Bio-Treibstoff:Pack' den Käse in den Tank

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Auto-Treibstoff aus der Molkerei: Der bayerische Nahrungsmittelkonzern Müllermilch baut im sächsischen Leppersdorf eine Anlage, die Käsereste in Bio-Ethanol umwandelt.

Bio-Ethanol ist einer der wichtigen Kraftstoffe der Zukunft - darüber sind sich Experten einig. Nachwachsende Rohstoffe gelten als umweltfreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen. Derzeit sprechen allerdings noch die hohen Produktionskosten gegen die Verarbeitung von Biomasse wie Gerste oder Zuckerrüben. Kritiker verweisen in diesem Zusammenhang zudem immer wieder auf den großen Bedarf an Ackerfläche.

Müllermilch (im Bild die Molkerei bei Augsburg) stellt demnächst in Leppersdorf/Sachsen auch Bio-Ethanol her. (Foto: Foto: Anton Fuchs)

Das kann jetzt anders werden: "Wir haben ein weltweit einzigartiges Verfahren entwickelt, das Bio-Ethanol aus teilentzuckertem Permeat gewinnt - der so genannten Melasse", sagt Stefan Müller, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Theo Müller. "Melasse entsteht als Restprodukt bei der Käseherstellung. Diese ist für uns praktisch ein kostenloser Rohstoff, wir sind dadurch besonders wettbewerbsfähig und von der Preisentwicklung beim Getreide unabhängig."

Melasse - ein Restprodukt wird wertvoll

Hinzu komme: Ein zusätzlicher Anbau von Biomasse sei nicht notwendig. Im kommenden Monat soll mit dem Bau des neuen Produktionsgebäudes am Standort Leppersdorf (Sachsen) begonnen werden - 20 Millionen Euro wird die Unternehmensgruppe Theo Müller in die Bio-Ethanol-Anlage investieren. "Ende 2007 produzieren wir voraussichtlich den ersten umweltfreundlichen Müller-Bio-Kraftstoff-Zusatz. Pro Jahr wollen wir 10 Millionen Liter Ethanol gewinnen.", ergänzt Müller. Derzeit befindet sich das Unternehmen in Gesprächen mit mehreren Ethanol-Herstellern, die durch den Zukauf des Kraftstoff-Zusatzes von Müller ihre Kapazitäten aufstocken wollen.

Das Produktions-Verfahren von Bio-Ethanol ist simpel und effizient: Bei der Herstellung von Käse fällt Molke an, aus der Eiweiß und Milchzucker abgetrennt werden. Bisher wurde die verbleibende Melasse einfach entsorgt. Jetzt wird das Beiprodukt durch Zugabe von Hefe zu Alkohol vergoren und in einer Destillationsanlage von Wasser und Mineralien getrennt. Letztlich entsteht zu 99,8 Prozent reines Bio-Ethanol, das ohne Weiterbehandlung als Kraftstoff eingesetzt werden kann.

So wird es aussehen, das Werk in Leppersdorf. Diesmal ist wenigstens kein Kirchturm in der Nähe. (Foto: Foto: Müllermilch)

Positive CO2-Bilanz

Noch ist die CO2-Bilanz bei der herkömmlichen Herstellung von Ethanol aus Biomasse umstritten. Zwar entsteht bei der Gärung nur soviel CO2 wie die Pflanze aufgenommen hat, doch sind die Verarbeitungsprozesse zusätzlich energieaufwendig. Im Gegensatz dazu kann die Müller-Gruppe mit ihrer Bio-Ethanol-Anlage eine eindeutig positive Bilanz vorweisen: "Die komplizierte Umwandlung der Biomasse zu einem kohlenhydratreichen Ausgangsprodukt entfällt bei uns.

Außerdem setzen wir das bei der Gärung entstehende Kohlendioxid zum Großteil wieder in unserem Werk ein. Damit sparen wir uns künftig den Zukauf von Kohlendioxid, das zum Transport unter großem Energieaufwand verflüssigt und bei minus 30 Grad Celsius gelagert werden muss", erläutert Müller.

EU setzt auf Bio-Kraftstoff

Anfang März unterstrichen die europäischen Regierungschefs beim EU-Klimagipfel die künftige Bedeutung des nachwachsenden Rohstoffs als Bio-Sprit: Bis 2020 sollen in allen EU-Staaten Diesel und Benzin zu zehn Prozent aus Bio-Kraftstoff bestehen. Damit ist auch Deutschland angehalten, das erst im Oktober 2006 verabschiedete Biokraftstoffquotengesetz nachzubessern. Demnach beträgt ab 2007 der Biokraftstoff-Anteil im Diesel mindestens 4,4 Prozent, im Benzin 1,2 Prozent - mit einer jährlichen Anstiegsquote von 0,8 Prozent.

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