Bislang ist der Autopilot nur auf Autobahnen und Highways einsetzbar. Abbiegen oder Einparken muss der Fahrer noch selbst.
(Foto: dpa)Doch es funktioniert erst einmal nicht. Er kommt sich eher vor wie ein Vater, dessen Tochter gerade den Führerschein gemacht hat und nun stolz die Fahrkünste präsentieren möchte. Mit feuchten Händen sitzt er daneben, fürchtet das Schlimmste und ist stets bereit, das Lenkrad zu packen und einen Unfall zu verhindern. Er muss sich auf die Lippen beißen, um nicht zu rufen: "Langsamer." Oder: "Nicht so dicht auffahren." Oder: "Verdammt noch mal, nun brems doch schon!"
Es gibt für einen Menschen nur eine schrecklichere Vorstellung als jene, dass ein anderer Mensch über ihn bestimmt: Dass es eine Maschine ist, die da über einen bestimmt. Das einzig Beruhigende in diesen ersten Minuten ist die Gewissheit, jederzeit übernehmen zu können - durch das Drücken der beiden Knöpfe, das Greifen des Lenkrads oder das Treten von Gas oder Bremse. Der Mensch muss, will er dieses Feature nutzen, der Maschine vertrauen - und die fährt nun einmal ein wenig anders als er selbst: Jack, diesen Spitznamen haben sie bei Audi diesem Testfahrzeug gegeben, hält sich penibel an die Geschwindigkeit, er fährt nicht zu nah auf, er vollführt keine waghalsigen Manöver. Jack ist, das wird nach wenigen Minuten klar, ein stinklangweiliger Fahrer.
Jack bleibt gelassen
Die einzige Form der Unterhaltung besteht darin, beim Überholtwerden den Insassen des anderen Autos durch beidarmiges Winken einen gehörigen Schrecken einzujagen: Guck' mal - ohne Hände!
Plötzlich schert ein anderes Fahrzeug aus und brettert von rechts auf die Fahrspur. Man will eingreifen, doch Jack bleibt gelassen. Er bremst nicht, er lenkt nicht, er fährt einfach weiter - weil Bremsen und Lenken überflüssig gewesen wäre. Alles in Ordnung. Danach will Jack überholen, auf dem Bildschirm in der Mitte präsentiert er seinen Plan: Blinken, Spur wechseln, weiterfahren. Der Bildschirm im Gehirn präsentiert ein anderes Szenario: Fehlfunktion, Kollision, Krankenhaus.
Die Hände bewegen sich zum Lenkrad, der rechte Fuß zur Bremse - doch Jack blinkt, er wechselt die Spur, er fährt weiter. Wie bei der Tochter kommt einem auch bei Jack nach ein paar Minuten dieser Gedanke: Okay, vielleicht ist das doch ein ganz brauchbarer Autofahrer.
Abbiegen muss der Mensch noch selbst
Nach 35 Kilometern folgt der Wechsel auf einen anderen Highway, das kann der Autobahnpilot nicht. Eine Stimme erklärt zunächst, in spätestens einer Minute zu übernehmen. Bei der 15-Sekunden-Marke wird das blaue Licht orange, dann rot. Es piept. Wenn der Mensch nicht übernimmt, dann schaltet der Autopilot die Warnblinkanlage ein, bremst das Fahrzeug ab und verständigt nach dem Stillstand die Polizei. Übernimmt der Mensch, bewegen sich Lenkrad und Sitz wieder minimal - die Fahrt geht ohne Verzögerung weiter.
Die Übernahme der Kontrolle ist ähnlich wie das Loslassen ein grotesker Moment, gruselig auf eine andere Art. Natürlich hat der Fahrer seinen Sitz nicht umgedreht oder ist auf die Rückbank gekrabbelt, doch er war auch nicht so aufmerksam, als wäre er selbst gefahren. Er wundert sich nun, warum das Fahrzeug nicht automatisch abbremst oder den Abstand hält, er muss sich daran erinnern: Du musst das nun alles wieder selbst tun. Das Gehirn des Menschen stellt sich nicht so reibungslos um wie das Fahrzeug.