Biosprit E10: Billiger?:"Sonst würde es keiner tanken"

Verunsicherte Kunden, nervöse Tankstellenpächter, und eine Öffentlichkeit, die sich nur schlecht informiert fühlt: Warum Aral jetzt vorprescht und den neuen Biosprit E10 künftig als billigste Sorte an seinen Tankstellen verkauft.

Hans-Willy Bein

Verunsicherte Kunden, nervöse Tankstellenpächter, und eine Öffentlichkeit, die sich nur schlecht informiert fühlt. Seit Anfang des Jahres kann man die Biospritsorte E10 tanken - und doch wissen viele nicht so recht, wie sie damit umgehen sollen.

Umstellung auf Bio-Benzin

Die Umstellung auf das neue Bio-Benzin hat begonnen - und sorgt erst einmal für Verwirrung.

(Foto: dpa)

Marktführer Aral zieht nun die Reißleine und kündigt an, das Benzin mit einem Anteil von bis zu zehn Prozent Bioethanol künftig an allen Tankstellen als billigste Benzinsorte anzubieten.

"Wenn es nicht deutlich günstiger wäre, würde es keiner tanken", sagte der Aral-Chef Stefan Brok am Mittwochabend in Düsseldorf. Herkömmliches Benzin werde damit im Schnitt rund fünf Cent teurer sein als der Bio-Mix E10, machte Brok klar.

Der Vorzugspreis für E10 dient auch dem Selbstschutz: Der Gesetzgeber schriebt für den neuen Biosprit klare Quoten vor. Wird die vom Gesetzgeber vorgegebene Bioquote von 6,25 Prozent nicht erreicht, drohen saftige Strafen.

Der Bio-Treibstoff soll in den nächsten Monaten in Deutschland nach und nach das klassische Superbenzin ersetzen. Nur noch eine Tanksäule pro Tankstelle soll dann noch das alte Super anbieten - für Autos, die die neue Sorte nicht vertragen.

Bessere Aufklärung gefordert

Beim Wettbewerber Shell soll der neue Kraftstoff in den nächsten Monaten schrittweise eingeführt werden - zu den Kosten des Biobenzins dort gibt es bislang keine Angaben.

Mit der Einführung von E10 wird eine EU-Richtlinie umgesetzt, nach der der Bioanteil in den Kraftstoffen bis zum Jahr 2020 auf zehn Prozent steigen soll. Ziel dabei ist eine Senkung der CO2-Emissionen und eine Reduzierung der Abhängigkeit vom Öl.

Deutschland marschiert dabei einmal mehr besonders schnell und besonders konsequent voran. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung von E10 sind erst mit der am 13. Dezember in Kraft getretenen 10. Bundesimmissionschutzverordnung gegeben.

Aral hat es nach eigenem Bekunden bisher erst geschafft, einige Hundert seiner mehr als 2500 Stationen zum Beispiel in Bayern und Berlin umzustellen. Dass die Beimischung von Biokraftstoffen den Spritpreis auf lange Sicht dämpft, bestreitet der Mineralölwirtschaftsverband. Im Gegenteil liege zum Beispiel der Preis für Biodiesel seit Beginn der Beimischung "permanent und signifikant" über dem Preis von reinem Diesel, so ein Sprecher.

Aral fordert vor allem eine bessere Aufklärung der Autofahrer durch Politik, Verbände und Automobilhersteller. "Organisatorisch und logistisch ist die Umstellung auf E10 für die gesamte Branche keine leichte Aufgabe", so Vorstand Brok. Hinzu komme, dass die Autofahrer weder vom Gesetzgeber noch von den Autoherstellern darüber informiert würden, welche Fahrzeuge E10 vertragen und welche nicht.

Was ist mit den Autos, die E10 nicht vertragen?

An den Tankstellen herrsche unter den Autofahrern große Ratlosigkeit, oftmals grenze dies sogar an Hysterie, heißt es bei Aral-Leuten. Zwar gebe es Informationsmaterial an den Tankstellen. Verbindliche Auskünfte über die Verträglichkeit des neuen Sprits für den jeweiligen Wagentyp könnten die Mitarbeiter an den Zapfsäulen aber nicht geben.

Was derzeit für zusätzliche Irritationen sorgt: Der ADAC hat bei einer Stichprobe in Bayern festgestellt, dass der neue Biosprit an vielen Zapfsäulen angeschlagen ist, aber noch gar nicht verkauft wird.

Das heißt: Da, wo E10, also "Super mit Schuss" draufsteht, ist noch der alte Sprit drin - Benzin also, das weniger als die ausgeschriebenen zehn Prozent des aus pflanzlichen Abfällen hergestellten Alkohols Bioethanol enthält.

Etikettenschwindel? Aral-Chef Brok versteht die Aufregung nicht. Tatsächlich würden erst die Säulen umgestellt, dann der neue Kraftstoff an den Stationen in die Tanks gefüllt, in denen noch mehr oder weniger große Mengen Super-Kraftstoff der alten Klassifizierung E5 sein könnten.

Tatsächlich erhalte der Autofahrer in den beanstandeten Fällen oftmals einen höherwertigen Sprit als an der Zapfsäule ausgezeichnet. Das eigentliche Problem: Wenn alles so durcheinander ist, was ist dann mit jenen vier Millionen Fahrern, bei deren Autos E10 schwere Motorschäden verursachen kann?

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