BGH-Urteil:Garantiert strittig

Was sind Garantien wert? Ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs stärkt die Rechte der Autokäufer und macht ihnen gleichzeitig das Leben schwerer.

Helmut Kerscher

Zahlreiche Verträge über Gebrauchtwagengarantien sind teilweise unwirksam und werden für die Zukunft wohl umgeschrieben. Das folgt aus einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) und einem darin enthaltenen Hinweis auf eine gerichtsfeste Vertragsgestaltung.

Der BGH erklärte zunächst eine "Inspektions-Klausel" in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wegen unangemessener Benachteiligung von Kunden für unwirksam. Eine Reparaturkostengarantie dürfe nicht einfach dann entfallen, wenn ein "Wartungsintervall" überschritten worden sei. Die Reparaturklausel schließe die Leistungspflicht "ohne Rücksicht darauf aus, ob die Überschreitung des Wartungsintervalls für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist". (Az: BGH Karlsruhe VIII ZR 251/06)

Den Kunden darf die Beweislast auferlegt werden

Nach diesem Verdikt erklärte der BGH den Firmen, wie sie künftig "der Gefahr einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme" begegnen könnten: Sie dürften den Kunden die Beweislast dafür auferlegen, dass ein konkreter Schaden nicht auf eine unterlassene Inspektion zurückzuführen sei.

Wer sich also eine laut Hersteller fällige Inspektion spart und später einen Schaden geltend macht, hat derzeit gute Karten. Künftig wird er sich nur noch dann auf eine vertragliche Reparaturkostengarantie berufen können, wenn er beweist, dass es zwischen Schaden und fehlender Inspektion keinen Zusammenhang gebe.

Schuld ist immer der andere

Das ungewöhnliche Urteil geht auf einen ganz gewöhnlichen Autokauf im Fränkischen im Juni 2003 zurück. Ein Mann kaufte damals bei einem Händler einen viereinhalb Jahre alten Geländewagen, einen Hyundai Galopper TD 2,5, mit einem Stand von 71.140 Kilometern. Wie häufig in solchen Fällen wollten sich Kunde und Händler wegen etwaiger Mängel durch eine Gebrauchtwagengarantie zusätzlich absichern.

Der Käufer schloss mit der Firma SGS Garantiesysteme einen Formularvertrag über eine Reparaturkosten-Versicherung. Acht Monate und 15.644 Kilometer später musste das Auto wegen eine Schadens an der Kurbelwelle in die Werkstatt. Bald stritten sich Käufer und Garantie-Firma, wer die teure Reparatur bezahlen sollte.

Garantiert strittig

Klarer Fall, sagten beide. Der Kunde berief sich auf die gerade für solche Fälle abgeschlossene Gebrauchtwagengarantie. SGS sah sich hingegen aus mehreren Gründen als leistungsfrei an. So seien Schäden an der Kupplung, die vom Schaden betroffen war, ausdrücklich von der Garantie ausgeschlossen. Das stehe schon im Paragraph 1 des Vertrags. Die Firma machte auch "unsachgemäßen Gebrauch" geltend. Vor allem warf sie dem Kunden vor, er habe sich nicht an seine vertragliche Pflicht gehalten, "die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten durchzuführen und diese in der Garantieurkunde bestätigen zu lassen".

Es kam zum Prozess, in dessen Verlauf drei Gerichte den Formularvertrag unter die Lupe nahmen. Das Amtsgericht Ansbach entnahm den Ausführungen eines Sachverständigen, dass der Schaden auf der Überschreitung der vorgeschriebenen Wartungsintervalle beruhe, und wies die Klage des Autokäufers ab. Der ging in die Berufung und fand beim Landgericht Ansbach verständnisvolle Richter. Sie bezweifelten schon die "Schadensursächlichkeit" der unterlassenen Inspektion, weil das vorgeschriebene Wartungsintervall nur um 827 Kilometer überschritten worden sei. Vor allem aber komme es darauf gar nicht an, weil die gesamte Inspektionsklausel den Verbraucher unangemessen benachteilige und damit unwirksam sei. So habe es das Oberlandesgericht Nürnberg schon vor zehn Jahren gesehen, im Gegensatz allerdings zu anderen Gerichten wie dem Landgericht Freiburg. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ließ Ansbach die Revision zum BGH zu.

Paukenschlag ohne Folgen

Dort ging es in der Verhandlung hoch her, obwohl Richter Wolfgang Ball schon in der Einführung durchblicken ließ, wie der Senat die Sache vorläufig bewertete.

Danach sah es für den SGS-Anwalt Hermann Büttner gar nicht gut aus, was aber der Leidenschaft seines Vortrags keinen Abbruch tat. Büttner fand den Sachverhalt falsch dargestellt, weil der Kunde bei Wartungsintervallen nach jeweils 15000 Kilometern nicht bloß um 827, sondern um rund 16000 Kilometer zu spät daran gewesen sei. Bei einem solchen groben Verstoß müsse sich der Garantiegeber auf den Vertrag berufen können.

Daraufhin warf ihm sein Kollege Volkert Vorwerk vor, er habe sein Plädoyer mit einem Paukenschlag begonnen, obwohl die Pauke "nicht mit Fell, sondern mit Pergament" bespannt gewesen sei. Denn es sei eindeutig, dass es nur um 827 Kilometer gehe. Das meinten schließlich auch die Richter.

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