Baufällige Fehmarnsund-Brücke:Maroder Kleiderbügel

Fehmarnsund-Brücke in Schleswig-Holstein

Die Fehmarnsund-Brücke verbindet die Ostsee-Insel Fehmarn (Schleswig-Holstein) mit dem deutschen Festland.

(Foto: dpa)

Die Fehmarnsund-Brücke ist eine wichtige Etappe auf dem Weg nach Skandinavien. Aber wie lange hält die Konstruktion mit der markanten Form noch durch? Ein Gutachten gibt eine beunruhigende Prognose.

Von Kristina Läsker, Hamburg

Sie sind den Kranichen gefolgt. Wenn die Zugvögel von Skandinavien nach Mitteleuropa fliegen, müssen ihre Wege über das offene Meer möglichst kurz sein. Von Dänemark aus ziehen die Vögel über den Fehmarnbelt, die Wasserstraße zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn, und weiter über die Meerenge Fehmarnsund nach Ostholstein auf das Festland. Sie machen das schon lange so. Seit gut 50 Jahren aber folgen ihnen die Menschen: Wer von Kopenhagen nach Hamburg will, nimmt erst die Fähre über den Belt und dann die Brücke über den Sund.

Vogelfluglinie heißt die Route, sie gehört zu den am meisten genutzten Verkehrswegen zwischen Skandinavien und Deutschland. Das schafft Probleme. Denn die 1963 eröffnete Fehmarnsund-Brücke ist nicht gemacht für so viel Andrang. Man könnte sagen, die Brücke ist unter all der Last so müde geworden wie ein alter Kranich.

Am Dienstag waren Gerüchte aufgeflackert, dass die Konstruktion baufälliger ist als angenommen. Eine kurzfristige Schließung könne nicht mehr ausgeschlossen werden, berichtete der NDR. Das Dementi folgte sofort. "Die Autofahrer müssen sich zurzeit keine Sorgen machen", sagte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD). Für eine kurzfristige Sperrung lägen trotz Materialermüdung keine Informationen vor.

Nur reparieren, wo es brennt

Ein Aufreger bleibt die Brücke - wegen der markanten Form gerne Kleiderbügel genannt - trotzdem. Denn im Norden sind sie zunehmend genervt vom Verfall ihrer Infrastruktur. Davon, dass Bund und Land gefühlt nur da reparieren, wo es brennt.

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Diese Woche etwa ist wieder einmal eine der Schleusen am maroden Nord-Ostsee-Kanal gesperrt. Für Containerschiffe heißt das längeres Warten, bevor sie die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt passieren dürfen. Ins Gedächtnis haben sich auch die Staus auf der Rader Hochbrücke eingebrannt; auf der A 7 bei Rendsburg floss wegen eines maroden Pfeilers über viele Monate kaum etwas.

Macht die 1,3 Kilometer lange Verbindung über den Fehmarnsund nun noch mehr Ärger als sonst? Eine Eisenbahntrasse und eine Bundesstraße laufen über die windanfällige Brücke. Bei Starkwind ist sie bereits häufig für leere Lkw und Wohnwagengespanne gesperrt, auch sonst sorgt sie öfter für lästige Warterei.

Zuständig sind der Bund und die Deutsche Bahn - und die haben wegen der Probleme schon 2013 ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Mitte nächster Woche vorgestellt wird. Auszüge daraus lesen sich nach SZ-Informationen durchaus bedrohlich. Die Gutachter warnen vor einer "teilweise erheblichen Überlastung" der Brücke - allerdings erst im nächsten Jahrzehnt.

Beunruhigende Prognose

Die Studie geht von größeren Verkehrsmassen aus, und das hat mit einem anderen Großvorhaben zu tun, über das sie im Norden zanken: die geplante Fehmarnbelt-Querung. Denn zwischen Lolland und Fehmarn wollen sie einen knapp 18 Kilometer langen Tunnel bauen. Die Röhren sollen spätestens 2022 fertig sein, dann soll der Verkehr auf vier Fahrspuren und zwei Eisenbahnsträngen unter der Ostsee fließen - was zwangsläufig zum Kollaps auf der alten Fehmarnsund-Brücke führen dürfte.

Auch die Dänen dürften sehr genau auf die Macken der Sundbrücke schauen: Sie finanzieren nämlich den mindestens 5,5 Milliarden teuren Belttunnel - und sie wären sicherlich ungehalten, wenn die Deutschen sich weiterhin ihre uralte Brücke und damit ein lästiges Nadelöhr leisten.

Und so muss ein Ersatz her für die alte Verbindung über den Sund - egal ob neue Brücke oder Tunnel. "Es gibt dazu noch keine Entscheidung", sagte Verkehrsminister Meyer. Nur eines steht fest. Bis es so weit ist, kann es noch dauern, und es kommt teuer: Ein Brücken-Neubau könnte laut Verkehrsministerium in Kiel gut 200 Millionen Euro kosten.

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