Autosalon Paris:Volkswagen feiert gegen die Krise an

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Die europäischen Autobauer stecken in tiefen Absatzkrisen. Der Volkswagen-Konzern hingegen demonstrierte auf der Vorabend-Party vor dem Pariser Autosalon Normalität und Gelassenheit. Aber irgendwie war es dann doch anders als in den Jahren zuvor.

Thomas Fromm

Es ist vielleicht nicht das beste Omen, der Letzte der Branche zu sein, der noch jubelt. Aber es ist Pariser Autosalon, und da muss der Champion feiern. Die Volkswagen-Manager spielen ihre Rollen. Audi-Chef Rupert Stadler spricht von "good vibrations"; der Chef der kriselnden Spanien-Tochter Seat, James Muir, schaut sich ein neues Modell an und ruft entzückt: "Wow, what a beautiful car!" - so ein schönes Auto. Und Lamborghini-Chef Stephan Winkelmann behauptet: "Wir verkaufen keine Mobilität, wir verkaufen Träume."

Irgendwie war einiges anders als sonst: Martin Winterkorn, Vorstandsvorsitzender von VW, bei der der Markenpräsenation der Volkswagen Group im Vorfeld des Pariser Autosalons. (Foto: dpa)

Es sollte so sein wie immer, wenn der Volkswagen-Konzern zur Vorabendparty lädt. Normalität ist wichtig, gerade in schwierigen Zeiten. Daher ist die Dramaturgie wie gehabt: Rock- und Techno-Beats, grelle Lichter, kreischende Motoren. Volkswagen hatte seinen Konzernabend im ehemaligen Pariser Bahndepot Freyssinet unter das Motto "Driven by desire" gestellt: "Getrieben vom Verlangen". Bei der Konkurrenz geht es gerade weniger ums Verlangen - sondern ums Ganze. Bei Opel, Fiat, Peugeot. Hier die Existenzfrage, und dort die VW-Tochter Bugatti mit dem "schnellsten offenen Zweisitzer der Welt", wie der Hersteller lobt. So unterschiedlich kann die Welt sein.

Doch in der VW-Welt gibt es an diesem Abend nicht nur Autos. Am Rande der Feier steht einer mit seinem Mineralwasserglas, der nur selten über Autos redet, dafür umso mehr über Zahlen. Hans Dieter Pötsch, Finanzchef und neben VW-Boss Martin Winterkorn und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch der wichtigste Mann im Unternehmen. Ohne ihn geht im Hause nichts. Kein Porsche-Deal, keine MAN-Übernahme. Pötsch ist Herr über 20 Milliarden Euro, die bei den Wolfsburgern in der Kasse liegen. Man könnte sie nun ausgeben, die schwachen Rivalen in Europa übernehmen. Alfa Romeo wäre so eine Firma. Es wird seit Langem spekuliert, wann VW die Fiat-Tochter kaufen könnte. Pötsch aber sagt: "Wir müssen uns in diesem Umfeld Liquidität vorbehalten."

Was technisch klingt, ist im Grunde einfach: Das Geld soll in der Konzernkasse bleiben - für den Fall, dass die Konjunktur weiter schwächelt, der Absatz doch zurückgeht oder die Banken wegen der Euro-Krise keinen Kredit mehr geben. Noch hat VW kein Problem, sich Milliarden am Markt zu besorgen. Derzeit sei der Konzern ein "sicherer Hafen" für Investoren, sagt Pötsch - eine Alternative, während europäische Staatsanleihen wackeln.

Man spürt die Krise - aber noch nicht richtig

Genug Geld, genug Autos, genug Verkäufe. Vielleicht ist dies das Besondere bei VW in diesen Tagen. Man weiß, dass sie da ist, die Krise, spürt sie aber noch nicht richtig. Bis Ende August hat der Konzern über sechs Millionen Autos ausgeliefert - während bei anderen alles zusammenbricht, wächst VW um zehn Prozent. Winterkorn spricht vom "Blitzstart des neuen Golf mit überaus erfreulichen Auftragseingängen", plant schon mit neuen Milliardengewinnen. Und ist doch selbst skeptisch. Seine Abendrede beginnt er mit Fragen: Wie lange wird die Krise dauern? Wie schwierig wird es noch? Wie geht es weiter mit der Konjunktur? "Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten", sagt er.

Winterkorn weiß, dass auch VW nicht ohne Europa funktionieren kann. "In diesen Tagen stimmen bereits viele den Abgesang auf Europa an", sagt er. "Dem stellt sich der Volkswagen-Konzern entschlossen entgegen." Und stellt eine Spanierin und einen Portugiesen auf die Bühne. Zwei Menschen aus Krisenländern, die für das Unternehmen arbeiten. Die Botschaft: VW bildet aus, VW hilft in der Schuldenkrise.

So schieben sie sich langsam unter das Motorengeheul: die leisen Zwischentöne, die Bedenken. Es ist noch nicht so lange her, da warnte man die Wettbewerber. Bis 2018 wolle man größter Autobauer der Welt werden. Jetzt, wo die Konkurrenten immer schwächer werden, wo VW allenfalls noch der japanische Konzern Toyota und die Koreaner von Hyundai gefährlich werden, sagt Finanzvorstand Pötsch: "Wir verdrängen niemanden, und wir laufen nicht mit großer Brust herum." VW zwischen Triumph und Zweifeln. Ferdinand Piëch, sonst ein Mann mit Ausdauer, war bei der Feier kurz nach der Autopräsentation verschwunden. Irgendwie war einiges anders als sonst.

© SZ vom 28.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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