Autosammlung Jay Leno:Lenos geheime Schätze

Vom Fiat Topolino bis zum Düsenauto von Chrysler: Die Autosammlung des amerikanischen Late-Night-Talkers Jay Leno ist spektakulär und ziemlich einzigartig. Ein Besuch.

Stefan Grundhoff

In dieser Gegend, rund eine halbe Stunde nördlich von Los Angeles, verirrt sich sicher niemand zufällig. Nach einem Museum oder einer entsprechenden Beschilderung braucht man in der leicht heruntergekommenen Wohnsiedlung im Schatten der Hollywood Hills auch gar nicht erst zu suchen: Nichts deutet darauf hin, dass in den Hallen an der Rückseite des Flughafens von Burbank mehr als 130 spektakuläre Fahrzeuge und 100 Motorräder in einer einzigartigen Ausstellung erstrahlen - die Sammlung des US-Showmasters Jay Leno.

Autosammlung Jay Leno

Ein "Flügeltürer" in strahlendem Grau: Mercedes 300 SL, ein Glanzstück der Leno-Sammlung

(Foto: Foto: Pressinform)

Das schwere Gittertor öffnet sich wie von Geisterhand und Jay Leno begrüßt seine Gäste im Jeanslook mit Arbeitsschuhen und einem Lächeln im Gesicht: "Ich schlafe zu Hause und arbeite nebenan in den Studios. Aber ich lebe hier in meiner Garage." So lange er denken kann ist Leno Autonarr. Mit der Übernahme der Tonight Show von Johnny Carson wurde der italienisch-stämmige Amerikaner Anfang der neunziger-Jahre zur TV-Legende, stach bald auch Fernseh-Ikone David Letterman aus und wurde so zum Megastar.

Doch der ehemalige Comedian hat seine Wurzeln in der Autobranche. "Ich habe als Junge bei Mercedes in einer Werkstatt gelernt", erzählt er - während er lachend um ein grünes Duesenberg Cabriolet vom Typ SJ von 1932 herumschleicht. "Danach habe ich dann bei Ford noch Tachos zurückgedreht." Eine Leidenschaft, die Jay Leno blieb. "Jay fährt jeden Tag mit einem anderen Wagen. Am Wochenende auch oft mit seinen Motorrädern", erzählt Bill, einer seiner Angestellten, "dabei hat er noch nie eines seiner Autos verkauft. Er kauft immer nur neue."

Mittlerweile beschäftigt Leno in seiner "Big Dog Garage" sieben Angestellte die die Fahrzeuge warten, instand setzen und reparieren. Jeden Tag fährt der grauhaarige Entertainer von seinem Haus in Beverly Hills die 20 Minuten lange Fahrstrecke nach Burbank und verbringt den Großteil seines Tages in der blitzblanken Garage - die tägliche Jay Leno Show am späten Abend scheint für ihn längst Nebensache geworden zu sein.

Alter Glanz mit neuem Motor

Nicht nur echten Autofans dürften in der "Big Dog Garage" die Augen übergehen. In der zentralen Werkstatthalle werden ein alter Rolls Royce und ein Hispano Suiza gerade in ihre Einzelteile zerlegt. Sie dürften es schwer haben, bis Weihnachten noch auf die Räder zu kommen. Auf der Hebebühne ein Stück weiter hinten wird an einem goldenen Oldsmobile Toronado gearbeitet. Innen glänzt neues Leder, auch Bremsen und Reifen sind neu. Gleich daneben ein Formel-Renner aus den späten Siebzigern.

Eines der Lieblingsautos von Jay Leno war bis vor kurzem wohl noch im Einsatz. "Der Mercedes 300 SEL 6,3 von 1971 ist mittlerweile gut 325.000 Meilen gelaufen", strahlt der Showmaster. "Er war als Kind immer mein Traumauto. Ihn fahre ich besonders gern" - weswegen dem alten Benz neuen Ehren erwiesen werden und er ein 6,3-Liter-Triebwerk aus dem neuen Flügeltürer SLS implantiert bekommen soll. Das hieße eine Leistungssteigerung von 300 auf 571 PS. Zumindest die Hubraum-Letter am Heckdeckel müssten die Mechaniker nicht ändern.

Ein paar Meter weiter, zwischen Drehbänken und ein paar Oldtimern aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts erstrahlt kaum weniger poliert als die Karossen eine Luxus-Küche. "Hier esse ich mit meinen Leuten. Ich bin schließlich meistens hier", erzählt Leno, während er nach links deutet. Hier stehen riesige Dampfmaschinen. "Jay liebt die Dinger", wirft einer seiner Monteure ein, "Hauptsache, es dreht sich irgendetwas".

