garage auf ihn, gerade einmal eine Viertelstunde Fahrzeit von Pascal Gerschs Arbeitsplatz entfernt. Nach einer gründlichen Begutachtung und anschließender Probefahrt begannen die Verhandlungen, die relativ bald zu Ende waren.

Die Substanz des 1968 gebauten Fünftürers war in Ordnung. Das sah auch der TÜV so und gewährte im ersten Anlauf den H-Status, obwohl an Stelle des originalen Antriebs Motor und Getriebe aus dem 2CV 6 verbaut sind. Das geht geringfügig zu Lasten des Temperaments, hat aber den Vorteil, dass Ersatzteile nun für alle Fahrzeuge des kleinen Fuhrparks verwendbar sein werden.

Auch die an der Vorderachse vorhandenen Scheibenbremsen anstelle der sonst üblichen Bremstrommeln erwiesen sich nicht eben als Nachteil. Der Arbeitsaufwand an dem dunkelgrünen Kombi hielt sich bisher in Grenzen: "Eigentlich reichte ihm die kleine Inspektion, mit Ölwechsel, neuen Zündkabeln und -kerzen", resümiert Pascal Gersch erfreut.

"Wenn unser Hausbauprojekt beendet ist, werde ich den Ami auch in Sachen Blech und Lack behutsam wieder auf Vordermann bringen", hat sich Gersch vorgenommen. Das sieht dem Badener ähnlich, denn er hat nach eigenen Angaben schon im Kindesalter mit dem Schrauben begonnen - an einem Bonanza-Rad.

"Familie und Freunde kennen mich von jeher als Fahrrad-, Moped- und Autoschrauber und wundern sich maximal noch über den Grad der Kuriosität der Fahrzeuge, die sie immer wieder bei mir sehen", lacht Pascal Gersch. Als letzte Neuerung hat er der Ami eine Anhängerkupplung gegönnt, um damit einen Dethleffs Tourist Wohnwagen aus den fünfziger Jahren zu ziehen, den er in Eigenleistung restauriert hat. Damit soll es künftig zu Enten-, aber auch zu anderen Oldtimertreffen und in den Urlaub gehen.

Als erstes Ziel ist in den Sommerferien die französische Atlantikküste angepeilt. Auch in seinem Herkunftsland dürfte der luftgekühlte Zweizylinder-Kombi mit den untypischen Doppelscheinwerfern für einiges Aufsehen sorgen. Dass der Ami 6 einmal in Frankreich das meistverkaufte Auto überhaupt war, ist schließlich schon über 40 Jahre her, und allzu viele Exemplare sind auch in der "grande nation" nicht übrig geblieben.

Citroen Ami 6: Bauzeit 1961 - 1969; Zylinder: 2; Hubraum: 602 ccm; Leistung: 28 PS; Höchstgeschwindigkeit 112 km/h; Verbrauch: ca. 5 Liter/100 km

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