Automesse in Shanghai:So kämpft Audi um die Vorherrschaft in China

IAA Frankfurt - Audi

"Ich reise im Jahr mindestens fünf-, sechsmal nach China", sagt Audi-Chef Rupert Stadler.

(Foto: dpa)

Elf Milliarden Euro will Audi in den kommenden Jahren in neue Technologien, Produkte und Standorte weltweit investieren. Auch nach China wird viel Geld fließen. Audi-Chef Rupert Stadler weiß: Hier entscheidet sich, ob sein Unternehmen die Nummer eins unter den Premium-Marken wird.

Von Thomas Fromm

Rein logistisch hätte es ein perfekter Termin für den Manager sein können. Rupert Stadler, Audi-Chef aus dem Altmühltal, war beim "Forum Manager" von Süddeutscher Zeitung und dem TV-Sender Phoenix in der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt in Ingolstadt - und eigentlich hätte er es am Mittwochabend nicht weit gehabt bis nach Hause. Nur, dass der 50-Jährige nicht in seine erste Heimat fuhr. Sondern in seine zweite Heimat. Und die ist vom Altmühltal weit weg.

Interviewrunde, Dusche, in den Firmenflieger, und weiter nach Shanghai zur Automesse. Denn die zweite Heimat, man muss es so sagen, ist für den Manager im Moment vielleicht noch wichtiger als die erste. 400.000 Autos hat die VW-Tochter Audi im vergangenen Jahr in China verkauft, mehr als die Rivalen BMW und Daimler. 400.000 von 1,45 Millionen insgesamt. Und ein Plus von fast 30 Prozent. Da ist Shanghai ein Pflichttermin. Dafür steigt man schon mal am Abend in den Flieger.

Stadler will bis zum Jahr 2020 die Nummer eins unter den Premiumherstellern werden. Das geht nicht ohne China. Das Problem nur: Daimler will das Gleiche. Und BMW will sich nicht vom Premium-Thron stürzen lassen. Also geht es für Stadler so oft wie möglich vom Altmühltal nach Asien, ins Land der großen Gewinne. Aber auch der großen Umweltprobleme. Der großen Smogwolken. Der hoffnungslos verstopften Stadtautobahnen. "Ich reise im Jahr mindestens fünf-, sechsmal nach China", sagt er vor seinem Abflug in Ingolstadt. "Bin in Beijing, bin in Shanghai, bin in verschiedensten Orten, und in Peking ist es halt nicht lustig, wenn Sie den blauen Himmel nicht sehen. Dann sagt man auch: ,Menschenskinder, was ist dein Beitrag, was kannst du eigentlich mitmachen, wo kannst du beeinflussen?'. Und ich glaube schon, dass man dort Dinge auch richtig tun kann."

Die Stimmung kippt

Der chinesische Markt wird nicht nur immer wichtiger, er wird auch immer komplizierter. Viele deutsche Manager fragen sich, wie lange ihre Benzin- und Diesel-Limousinen noch in Chinas Millionen-Metropolen gelassen werden. Der Zeitpunkt, an dem nur noch emissionsfreie Elektroautos durchgewunken werden, wird kommen - eher früher als später. Dazu kommt: Gerade jetzt, wo der europäische Markt am Boden liegt, sind auch die Nachrichten aus China nicht mehr ganz so beruhigend wie in den vergangenen Jahren. Die Stimmung kippt, der Markt für Luxusautos dürfte sich abkühlen. Und Experten rechnen nur noch mit einem Wachstum von zehn Prozent für Premiumwagen. Zehn Prozent klingt viel, wenn man an Europa denkt. Für China ist das wenig.

Audi und VW haben früh auf China gesetzt, das hilft heute. "Wir sind mittlerweile seit 25 Jahren in China zuhause", sagt Stadler. "Wir haben uns dort das sehr ambitioniertes Ziel gesetzt, 700.000 Einheiten pro Jahr in China zu verkaufen." Aber Stadler muss auch eingestehen: "Das, was wir in China den Wettbewerbern an Nasenlänge voraus sind, sind sie uns halt in den USA voraus. Also werden wir dort natürlich versuchen zu wachsen."

Elf Milliarden Euro will Audi in den nächsten Jahren in neue Technologien, Produkte und Standorte investieren. Darunter auch: das neue Werk in San José Chiapa in Mexiko, wo von 2016 an Geländewagen gebaut werden sollen. "Wenn wir nach Deutschland gucken, dann kostet Sie eine Automobilstunde in der Fertigung zwischen 40 und 50 Euro", so die Rechnung des Autobosses. "Wenn Sie nach Mexiko gucken, dann kostet Sie eine Fertigungsstunde in der Größenordnung zwischen sieben und zehn Euro." Und, der Vorteil: Von Mexiko aus können die Autos ohne lästige Einfuhrzölle auch auf den wichtigen US-Markt gebracht werden. China, Mexiko - geht das nun alles zu Lasten der Standorte in Deutschland? Stadler sagt: nein. "Die Produktivitätsfortschritte, die hier in Deutschland gemacht wurden in den letzten zehn Jahren, haben schon dazu geführt, dass wir wettbewerbsfähig geblieben sind."

Audi muss liefern

So bleibt die alte erste Heimat wohl auch in Zukunft erst einmal die erste Heimat. Auch wenn der Konzern immer öfter seiner Autos außerhalb Europas bauen wird - gerade in Zeiten, in denen Märkte wie Italien vor sich hin dümpeln. "Momentan werden kleinere Brötchen gebacken", so Stadler. "Wenn die Gesamtmärkte nicht da sind, wird man weniger Autos verkaufen in Europa." Ruhig wird es also nicht für den Audi-Chef. Auch nicht, wenn er dann wieder zurück ist aus Shanghai.

Es ist noch gar nicht so lange her, da hatte VW-Chef Martin Winterkorn den halben Audi-Vorstand ausgetauscht. Stadler durfte auf seinem Platz bleiben. Aber es war ein klares Signal: Audi muss liefern. Man werde "weiter intensiv gucken", sagte Stadler am Mittwoch beim "Forum Manager" in Ingolstadt. Es sei "auch Kultur bei uns innerhalb des Volkswagen-Konzerns, dass wir mit diesen Entscheidungen sehr, sehr professionell umgehen". Sehr diplomatisch formuliert.

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