Dann geht's hinaus - und gleich gegenüber in die nächsten drei Hallen. Die Strahler an der Decke sind so hell, dass man eine Sonnenbrille aufsetzen möchte. Gleich links stehen ein roter Ford GT, eine blaue sowie eine schwarze Dodge Viper, daneben die neue Corvette ZR-1. Zudem ein Dodge Charger Baujahr 1968 und nebenan eine neue Version des Musclecars. Der eine orange, der andere schwarz.

Über 100 Autos wollen bewegt sein

Gegenüber hat ein getunter Ford F-150 seine Platz gefunden, ein Chevrolet Equinox mit Brennstoffzelle und ein schwarzer Bentley Turbo R. "Alle Autos hier sind fahrbereit und angemeldet", so Jay Leno, "ich entscheide spontan, welchen Wagen ich nehme. Einmal ein altes Morgan Dreirad, mal meinen Porsche Carrera GT oder meinen Mercedes E 55 AMG. Mit dem fahre ich sehr viel." Deutlich weniger kommen die zahlreichen Duesenbergs, Bugattis oder Tatras zum Einsatz. Über 100 Fahrzeuge müssen erst einmal bewegt werden.

Die meisten Fahrzeuge haben mächtig Power unter der Haube. Die beiden spektakulärsten Modelle sind "The Tank", ein offener Zweisitzer mit einem ohrenbetäubenden Panzer-Triebwerk und der Ecojet, ein Einzelstück, das allein für Jay Leno gebaut wurde. Ebenso wie ein Motorrad und ein Pick-up wird dieser Eigenbau von einer Flugzeugturbine angetrieben. Ursprünglich war der EcoJet nur als Showcar für die SEMA 2006 in Las Vegas gedacht - da es bei Leno aber nur Autos gibt, die auch wirklich fahren, hauchten Leno's Techniker Jim Hall und Bernhard Juchli dem Showcar auf Plattform einer Corvette automobiles Leben ein. Die Honeswell-Turbine im Heck leistet mehr als 700 PS und 800 Nm Drehmoment - die von einer GM-Viergang-Automatik gezähmt werden. Mit Bioethanol betankt schafft der EcoJet 250 km/h Spitze. Wenn es traditioneller sein soll, hat Leno immer noch eines der wenigen Düsenautos von Chrysler in seiner Garage.

Ein fast unscheinbarer Chrysler Imperial in Metallicgold hat seine ganz eigene Geschichte. "Eines Tages rief ein 93-jähriger Filmproduzent bei mir an und fragte, ob ich seinen Imperial haben wolle. Interessierte mich jedoch nicht. Doch er sagte, der Wagen sei topgepflegt, aus erster Hand, und zur Sicherheit hätte er seinerzeit jedes Ersatzteil doppelt zum Auto dazu gekauft. Als ich zu dem Produzenten nach Berverly Hills fuhr, stand da ein Chrysler Imperial wie neu - und jedes Teil gab es doppelt. Jetzt steht er hier."

An den Wänden hängen Hunderte von riesigen Plakaten und Werbebannern. Es sind Verkaufsplakate von Oldtimern, Werbung für Autorennen oder Zündkerzen. Vor gigantischen Plakaten stehen auch zwei Hudson-Limousinen, die nur aus einem Gangster-Streifen der fünfziger Jahre stammen können. Beide Coupés befinden sich im Bestzustand.

Manchmal tut's auch ein Fiat Topolino

Dabei hat Jay Leno an sich kein Interesse, alle Fahrzeuge auf Ausstellungsniveau zu bringen. Dass das keine leeren Worte sind, sieht man an ein paar Meter weiter an einem roten Mercedes 300 SL. Der Flügeltürer hat schon bessere Zeiten gesehen, der Lack wirkt stumpf. Leno hüpft mit dem Hintern auf den Kotflügel und lacht: "Mit welchem SL kann man das schon machen? Fährt aber prima. Habe ich den Siebzigern in der Wüste gefunden."

Er hat gut lachen. Eine Halle weiter steht ein weiterer Flügeltürer von 1956 in strahlendem Grau, ein Stück weiter ein aktueller SLR. "Es könnte morgens durchaus schlimmere Probleme geben, als sich zu fragen, mit welchem Auto man unterwegs sein möchte. Das muss man sich immer vor Augen halten", schmunzelt Jay Leno.

Es müssen auch nicht immer Powercars mit Leistung ohne Ende sein. So mancher Kleinwagen steht in seiner Gunst ganz oben. Der offene Flitzer Honda SM 600 hat es ihm bei gutem Wetter besonders angetan. Kaum weniger rar ist der Mazda Cosmo oder ein Ford Shogun als Powerversion des alten US-Fiesta mit Heckmotor und Turbopower.

Eines der Schmuckstücke in der 130 Fahrzeuge starken Sammlung ist ein Fiat Topolino. Jay Leno: "Wenn man mit dem unterwegs ist, reißen sich die Frauen die Kleider vom Leib. Das muss man erlebt haben."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: