Süddeutsche Zeitung

Bioethanol als Treibstoff der Zukunft:Futter im Tank

Erdöl wird knapp - und in Zukunft immer teurer. Damit Autofahren überhaupt noch finanzierbar bleibt, muss eine Lösung her. Neben Wasserstoff und Strom gibt es vor allem eine vielversprechende Alternative - und die wächst auf Äckern.

Von Marcel Sommer

Öl, Sonne oder Wasser - die Kraftstoffsuche für die kommenden Jahrzehnte ist noch lange nicht abgeschlossen. Schon seit Jahren ist klar, dass die Ölvorkommen irgendwann versiegt sein werden.

Eine Alternative für Autofahrer wäre der hauptsächlich aus Futtergetreide und Zuckerrüben gewonnene Biotreibstoff Ethanol. Der wirft aber gleichzeitig ein globales Problem auf, den Kampf um den ethisch korrekten Einsatz von Ackerland. Soll es zur Lebensmittel- oder Biotreibstoffgewinnung genutzt werden? Zuletzt wurde die Diskussion vor der Einführung des Treibstoffs E10 neu entfacht, dessen Absatz in Deutschland bei knapp über einer Million Tonnen im Jahr beziehungsweise elf Prozent des Treibstoffangebots liegt.

Der größte Teil des Ethanols wird aus Mais gewonnen

In Deutschland wird der Biosprit hauptsächlich aus Futtergetreide und Zuckerrüben gewonnen. Insgesamt macht der Biosprit zwei Prozent der heimischen Ackerfläche aus. Weltweit sieht das Ganze etwas anders aus. Zirka 150 Millionen Tonnen Getreide, sieben Prozent der weltweiten Ernte, werden für die Bioethanol-Produktion verwendet. Der größte Teil davon Mais. Allein in den USA landet fast die Hälfte davon im Tank. Beim Zucker, dem eigentlichen Energielieferanten, entfallen sogar 30 Prozent der Welterzeugung auf die Produktion von Ethanol.

Trotz des verhältnismäßig geringen Treibstoff-Ackerland-Verhältnisses in Deutschland bleibt dennoch ein fader Beigeschmack. Wird die gleiche Fläche zur Energiegewinnung genutzt, reicht dies für 16.000 Kilowattstunden Strom oder etwa 3,5 Tonnen Bioethanol.

Aus Pflanzenresten wird Treibstoff gewonnen

Aber es gibt eine Alternative: Der deutsche Spezialchemie-Hersteller Clarant hat ein Verfahren entwickelt, den Treibstoff aus Stroh und anderen Pflanzenresten zu gewinnen. In der im Juli 2012 eingeweihten Demonstrationsanlage im niederbayrischen Straubing wandelt die Firma den schwer zugänglichen Zucker aus bislang nicht verwertbaren Pflanzenresten, wie Maisstroh oder Bagasse, nahezu vollständig in Cellulose-Ethanol um.

Sollte sich das Verfahren durchsetzen, könnte es gleichzeitig einen Aufschwung für den bislang an nur 340 Tankstellen in Deutschland erhältlichen Treibstoff E85 bedeuten. Er besteht aus 85 Prozent Ethanol sowie 15 Prozent Benzin und kostet knapp 1,10 Euro pro Liter. Während die Brasilianer seit Jahrzehnten mit reinem Ethanol fahren, ist die Anzahl der in Deutschland zugelassenen E85 fähigen FFV (Flexi Fuel Vehicles) gering. Zu schlecht ist der Ruf, zu groß die Sorge potenzielle Lebensmittel trotz Hungersnöten im Tank zu verheizen. Dem könnte die Ethanol-Gewinnung aus Pflanzenresten zumindest schrittweise entgegenwirken.

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