Better Place:Batterien für alle

Eindrucksvoller könnte die Symbolik nicht sein: In einem alten Öltank in Tel Aviv probt Shai Agassi die Revolution - der schnelle Akkutausch im Elektroauto.

Peter Münch

Einer wie er steht immer unter Strom. Wer die Welt zu einem besseren Platz machen will, der hat nicht viel Zeit und muss am besten an vielen Orten zugleich sein können. Und weil Shai Agassi obendrein für pfiffige Ideen immer zu haben ist, hat er sich einfach vervielfältigen lassen. Fast leibhaftig jedenfalls erscheint er den Besuchern im Informationszentrum seiner Firma "Better Place". Mal von rechts und mal von links preist er als Hologramm die Vorzüge seines vermeintlichen Wunderwerks: eines Elektroauto-Systems, mit dem Agassi nichts anderes als die automobile Welt revolutionieren will.

Shai Agassi Better Place

Shai Agassi ist für pfifige Ideen immer zu haben.

(Foto: Foto: Better Place)

Der 42-jährige Israeli, der schon in jungen Jahren 400 Millionen Dollar mit dem Verkauf einer Software-Firma verdient und danach als Vorstand beim deutschen SAP-Konzern Furore gemacht hatte, ist der Motor dieser Revolution. Und die Keimzelle des Projekts, der Sitz des Besucherzentrums, ist das Innere eines gewaltigen ehemaligen Öltanks am nördlichen Stadtrand von Tel Aviv.

Wie fast alles ist auch das von eindrucksvoller Symbolik: Das Öl wird nicht mehr gebraucht, das Elektroauto hält Einzug. In keimfreiem Chic können die Besucher mit Hilfe von Imagefilmen und Infotafeln lernen, wohin die Reise gehen soll.

Zukunftsmusik ist das schon lange nicht mehr. Draußen auf dem Parkplatz steht schon die Limousine bereit zur freien Fahrt. Der Clou: Es sieht aus wie ein Auto, aber es riecht nicht und macht keinen Krach - und beschleunigt trotzdem wie ein Benziner. Mit dem französischen Renault-Konzern hat Agassi einen langfristigen Vertrag geschlossen. Bis 2016 will er dem Unternehmen 100.000 Fahrzeuge abnehmen, mindestens.

Israel setzt sich an die Spitze der E-Bewegung

Sein Heimatland jedenfalls steht voller Überzeugung hinter den Plänen des charismatischen Geschäftsmannes Shai Agassi, dem schon einmal bescheinigt wurde, dass er auch Kamele an die Saudis verkaufen könnte. Israels Präsident Schimon Peres persönlich hat sich des Projekts angenommen und Türen geöffnet.

Der größte Ölmagnat des Landes, Idan Ofer, der sein Geld mit einer riesigen Raffinerie in Haifa verdient, gehört mit 200 Millionen Dollar zu den Großinvestoren von Better Place, und die Regierung in Jerusalem verzichtet bei den Elektrofahrzeugen auf einen Großteil der sonst für Autos fälligen Importsteuer von 72 Prozent. Möglich wird das nur, weil sich Agassis Geschäfts- und Weltrettungsinteresse mit dem nationalen Interesse Israels trifft. Denn mit den Elektroautos könnte den feindlichen arabischen Nachbarn langfristig die Ölwaffe entwunden werden.

Während anderswo auf der Welt die Ingenieure noch zwischen Hybrid und Zweifel stecken, preist Shai Agassi selbstsicher das Besondere an seinem Elektroauto-System. Der Käufer zahlt hierbei nur für das Auto, nicht für die unter der Rückbank installierte etwa 10.000 Dollar teure Batterie. Die bleibt im Besitz der Firma Better Place, die mit dem Autobesitzer einen Nutzungsvertrag ähnlich einem Handyvertrag abschließt. So wird der Autokauf erschwinglich - zumal, wenn er wie in Israel staatlich gefördert wird.

Schon im nächsten Jahr will Agassi sein Auto in Serie auf den Markt bringen. Israel ist neben Dänemark als Modell-Land auserkoren, und der israelische Boden wird dafür großflächig bereitet. Der Radius der Autos liegt derzeit bei 150 Kilometern, dann müssen die Batterien aufgeladen werden.

Agassi warnt: "Wer zu spät kommt ..."

Weil das jedoch immer Stunden dauert, baut Better Place ein landesweites Netz von mehr als hundert Austauschstationen in Israel auf. Dort wird in Minutenschnelle - wie beim Auftanken an einer Tankstelle - die verbrauchte Batterie gegen eine neue gewechselt. Überdies sollen die Autofahrer zu Hause, am Arbeitsplatz, auf Parkplätzen oder vor Supermärkten die Batterien an Steckdosen aufladen können, die auch von Better Place überall bereitgestellt werden.

Als jüngst Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer Israel besuchte, informierte auch er sich im umgebauten Öltank über Israels weit fortgeschrittenes Elektroauto-Projekt. Ganz am Ende der Hologramm-Vorführung erschien ihm dann aber Shai Agassi auch noch leibhaftig.

Der Firmenchef wollte es sich nicht nehmen lassen, den deutschen Minister persönlich davor zu warnen, dass die deutsche Autoindustrie in eine Sackgasse brause. In Wolfsburg, Stuttgart oder München hat Agassi nämlich bislang wenig Gehör gefunden - und ihm zufolge ist das vor allem ein Problem für die Deutschen. Denn wer zu spät kommt, so glaubt er, den überrollt das Leben.

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