Süddeutsche Zeitung

Blech der Woche (34): Sunbeam Tiger V8:Brite mit Ami-Herz

Sportliche Optik allein ist nicht genug, dachte man sich bei Sunbeam und gab dem Alpine einen amerikanischen V8 mit. Jörg Evens besitzt eines der seltenen Dampfhammer-Cabrios.

In der Serie "Blech der Woche" stellt die Redaktion von sueddeutsche.de Old- und Youngtimer vor - frei nach den Motti: Alte Liebe rostet nicht, oder: Liebe geht durch den Wagen. Schließlich ist die Beziehung von Mensch und Maschine eine unendliche Geschichte voller Leidenschaften.

Eigentlich sollte es ein Sunbeam Alpine sein - aber kaum hatte er ihn, erwachte in Jörg Even (joergeven) der Wunsch nach dem Tiger, der verschärften Version des seltenen Zweisitzers. Er suchte spontan im Internet nach einem passenden Angebot. Und wer suchet, so weiß der Volksmund, der findet ... "Vom ersten Blick aufs Inserat bis zum Kauf vergingen gerade einmal zwei Tage", erinnert sich der Saarländer. Nachdem er sich das Objekt der Begierde intensiv auf etlichen Fotos angesehen hatte, kam Even zu dem Schluss: "Das ist er!"

So fuhr er im Anschluss an einige telefonische Verhandlungen quer durch die Republik nach Leipzig, wo der Sunbeam Tiger auf ihn wartete: komplett und bis zur Perfektion restauriert, was durch eine umfangreiche Dokumentation belegt war. Nach einer kurzen Proberunde stand sein Kaufentschluss fest, dann rollte der 46-Jährige heimwärts Richtung Saarland: "Die erste Fahrt mit dem Tiger war auch die bisher längste, und das bei Sauwetter im Spätherbst 2007." Zum Glück blieb die Fahrt für Fahrer und Wagen ohne negative Folgen, doch seitdem ist der Tiger ein reines Schönwetterfahrzeug.

Das dunkelblaue Exemplar von Jörg Even ist ein Sunbeam Tiger Mk II und damit eine besonders rare Spezies: Nicht viel mehr als 500 Exemplare sollen seinerzeit von dieser Serie bei Jensen - als Lohnfertigung der Rootes Group - im britischen Wolverhampton entstanden sein, der ursprünglichen Heimat der Firma Sunbeam.

Der Hauptunterschied zum Sunbeam Alpine besteht in der Motorisierung: Um dem sportlichen Fahrzeug auch ebensolche Fahrleistungen zu ermöglichen, kombinierte man die an den 57er Ford Thunderbird erinnernde Karosserie des Zweisitzers mit einem Smallblock-V8 aus eben diesem Hause. In Jörg Evens Mk II mobilisiert der Motor aus 289 Kubikinch, was in etwa 4800 ccm entspricht, rund 300 PS.

Den Besitzer aus dem saarländischen Dudweiler fasziniert daher auch immer wieder die enorme Kraft, die der nur etwas über eine Tonne schwere Zweisitzer entwickelt und bei Bedarf in einen heftigen Vortrieb umsetzt.

Warum es gerade dieses Auto sein musste, erklärt Jörg Even so: "Eigentlich suchte ich wieder nach einem netten britischen Roadster, nachdem ich mich geraume Zeit zuvor von meinem MG B verabschieden musste. Mein Bruder besaß einen Sunbeam Alpine, der mir optisch gut gefiel. Nachdem ich durch die Vermittlung meines Bruders einen Alpine gekauft hatte, kam ich auf die Idee, dass ein Tiger doch noch besser wäre. Ich habe im Internet gesucht, diesen hier gefunden - und kurz drauf war es meiner!" Der Alpine ging - erneut durch brüderliche Vermittlung - direkt weiter in die Hände eines anderen Enthusiasten.

Seitdem hat Even mit seiner Neuerwerbung rund 5000 Kilometer zurück gelegt. Autobahnen meidet der Sunbeam-Pilot bei seinen Ausfahrten nach Möglichkeit. Auto und Fahrer fühlen sich auf kurvigen Landstraßen wesentlich wohler. Dabei fährt der selbständige Schlossermeister den Sportwagen grundsätzlich offen, auch bei niedrigen Temperaturen.

Seine Ehefrau begleitet ihn auf diesen Ausflügen eher selten. "Ihr steigt bei diesen Fahrten stets der Geruch von Abgasen in die Nase. In der Tat bläst der Tiger durch Verwirbelungen offenbar einen Teil seiner Abgase in Richtung Innenraum. Das ist auf Dauer etwas lästig, da werde ich mir noch etwas einfallen lassen. Meine drei Kinder hingegen stören solche Kleinigkeiten nicht. Die sind jedes Mal begeistert, wenn sie mitfahren dürfen - einzeln natürlich!"

Jörg Even freut sich, ein seltenes Fahrzeug in solch gutem Zustand zu besitzen. Sunbeam Tiger sind schwer zu finden, denn sie wurden nur drei Jahre lang gebaut - von 1964 bis 1967. Dann kaufte Chrysler die Rootes Group auf, die den Tiger in England fertigte. Aus naheliegenden Gründen wollte man bei Chrysler kein Fahrzeug im Programm behalten, das von einen Konkurrenz-Motor angetrieben wurde. Im eigenen Sortiment fand sich kein passendes Aggregat. So wurde die Tiger-Zucht sang- und klanglos aufgegeben. Gut, dass einige überlebt haben. Eines der schönsten Exemplare steht nun im Saarland.

Sunbeam Tiger MK II V8: Bauzeit 1964 - 1967; Zylinder: 8; Hubraum: 4735 ccm; Leistung: 300 PS; Höchstgeschwindigkeit 190 km/h; Verbrauch: 18-23 Liter/100 km

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